GAG-Chefin im Interview„Chorweiler wird sich positiv entwickeln“
- Die GAG-Vorständin und Köln-AG-Vorsitzende Kathrin Möller erklärt im Interview, wann die Bebauung von Grünflächen sinnvoll ist und wieso ausgerechnet der Bezirk Chorweiler in den kommenden Jahren eine positive Entwicklung durchlaufen wird.
Köln – Frau Möller, die Situation auf dem Immobilienmarkt in Köln und der Region ist seit Jahren angespannt: die Preise sind hoch, ausgegebene Bauziele schier unerreichbar. Was braucht es aus Ihrer Sicht, um den Markt zu entspannen? Es gibt definitiv zu wenige Wohnungen in der Region – egal, welches Wachstumsszenario wir der Rechnung zugrunde legen. Was wir in der derzeitigen Situation benötigen, ist ein abgestimmtes Entwicklungskonzept für Köln und die Region. Die Märkte sind eng miteinander verbunden, sie müssen zusammen gedacht werden.
Die Region braucht dabei vor allem eine verbesserte Infrastruktur, um an Attraktivität zu gewinnen. In Köln benötigen wir dagegen vor allem Flächen, die wir entwickeln und Wohnquartiere schaffen können. Das ist für uns das Wichtigste.
Die Versiegelung von Flächen für den Wohnungsbau ist für viele Menschen in der Region ein emotionales Thema. Unter allen Maßnahmen, die wir in unserem „Immobilien-Check“ abgefragt haben, war diese mit Abstand die unbeliebteste.
Das Thema erfordert eine feine Differenzierung. Grünräume ist nicht gleich Grünräume. Uns Wohnungsunternehmen liegt viel daran, dass es attraktive Grünräume für Naherholung, thermische Regulierung und zur Luftzirkulierung in den Städten gibt, dass die Durchlüftung gewährleistet ist – allein schon mit Blick auf die Erwärmung durch den Klimawandel.
Zur Person
Kathrin Möller, Jahrgang 1964, ist Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Kölner Wohnungsunternehmen (Köln AG) und seit 2009 im Vorstand der GAG Immobilien, dem größten Wohnungsunternehmen im Kölner Raum. Die Architektin und Stadtplanerin verantwortet bei der GAG die Ressorts Technik und Immobilienwirtschaft, worunter zum Beispiel Bauplanung und -betrieb, Instandhaltung und Vermietung fallen. Ihr Vertrag wurde vergangenes Jahr um weitere fünf Jahre verlängert. Bei der Köln AG handelt es sich um einen Zusammenschluss verschiedener Wohnungsunternehmen aus Köln und der Region, darunter die GAG und viele Genossenschaften. (elb)
Wir müssen aber sauber abwägen, was für uns schützenswerte Grünräume sind: Grüngürtel und Stadtwald sollten nicht angetastet werden, das ist klar. Aber es gibt genug Ackerflächen, die keinen so hohen ökologischen Wert haben und ggf. gut erschlossen sind. Wenn man sie so bebaut, dass auf einem Teil Wohnfläche entsteht, während der Rest ökologisch aufgewertet wird, ist das unproblematisch.
Dennoch kommt es immer wieder zu Bürgerprotesten.
Das sind häufig Fälle, in denen Anwohner bislang einen freien Blick aufs Feld haben und nicht möchten, dass er ihnen verbaut wird. Wenn das ein Ausschlusskriterium wäre, könnten wir nirgends bauen. Bei Widerständen aus der Bevölkerung ist es wichtig, miteinander ins Gespräch zu kommen, um zu verstehen, wo Probleme liegen. Das hat zum Beispiel am Langendahlweg in Ostheim, dem heutigen Waldbadviertel, sehr gut geklappt.
Deutlich mehr Einigkeit zwischen Wohnungsunternehmen und Bevölkerung dürfte beim Thema Baugenehmigungen herrschen: Unsere Umfrageteilnehmer halten die Beschleunigung der Verfahren für zentral.
Aktuell braucht eine Genehmigung zwischen vier Monaten und einem Jahr – das muss dringend schneller gehen. Ich hoffe, dass die digitale Bauakte und die digitalen Baugenehmigungen, an deren Einführung die Verwaltung derzeit arbeitet, hier Abhilfe schaffen können. Auch die Prozesse zwischen den verschiedenen Behörden müssen beschleunigt werden. Wir sind im Austausch mit Baudezernent Markus Greitemann, und er ist auch um das Thema bemüht, aber vieles dauert einfach noch zu lange.
Könnte mehr sozialer Wohnungsbau den Immobilienmarkt preisseitig entlasten?
Es ist auf jeden Fall sinnvoll, mehr für geförderten Wohnungsbau zu tun. Derzeit haben wir das Problem, dass in den nächsten 10 Jahren viele geförderte Wohnungen aus der Bindung fallen und diese Ausläufe durch das Wohnungsbauprogamm nicht zu kompensieren sind... Diese Entwicklung müssen wir stoppen. Einige unserer Unternehmen in der köln AG, inklusive der GAG, nutzen die „Bestandsinvest-Mittel“ des Landes NRW für die Modernisierung und schaffen so wieder geförderten Wohnraum.
Darüber hinaus könnten wir natürlich diskutieren, ob die 30 Prozent Sozialwohnungen, die im kooperativem Baulandmodell der Stadt Köln vorgeschrieben sind, ausreichen – oder ob man den Anteil in manchen Standorten nicht erhöhen sollte. Meiner Meinung nach wäre eine Mischung aus freifinanziertem und geförderte Wohnraum besonders sinnvoll, um eine soziale Durchmischung sicherzustellen.
Die steigenden Kauf- und Mietpreise werden von den Menschen in der Region als zunehmend bedrohlich empfunden. Wie lange wird dieser Aufwärtstrend noch anhalten?
Wir müssen alles dafür tun, preiswerten Wohnungsbau zu fördern und zu erhalten. Ich glaube aber, dass die hohe Preisdynamik bald abflachen wird. Aktuelle Zahlen zeigen bereits, dass zwar die Kaufpreise weiter deutlich steigen, die Mieten aber nicht mehr so stark mitziehen. Der Markt erkennt hier eine gewisse Sättigung. Gerade im hochpreisigen Miet-Segment wird bald das Ende der Fahnenstange erreicht sein. Zum einen, weil Interessenten überlegen, ob sie angesichts der hohen Preise nicht lieber Eigentum erwerben wollen – zum anderen, weil sich viele die Mieten schlicht nicht mehr leisten können.
Wer hat es aktuell am Wohnungsmarkt besonders schwer?
Durch den Mangel an gefördertem Wohnungsbau sind vor allem finanzschwache Haushalte mit Wohnberechtigungsschein unterversorgt. Diese Gruppe hat es am Wohnungsmarkt traditionell schwer. Zuletzt wird es allerdings auch zunehmend eng für mittlere Gehaltsklassen – zum Beispiel für Familien, die in eine größere Wohnung umziehen möchten. Die Wanderungsstatistiken zeigen, dass sie besonders häufig aus der Stadt wegziehen. Daraus können wir folgern, dass für sie kein adäquates Angebot verfügbar ist.
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Woran fehlt es?
Natürlich streben viele Familien noch immer nach dem Einfamilienhaus als Wohnideal. Das können wir in der Stadt nicht in ausreichender Menge vorhalten. Man muss aber schauen, ob sich Wohnformen finden, die – eben auch ohne große Gärten – eine familiengerechte Infrastruktur vorweisen können: entsprechende Schutzräume im Quartier, Spielflächen, einfach eine Infrastruktur, in der ihnen das Leben Spaß macht.
Tatsächlich waren Grünflächen und eine gute Infrastruktur vor Ort die Standort-Faktoren, die den Umfrageteilnehmern besonders wichtig waren – zusammen mit einer guten Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr.
Gute und regelmäßige ÖPNV-Verbindungen sind zentral für die Attraktivität eines Stadtviertels. Daher ist es wirklich wichtig, den Ausbau weiter voranzutreiben und gerade abgelegene Standorte besser anzubinden.
Welche Kölner Stadtteile werden in der Zukunft an Attraktivität gewinnen?
Stadtbezirke wie Lindenthal und Ehrenfeld sind ohnehin bereits sehr attraktiv. Viel Potenzial gibt es zum Beispiel in Mülheim und Kalk, wobei vor allem Kalk noch stark unterschätzt wird: Die Entwicklung hier ist beachtlich. Wir sehen außerdem viel Aktivität im Kölner Norden: Seien es die Pläne für den neuen Stadtteil Kreuzfeld oder die Aufwertung von Chorweiler.
Das scheint in der öffentlichen Meinung noch nicht angekommen zu sein: Chorweiler liegt bei der unserer Potenzialbewertung abgeschlagen auf dem letzten Platz.
Derzeit ist die Entwicklung noch nicht so sichtbar. Aber die Stadt Köln legt einen spürbaren Fokus auf Chorweiler, daher ist hier definitiv eine positive Entwicklung zu erwarten. Auch die Bemühungen in Porz und Poll sind erheblich. Grundsätzlich würde ich sagen, dass das Potenzial im Norden und Süden der Stadt derzeit am größten ist.
Wie steht es um die Attraktivität der Region – welche Kommunen würden Sie hier hervorheben?
Alle Kommunen im ersten Ring um Köln haben einen positiven Wanderungssaldo und gewinnen an Attraktivität.
Haben Sie in den vergangenen Jahren eine Veränderung der Ansprüche an eine Wohnung festgestellt? Das Thema Nachhaltigkeit ist in aller Munde, in unserer Umfrage spielte es aber eine eher untergeordnete Rolle.
Das deckt sich mit unseren Erfahrungen. Die gesetzlichen Anforderungen an Energieeffizienz sind immens, das wirkt sich auch nicht unwesentlich auf Baukosten und damit auf den Mietpreis aus. Wir erleben aber, dass das Faktoren sind, die nur wenige Menschen aktiv nachfragen. Ihnen sind günstige Mieten in der Regel wichtiger als der Energieverbrauch. Ich vermute aber, dass sich das mit der Einführung der CO2-Steuer langsam ändern könnte.