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Glasfaser in KölnNetcologne-Chef: „Die Telekom arbeitet mit Drückerkolonnen“

Lesezeit 4 Minuten
An einer Glasfaser-Baustelle in Köln stehen Fördermittel-Experte Michael Witte, Netcologne-Chef Timo von Lepel, Oberbürgermeisterin Henriette Reker und dem damaligen Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP).

Mai 2022: Glasfaser-Baustelle in Köln. Von links nach rechts: Fördermittel-Experte Michael Witte, Netcologne-Chef Timo von Lepel, Oberbürgermeisterin Henriette Reker und dem damaligen Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP).

Netcologne und Deutsche Telekom bauen Glasfaseranschlüsse für schnelles Internet in Köln. Netcologne-Chef Timo von Lepel schimpft auf die Konkurrenz.

Vor zwei Jahren hatten Netcologne und die Deutsche Telekom öffentlich eine Kooperation für Köln und die Region verabschiedet. Das Ziel: Wenn eines der Unternehmen Glasfaseranschlüsse in der Stadt verlegt, kann auch die Konkurrenz darauf zugreifen. „Open access“, also offener Zugang, heißt das in der Branche.

Der Endkunde entscheidet dabei, wer ihm Datenpakete über eine einmal verlegte Leitung schicken darf. Hat die Telekom die Leitung verlegt und der Kunde wünscht Netcologne als Internetdienstleister, würde die Telekom eine Mietgebühr erhalten – und umgekehrt.

Telekom verlegt Kabel, wo bereits Kabel von Netcologne liegen

Das Abkommen besteht zwar formal noch mindestens acht Jahre, doch es herrscht mittlerweile ein giftiger Ton zwischen Netcologne und Telekom. Im Interview mit „ekonomy mit K“, dem Wirtschafts-Podcast des „Kölner Stadt-Anzeiger“ greift Netcologne-Chef Timo von Lepel den Bonner Konzern scharf an.

Zum einen wirft von Lepel der Telekom vor, in einzelnen Stadtteilen Straßen aufzureißen und Glasfaser dort zu verlegen, wo schon Netcologne-Kabel liegen – das verstehe er einfach nicht. „Wir sind abgebügelt worden mit der Aussage: Die Telekom baut dort, wo sie will.“ Zum anderen kritisiert von Lepel die Methoden, mit denen Dienstleister im Auftrag der Telekom in der Stadt Verträge für schnelles Internet anböten.

„Die Telekom arbeitet mit Drückerkolonnen“, sagt von Lepel. Diese würden „unsere Kunden aktiv belügen“. Netcologne prüfe derzeit, juristisch gegen die Telekom vorzugehen, weil der Vertrieb der Konkurrenz an Haustüren falsche Tatsachen vorgaukele. Der wettbewerbsrechtliche Vorwurf sei, „falsche Tatsachen zu behaupten und damit Kunden zu Vertragsabschlüssen zu bringen“.

Ein Telekom-Sprecher sagt zu dem Vorwurf: „Wir nehmen solche Hinweise, auch direkt von unseren Wettbewerbern, sehr ernst, da ein solches Verhalten mit eventuellen Falschaussagen gegen vertragliche Regelungen mit unserem Dienstleister verstoßen.“

Timo von Lepel im Interview: Hören Sie hier das gesamte Gespräch

Der Konflikt entzündet sich in einem Markt, in dem die Nachfrage rasant steigt und der daher für beide Unternehmen sehr lukrativ ist. Glasfaser-Anbindungen sichern eine stabile Datenversorgung von bis zu einem Gigabit pro Sekunde. Mit dem wachsenden Datenhunger für Streamingdienste, Online-Gaming und Teams- und Zoom-Konferenzen aus dem Homeoffice steigt das Verlangen nach den bestmöglichen Verbindungen – bei privaten und bei Geschäftskunden. Ein Haushalt zahlt derzeit etwa 60 Euro pro Monat für eine solche Datenversorgung.

Timo von Lepel ist Geschäftsführer von Netcologne und auch der Stadtwerke Köln, dem Holding-Konzern für städtische Unternehmen. Er gestikuliert in die Kamera.

Timo von Lepel ist Geschäftsführer von Netcologne und auch der Stadtwerke Köln, dem Holding-Konzern für städtische Unternehmen.

Die EU hat als Ziel vorgegeben, dass alle Haushalte in der Union bis 2030 mit einem solchen Tempo an das Internet angeschlossen sind. Für Köln sei das Ziel realistisch, so von Lepel. Die Ein-Gigabit-Quote bis zu Gebäuden liegt in der Stadt laut dem offiziellen Breitbandatlas der Bundesregierung derzeit bei knapp über 50 Prozent – mehrere Wohnungen teilen sich dann die Glasfaser-Bandbreite.

Die Telekom baut derzeit nach eigenen Angaben in Köln-Weiden Glasfaseranschlüsse für 10.000 Haushalte, danach sollen Lövenich und Bayenthal folgen. Der Ausbau erfolge „unabhängig von der Kooperation mit dem Unternehmen Netcologne“. Die Anschlüsse erfolgten ausschließlich in der Kategorie FTTH – also nicht nur bis zum Gebäude, sondern bis in die Wohnung – und ein solches Netz gebe es „in dieser Form heute so nicht in der Stadt“.

Tatsächlich sind laut Breitbandatlas der Bundesnetzagentur nur 1,7 Prozent der Privathaushalte in Köln mit Ein-Gigabit-Verbindungen bis in die einzelne Wohnung versorgt („FTTH“ - fibre to the home). Sie verfügen dadurch über schnelles Internet unabhängig davon, wie stark die Nachbarschaft das Netz beansprucht. Gerade in Mehrfamilienhäusern müssen dazu die Glasfasern aus dem Keller auch bis in die Wohnungen gezogen werden.

In Bayenthal verfüge Netcologne über ein Glasfasernetz, die „Telekom könnte über uns versorgen“, sagt von Lepel. Der Plan des Konkurrenten bedeute „zusätzliche Baustellen“ für die Stadt und sei „nicht nachhaltig“, sagt Netcologne-Chef von Lepel. Die Telekom betont, dass ihre geplanten FTTH-Anschlüsse in Köln nach dem „Open access“ -Modell den Konkurrenten zur Verfügung gestellt würden. Von Lepel: „In ihren Pressemitteilungen sind sie immer lammfromm, aber sie leben nicht, was sie erzählen.“

In Köln können Haushalte auch über Kabelanschlüsse schnelles Internet beziehen – auch dort mit bis zu einem Gigabit pro Sekunde. Allerdings sind Kabelanschlüsse bei der Datenversorgung ein sogenanntes „shared medium“. Viele Kunden teilen sich die Bandbreite, sodass die Versorgungsqualität schwanken kann. Ein FTTH-Anschluss hat nicht diesen Nachteil.