Kooperation von VW und FordWieso die Zusammenarbeit eine Chance für Köln sein könnte
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Ford und VW arbeiten künftig bei den Themen Elektromobilität und autonomem Fahren zusammen.
Die Die Kooperation wird eine der weitreichendsten in der gesamten Automobilgeschichte sein.
Eine Erklärung, was das für beide Konzerne bedeutet – und wieso gerade Köln profitieren könnte.
Köln – Ford und Volkswagen haben eine der weitreichendsten Kooperationen der Automobilgeschichte geschlossen. Die beiden Konzerne werden künftig bei den Zukunftsthemen Elektromobilität sowie autonomem Fahren zusammenarbeiten. Die beiden Bereiche gelten als Schlüsseltechnologien für die Zukunft der Branche, sind zugleich aber mit hohen Entwicklungskosten für die Konzerne verbunden.
Nachdem der Aufsichtsrat von VW am Donnerstag zugestimmt hatte, wurden die Pläne am Freitag in New York unweit der Börse in der Wall Street von den Konzernchefs Herbert Diess und Jim Hackett präsentiert. Was die Zusammenarbeit des weltweit größten (VW) mit dem viertgrößten Autohersteller beinhaltet und was das für den Standort Köln bedeutet – ein Überblick.
Was genau ist beim Thema Elektromobilität geplant?
Ford wird in Europa den Modularen-Elektro-Baukasten (MEB) von VW nutzen und zahlt dafür eine Lizenzgebühr. Bislang hatte der US-Autobauer in Europa kein eigenes System. Ford verfügt zwar in den USA über eigene Entwicklungen. Allerdings sind diese nur für größere Fahrzeuge wie Pick-ups geeignet. Rund sieben Milliarden Euro hat VW seit 2016 in seine Plattform investiert, mit dem Ziel, das System auch anderen Anbietern zugänglich zu machen und so die Entwicklungskosten zu senken. Ford ist nun der erste Abnehmer, weitere könnten folgen.
Eine Plattform ist eine technische Basis, auf der verschiedene Modelle gebaut werden können. Sie ist sozusagen der nicht sichtbare Unterbau eines Fahrzeugs. Dazu kann etwa die Bodenplatte ebenso gehören wie Fahrwerk, Motor oder Auspuffanlage. Die Komponenten werden aus einem Baukastensystem montiert, so dass einzelne technische Entwicklungen in mehreren Modellen auch von verschiedenen Anbietern verwendet werden können.
Welche Pläne hat Ford in Europa?
Der Autobauer will die Plattform nutzen, um mindestens ein rein batteriegetriebenes Auto zu bauen, das ab 2023 in Europa angeboten werden soll. Ford rechnet mit mehr als 600 000 verkauften Autos innerhalb von sechs Jahren.
16 Millionen Autos
Gemeinsam bringen es Ford und VW auf rund 16 Millionen verkaufte Autos im Jahr und 360 Milliarden Euro Umsatz. VW beschäftigt weltweit 650 000 Menschen, bei Ford sind es rund 200 000. In Europa fährt das Unternehmen einen harten Sparkurs und will 12 000 der 50 000 Stellen streichen.
Darüber hinaus prüft Ford, ein zweites Modell anzubieten. Der Konzern braucht emissionsfreie Fahrzeuge in seiner Flotte, um die hohen CO2 -Ziele der EU zu erreichen. Andernfalls drohen Ford ab dem übernächsten Jahr hohe Bußgelder.
VW selbst wird den Baukasten in den nächsten zehn Jahren für 15 Millionen Autos nutzen.
Welche Komponenten kommen künftig von VW und wie viel ford-eigenes Know-How wird noch gebraucht?
Das lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen, weil die genauen Pläne der Plattform für Ford noch erarbeitet werden. Aus Unternehmenskreisen heißt es aber, der MEB biete viel Flexibilität. Zwar kämen Motor, Batterie und Antrieb von VW. Rund 70 Prozent des Fahrzeugs basierten aber nach wie vor Ford-Know-How.
In welchen Werken in Europa sollen die E-Autos künftig gebaut werden?
Dazu wollte Ford-Chef Jim Hackett in einer Telefonkonferenz am Freitag keine Angaben machen. Ford hat auf dem Kontinent vier Werke, neben Köln und Saarlouis noch im spanischen Valencia sowie im rumänischen Craiova.
Welche Chancen hat Köln?
Eine erste erfreuliche Nachricht gab es am Freitag bereits. Die Entwicklungskompetenz des ersten E-Autos auf der VW-Plattform wird in Köln-Merkenich liegen. Entscheidend wird aber sein, wo das Fahrzeug gebaut wird. Nach Einschätzung von Branchenbeobachtern hat Köln hier gute Chancen.
Zwar biete Craiova günstigere Löhne. Mit Blick auf die Gesamtkosten sei der Standort aber weniger attraktiv, weil dort hohe Aufwendungen für die Logistik nötig seien. Köln sei besser angebunden, zentraler gelegen und das Werk hoch effizient. Auch die Nähe zum Entwicklungszentrum in Merkenich sei ein Standortvorteil.
Was planen Ford und VW beim autonomen Fahren?
Hier hat Ford gegenüber VW bislang einen Vorsprung. VW wird nun umgerechnet 2,3 Milliarden Euro in die Ford-Technologieplattform Argo AI investieren. Argo AI ist auf Softwareplattformen für autonomes Fahren spezialisiert. Zudem bringt VW seine eigene Sparte AID für autonomes Fahren ein, die 200 Mitarbeiter hat und mit 1,6 Milliarden bewertet wird. Der bisherige AID-Sitz in München soll künftig als Europa-Zentrale von Argo AI dienen.
Die klassischen Autobauer stehen bei Roboterautos großer Konkurrenz gegenüber. Denn dort mischen auch US-Technologieunternehmen wie die Google-Schwester Waymo oder Uber mit. Die beiden Tech-Firmen wollen keine Autos bauen, sondern Betriebssysteme für selbstfahrende Autos liefern – laut Branchenexperten ein entscheidender Teil künftiger Mobilität.
Wo arbeiten die Konzerne bislang zusammen?
Bereits Anfang des Jahres war eine Kooperation bei Nutzfahrzeugen und Pick-Ups vereinbart worden. Im Rahmen dessen wird Ford für beide Unternehmen mittelgroße Pick-ups für Europa, Afrika, den Mittleren Osten, den asiatisch-pazifischen Raum und Südamerika entwickeln und produzieren. Darüber hinaus plant Ford ab 2022 für Europa die Entwicklung und Produktion von größeren Transportern für beide Unternehmen, während VW dann für beide Partner einen City Van auf den europäischen Markt sowie ausgewählte Märkte weltweit bringen wird.