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HalbjahresbilanzBayer verdient weniger - 3200 Stellen abgebaut

Lesezeit 4 Minuten
Das Bayer-Kreuz, das Logo des Unternehmens, leuchtet auf dem Werksgelände von Bayer in Leverkusen.

Der Leverkusener Bayer-Konzern hat sich eine Restrukturierung verordnet.

Der Leverkusener Bayer-Konzern befindet sich mitten in der Restrukturierung. Das erste Halbjahr lief zwar besser als erwartet, doch Grund zum Jubeln gibt es nicht.

Als Bill Anderson am Dienstagmorgen vor die Presse trat, um die Halbjahreszahlen von Bayer zu verkünden, wirkte der Vorstandsvorsitzende sehr amerikanisch: „Wir liefern, was wir versprochen haben.“ Oder: „Das Unternehmen wird performen wie gewohnt, während wir gleichzeitig die langfristigen Hürden überwinden, die uns zurückhalten.“ Oder: „Wir haben noch viel Arbeit vor uns, aber die Dynamik stimmt. Wir können mit gutem Gewissen sagen, dass Team Bayer der Aufgabe gewachsen ist.“ Hürden überwinden, als Team Erfolge feiern, abliefern - die Metaphern der Sportwelt passen nicht nur zum olympischen Sommer, sondern sollen vor allem Bayers Reise nachzeichnen. Die Reise von einem Konzern, der viele Hürden überwindet, immer wieder abliefert, Rückschläge einstecken muss, und am Ende siegreich über die Ziellinie läuft.

Bayer verdient weniger

Bis zur Ziellinie ist es noch ein gutes Stück, denn der Konzern steht aufgrund von Glyphosat-Klagen in den USA, ausgelaufener Patente von Medikamenten und anderer Entwicklungen unter Druck. Doch die erste Etappe scheint geschafft, immerhin sieht sich der Pharmariese auf Kurs zu seinen Jahreszielen. Der Konzernumsatz stieg in den drei Monaten bis Ende Juni im Jahresvergleich um knapp ein Prozent auf 11,14 Milliarden Euro, wie Bayer mitteilte. Ohne Wechselkurseffekte ergibt sich ein Plus von gut drei Prozent. Aufs Halbjahr gerechnet sank der Umsatz um 2,1 Prozent auf 24,9 Milliarden Euro, ohne Wechselkurseffekte ergibt sich ein Plus von einem Prozent.

Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen fiel im zweiten Quartal um 16,5 Prozent auf 2,1 Milliarden Euro. In der ersten Jahreshälfte waren es insgesamt 6,8 Prozent weniger (6,5 Milliarden Euro). Unter dem Strich steht im zweiten Quartal ein Minus von 34 Millionen Euro - nach einem Verlust von knapp 1,9 Milliarden vor einem Jahr. Damals war auch wegen eines trägen Glyphosat-Geschäfts eine Firmenwertabschreibung in Milliardenhöhe notwendig geworden. Das war im abgelaufenen Quartal nicht der Fall, dafür wendete Bayer mehr für die Restrukturierung auf als vor einem Jahr.

Ausgelaufenes Patent drückt Pharmaumsätze

Im zweiten Quartal bekam der Dax-Konzern abermals ein teils schwieriges Agrargeschäft zu spüren: Der Umsatz stieg, aber der operative Gewinn sank wegen eines ungünstigeres Absatzmix. Bei rezeptfreien Gesundheitsprodukten verzeichnete Bayer im ersten Halbjahr ein leichtes Umsatzplus von zwei Prozent, hier laufen vor allem Hautprodukte wie Salben gut.

In der Pharmasparte läuft es den Umständen entsprechend gut. Der Kassenschlager Xarelto, ein Blutgerinnungsmedikament, büßt zwar kräftig an Umsatz ein - hier ist das Patent abgelaufen und Nachahmermedikamente drängen auf den Markt. Die Hoffnungen ruhen nun auf Neueinführungen wie dem Krebsmittel Nubeqa und dem Nierenmedikament Kerendia. Erst am Montag hatte Bayer Daten aus einer klinischen Studie veröffentlicht, nach der Kerendia auch gegen Herzinsuffizienz helfen könnte.

Neue Struktur soll Bayer wieder auf Spur bringen

Anderson, der auf den glücklosen Werner Baumann als Bayer-Lenker gefolgt ist, will den Konzern mit einem tiefgreifenden Strukturumbau auf Kurs bringen. Er findet, dass das Unternehmen bei seinem Amtsantritt zu hierarchisch strukturiert war und die Arbeitsabläufe teilweise ineffizient waren. Zwischen ihm als CEO und dem Kunden gebe es bis zu zwölf Ebenen, monierte er damals und präsentierte dann eine neue Arbeitsstruktur, bei der Mitarbeiter unternehmerischer denken und eigenverantwortlicher handeln sollen. Sie sollen ihren Vorgesetzten weniger Rede und Antwort stehen müssen und stattdessen selbst entscheiden, um Arbeitsabläufe im Konzern zu beschleunigen.

Dadurch sind weniger Manager als Vorgesetzte nötig - besonders solche Stellen werden abgebaut, im ersten Halbjahr waren das rund 2500 von den insgesamt 3200 Jobs, die dem Rotstift zum Opfer fielen. „Wir haben 3200 weniger Stellen im Konzern als Anfang des Jahres“, sagte Anderson in Leverkusen. „Und wir haben 900 Teams zusammengestellt, die an unseren wichtigsten Aufgaben arbeiten.“ Die Stellenzahl von Bayer sank zur Jahresmitte auf weltweit 96.600, zwischen einem Viertel und einem Fünftel davon sind im Inland. Den Deutschland-Anteil am bereits getätigten Stellenabbau kommuniziert das Unternehmen nicht.

Wie viele Stellen noch abgebaut werden, ist offen

Neben der Verbesserung der Arbeitsabläufe geht es bei der neuen Firmenstruktur auch um Kostensenkungen des hoch verschuldeten Konzerns. Im Jahr 2026 sollen die Kosten vor allem wegen der Personalreduzierung um zwei Milliarden Euro gesenkt sein, in diesem Jahr sollen es bereits 500 Millionen sein. „Bei beiden Zielen sind wir auf Kurs“, sagt Anderson und fügt hinzu, der Umbau komme schneller voran als er gedacht habe. Wie viele weitere Stellen noch abgebaut werden, ist noch offen, ein Zahlenziel gibt es hierzu nicht. Firmenchef Anderson macht aber deutlich, dass der Umbau zügig voranschreiten werde.

Für das Gesamtjahr peilt Anderson weiter einen um Sondereffekte bereinigten Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von 10,2 bis 10,8 Milliarden Euro an. Auf Basis konstanter Wechselkurs stehen 10,7 bis 11,3 Milliarden Euro operatives Ergebnis im Plan. (mit dpa)