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Preiswerten Wohnungsbau versäumtKölner Mieterverein sieht mehr Kündigungen wegen Eigenbedarfs

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Schnee in Ehrenfeld
Schnee auf Bäumen und Ästen

Die in Köln besonders niedrige Leerstandsquote führt auch zu mehr Eigenbedarfskündigungen. (Symbolbild)

Der Mieterverein spricht von einer „katastrophalen Lage“ des Wohnungsmarkts und erinnert die Stadtpolitiker an ihren Eid an die Kölner.

Der Kölner Mieterverein hat der Stadtpolitik und Bauwirtschaft Versäumnisse in den vergangenen zehn Jahren auf dem Wohnungsmarkt vorgeworfen. Zu wenige Neubauten, zu lange Wartezeiten bei Baugenehmigungen und zu wenige Innovationen im Bau hätten maßgeblich zur „katastrophalen Lage“ auf dem heutigen Kölner Wohnungsmarkt, argumentierte der Verein.

Kölner Mieterverein: Lage auf Wohnungsmarkt massiv verschlechtert

Auf einer Pressekonferenz am Donnerstag sagte Vorstandsvorsitzender Franz-Xaver Corneth: „Mindestens seit zehn Jahren erkennen wir, dass Wohnungspolitik offensichtlich bei der Stadt und bei der Verwaltung keine Rolle spielt.“ Resultat sei eine Leerstandsquote von unter 0,1 Prozent. Damit ein Wohnungsmarkt funktioniert, bedarf es jedoch einer Quote zwischen zwei und drei Prozent. Nach Angaben des Empirica-Instituts liegt die bundesweite Quote bei 2,5 Prozent.

„Wir haben viel Zeit verloren“, stellte Corneth fest. Selbstverständlich hätten sich die Bedingungen in den vergangenen Jahren geändert: Höhere Baukosten, Zinsen, Rohstoff- und Energiepreise und die Stadtverwaltung leidet wie Bauunternehmen unter dem Fachkräftemangel. Doch die nicht erreichten Ziele der vergangenen Jahre im Wohnungsbau würden sich nun bemerkbar machen: „In der Zeit, in der wir hätten preiswert bauen können, haben wir nicht gebaut. Jetzt müssen wir teuer bauen.“

Mieterverein: Immer mehr Eigenbedarfskündigungen in Köln

Für den Mieterverein gibt das eigene Geschäftsjahr Hinweise auf die Lage des Wohnungsmarkts, die sich massiv verschlechtert habe. 2023 traten mehr als 6605 Haushalte dem Mieterverein bei – so viele, wie seit 20 Jahren nicht mehr. Damit schloss der Mieterverein das Jahr 2023 einer Rekordzahl von 70.017 Mitgliedshaushalten ab.

Mehr als 70.000 Anfragen gingen im vergangenen Jahr im Verein ein. 28.465 persönliche Beratungen fanden statt. Ein Großteil davon handelte von Nebenkostenabrechnungen und Wohnungsmängel. Etwa 750 Haushalte suchten beim Verein Hilfe, weil der Vermieter ihnen wegen Eigenbedarf das Mietverhältnis gekündigt hatte.

Laut Zahlen der Stadt Köln wurden 2015 bis 2022 im Durchschnitt 2.680 jedes Jahr gebaut. 2023 stellte die Stadt in den ersten drei Quartalen 2544 Baugenehmigungen aus, was jedoch noch nichts über die Anzahl gebauter Wohnungen aussagt. Beides ist weit von dem Ziel der 6000 Wohnung pro Jahr entfernt, dass sich die Stadt einst gegeben hat.

Köln: Mieterverein fordert mehr Bauflächen und Hochhäuser

Nach Berechnungen der Stadt wird Köln im Jahr 2040 74.000 mehr Einwohner haben. Das entspricht etwa der vereinten Einwohnerzahl von Ehrenfeld, Neu-Ehrenfeld und Ossendorf. Das Statistische Landesamt NRW geht sogar von bis zu 190.000 mehr Menschen aus. Doch wenn Köln wachsen soll, so argumentierte der Mietverein, dann müsse mehr gebaut werden, und zwar entweder in die Weite oder in die Höhe.

Geschäftsführer Hans Jörg Depel findet, dass Tiny Houses, Nachverdichtungen und Wohnungen über Parkplätzen Tropfen auf dem heißen Stein seien: „Es muss Fläche ausgewiesen werden zum Bauen. Nur dann gelingt uns der große Wurf.“ Auch der Kölner Haus- und Grundbesitzerverein hatte zuletzt mehr Bauflächen für Wohnungen und Industrie gefordert.

Zudem findet er die Skepsis gegenüber Hochhäusern veraltet: „Im Kölner Uni-Center leben etwa 2000 Menschen auf 60.000 Quadratmetern Nutzfläche.“ Gleichzeitig wohnen im Porzer Stadtteil Libur rund 1100 Menschen auf 6,35 Quadratkilometern, also eine Fläche, in die 105 Uni-Center passen würden.

Alternative Baustoffe könnten Baukosten senken

Corneth bemängelte auch die lange Wartezeit von Baugenehmigungen. Das Bauamt könne die derzeitige Wartezeit von zwei Jahren auf acht Monate verkürzen, wenn es nicht jedes Amt zur Genehmigung befragen würde, sagte der Vereinsvorstand. Um Baukosten zu senken, müssten Unternehmen alternative Bau- und Dämmstoffe in Betracht ziehen, wie es in anderen Ländern getan wird, sagte Corneth: „Es fehlt die Innovation der Bauwirtschaft.“

Corneth resümierte: „Die Ratsmitglieder der Stadt Köln sollten über den Eid nachdenken, den sie ablegen, wenn sie ihr Amt beginnen. Das Wohl der Menschen in Köln ist stark gefährdet. Wohnen ist ein Menschenrecht. Hier bedarf es viel mehr Initiativen.“