Die Gaming-Industrie sieht sich selbst als Innovationstreiber. Welche Schnittmengen gibt es tatsächlich zwischen der Unterhaltungsbranche und anderen Wirtschaftszweigen?
Innovationstreiber VideospieleWarum sich Handwerk und Industrie zunehmend für Gaming-Technik interessieren
Gamification heißt das Konzept, auf das der TÜV Rheinland bei seiner Schweißerausbildung setzt. Die Teilnehmer tragen einen Schweißerhelm, der mit einem Augmented-Reality-System modifiziert ist - einer Brille, die in die Umgebung des Benutzers zusätzliche Informationen projeziert. Die Brille macht aus einem Werkstück aus Kunststoff ein Werkstück aus Stahl. Dann zeigt sie dem Benutzer die ideale Schweißnaht und bewertet anschließend, wie gut die Naht gesetzt wurde. Das soll Teilnehmer motivieren und den Wettbewerb um die beste Leistung untereinander befördern – wie in einem Videospiel.
Gaming-Technik verbreitet sich in Handwerk und Ausbildung
Für den TÜV Rheinland ist das vielversprechend. Virtual- und Augmented-Reality-Brillen sind bereits fester Bestandteil von Schweißerausbildungen und Sicherheitsunterweisungen. So können die Teilnehmer Brände, Unfälle, oder andere Gefahrensituationen üben, ohne sich tatsächlich in Gefahr zu begeben. „Im Grunde erfüllt sich dadurch ein Ausbilder-Traum, da sowohl Kommunikation, Anleitung, selbstständige Übung wie auch Prüfungen für jeden erdenklichen Kontext komplett virtuell möglich gemacht werden können“, erklärt Christoph Zelke, Experte für Digitale Lösungen bei der TÜV Rheinland Akademie.
Der TÜV nutzt dabei VR-Brillen des chinesischen Herstellers Pico. Ursprünglich wurde das System für Gaming und Unterhaltung entwickelt. Das Unternehmen sieht für die professionelle Anwendung langfristige Perspektiven: „Die VR-Technologie steht bei vielen Einsatzbereichen nach wie vor am Anfang. Wir sprechen deshalb oft davon, dass wir im Bereich der VR-Technologie im Vergleich mit der Entwicklung des PCs uns gerade erst in den ‘80er-Jahren befinden“, erläutert Christoph Zelke.
Alles zum Thema RWE
- 414 Bewerber Kunstverein Frechen zieht ein positives Fazit zu Internationalen Grafik-Triennale
- Ex-Umweltministerin Bärbel Höhn im Interview „Ich bin kein Fan von Schwarz-Grün“
- Waldvernetzung in Kerpen Entscheidung der Bezirksregierung in der Kritik
- Viktoria Köln Viel Lob und etwas Tadel von Trainer Olaf Janßen
- Viktoria Köln Gute Laune trotz später Nackenschläge
- RWE-Kapitän Michael Schultz über Ex-Klub „Viktoria Köln wurde deutlich unterschätzt“
- LVR-Projekt Filmpremiere über das Aus der Brikettfabrik Wachtberg im Linden-Theater Frechen
Auch das Kölner Unternehmen Guett-Dern, das sich auf Sicherheitssysteme wie Alarmanlagen spezialisiert hat, nutzt VR-Brillen, um Techniker vor Ort aus der Zentrale in Köln zu unterstützen. Das sei kostengünstiger, da so Fahrtzeiten von Spezialisten wegfallen würden, die stattdessen von einem Standort aus beraten könnten, erklärt das Unternehmen.
„Virtual- und Augmented-Reality haben längst Einzug ins Handwerk gehalten“, sagt Roberto Lepore, Abteilungsleiter in der Karrierewerkstatt der Handwerkskammer zu Köln. Sie finden Anwendung in Lehrstätten, Weiterbildungen oder in der Kundenberatung wie der Planung von Bädern, Küchen, Treppen. „Durch beide Technologien eröffnen sich völlig neue Dimensionen“, so Lepore.
Videospiele machten Virtual Reality populär
Dazu beigetragen hat eine Industrie, die dem Handwerk auf den ersten Blick fern ist: die Games-Branche. Linda Kruse, Hochschulprofessorin und Gründerin des Kölner Game-Studios the Good Evil sagt: „Früher hat man die Technik, die vom Militär vorangetrieben wurde, für Spiele benutzt. Heute benutzt das Militär Spieltechnologien, um mit Game Engines Simulationen umzusetzen.“ Es sei immer ein Geben und Nehmen gewesen. Die VR-Brille gab es zunächst im Labor, dann machte Oculus Rift, später Oculus Quest sie massentauglich und die Entertainment-Industrie sie dann populär. Seitdem seien Menschen eher bereit, sie auch im Beruf zu nutzen, sagt die Game-Designerin.
Die Branche sei gut darin, technologische Innovationen aufzugreifen, denn sowohl Entwickler als auch Spieler hätten hohe Anforderungen. „Wir arbeiten sehr nah am aktuellen technischen Stand, woran sich andere Industrien ein Beispiel nehmen können“, sagt Kruse.
Games und andere Branchen sind eng vernetzt
Sie arbeitete etwa an der Simulation „Marla“ für Mechaniker von Offshore-Windkraftanlagen, unter anderem von RWE spielbar auf der Oculus Quest, die Fehleranalysen simuliert, und an der virtuellen „HandleVR“, einer Ausbildungsunterstützung für Fahrzeuglackierer mit dem Anwendungspartner Mercedes-Benz.
Weitere von Gamern geförderte Technologie sind Cloud-Lösungen, der am stärksten wachsende Bereich der deutschen Games-Branche. Spieler wollen seltener einen eigenen teuren Computer oder eine Konsole anschaffen. Cloud-Gaming ermöglicht das Streamen von Spielen über externe Rechenzentren auf ein einfaches Endgerät – und Unternehmen die Nutzung von VR-Geräten ohne stationären Rechner mit ausreichend Rechenkraft.
Wie eng die Gaming-Branche mit anderen Digitalunternehmen verzahnt ist, zeigt auch die Übernahme von Global Illumination durch den ChatGPT-Entwickler OpenAI. Global Illumination entwickelte zuletzt Produkte für Google, Pixar oder das „League of Legends“-Entwicklerstudio Riot Games. Auch die Minecraft-Alternative, an der Global Illumination derzeit arbeitet, übernimmt das KI-Unternehmen damit.
Zum Einfluss der Branche auf andere Wirtschaftszweige veranstaltet die Gamescom am Donnerstag auf dem Kongress eine Debatte. Über die „Spillover-Effekte“ sprechen um 11.30 Uhr Experten der Industrie und Politik, darunter auch Linda Kruse.