Corona, Krieg, EnergieWie ein Kölner Hotelier durch die Krise kommt
Köln – Im Hotel am Augustinerplatz ist es still an diesem Morgen. An der Rezeption bleiben die Angestellten unter sich, der Frühstücksraum ist bereits wieder abgeräumt, bloß einige drapierte Limonaden stehen noch am Buffet. Hotelier Leon Heymann führt durch die Räume: die schwach beleuchtete Bar, den Tagungsraum, die Zimmer, den winzigen Innenhof, in dem Gäste gern Fotos machen. Alles frisch renoviert, aber derzeit leer.
Insgesamt 53 Zimmer hat Heymanns Hotel. Im März waren 39 Prozent von ihnen belegt, das ist wenig, aber noch immer mehr als die durchschnittlichen 19 Prozent der Wintermonate. „Ich hatte erwartet, dass sich die Situation im April deutlich verbessert, aber im Moment sehen wir nur einen minimalen Effekt“, sagt Heymann. „Der Ukraine-Krieg hat viele internationale Reisende zusätzlich abgeschreckt.“
Nur noch wenige Tagungen
Heymanns Hotel ist ein Business-Hotel. Vor Corona waren 85 Prozent der Gäste Geschäftsreisende, an den Wochenenden kamen dann die Freizeittouristen, zusätzlich gab es Tagungen. Die zwei bis vier Veranstaltungen pro Woche sind aktuell auf zwei bis vier im Quartal zusammengeschrumpft.
Mittlerweile ringt das Gastgewerbe bereits im dritten Jahr mit den Folgen der Pandemie. Ohne Corona-Hilfen gäbe es die meisten wohl nicht mehr, dennoch sehen sich auch noch heute einer Umfrage des Branchenverbands Dehoga zufolge 38,6 Prozent der Gastronomen und Hoteliers in ihrer Existenz bedroht. 22,3 Prozent erwägen gar die konkrete Aufgabe ihres Betriebs. Die Umstände sind zuletzt kaum einfacher geworden: Während die Corona-Maßnahmen fallen, rollt eine Vielzahl neuer Probleme heran. Mit besonders viel Sorge sehen die Betriebe derzeit die massiv gestiegenen Energiekosten (87,4 Prozent). Sie beklagen Mehrkosten von 42 Prozent beim Strom und sogar 61 Prozent beim Gas. Auch gestiegene Lebensmittelpreise (86,7 Prozent der Betriebe) und Personalkosten (72,2 Prozent) machen ihnen zu schaffen. Die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie belasten 68,2 Prozent stark, der Mangel an Personal 57,9 Prozent.
Energie hat sich extrem verteuert
Heymann, der neben dem Hotel auch das benachbarte Café „Sono“ betreibt, kennt diese Probleme: „Ich hatte bei meinem Stromanbieter einen bindenden Vertrag für drei Jahre abgeschlossen. Er wurde mir Ende des Jahres fristlos mit dem Insolvenzantrag des Unternehmens gekündigt.“ Anschließend sei er in die Ersatzversorgung der Stadtwerke gefallen, „da waren die Kosten fünfmal so hoch“. Erst nach einem Monat Suche habe er wieder einen bezahlbaren Partner gefunden. Und das Personal? Vor der Pandemie arbeiteten 27 Angestellte im Hotel, heute sind es inklusive Azubis noch 16. Heymann bräuchte dringend noch ein bis zwei Fachkräfte, aber der Bewerbermarkt ist leergefegt. Viele haben der Branche in der Pandemie den Rücken gekehrt.
Der Hotelier wünscht sich derzeit vor allem, dass das Geschäft schnell wieder anzieht. „Das Wichtigste ist, dass die großen Veranstaltungen zurückkommen und mit ihnen Gäste aus dem In- und Ausland.“ Die Branche braucht sie: die Messen, Veranstaltungen wie die Kölner Lichter, den Karneval. Wovor Heymann sich am meisten fürchtet, ist ein weiterer Boomerang: „Wir haben in den vergangenen Jahren sicher sechsmal gelockert und wieder angezogen. Das hat nicht nur die Gäste verunsichert, sondern auch die Unternehmer und die Beschäftigten.“
Für ihn kommt es nun darauf an, in den Dialog mit Politik und Wirtschaft zu kommen. „Wir sind Unternehmer und gewohnt, unabhängig von staatlicher Hilfe zu arbeiten. Aber in der jetzigen Phase müssen wir gemeinsam nach Lösungen suchen.“ Er kritisiert, dass gerade größere Betriebe noch immer auf die Auszahlung von Coronahilfen warten.
Diskussion mit der Politik
Heymann selbst ist zweiter Vorsitzender des Dehoga-Nordrhein, einen Tag nach dem Gespräch wird er nach Neuss fahren, um sich dort unter anderem anzuhören, was die Parteien vor der NRW-Landtagswahl im Mai zu den Problemen der Gastronomie zu sagen haben. „Recht positiv überrascht“ sei er gewesen, sagt er später. „Es wurde nicht so viel Wahlkampf betrieben wie gedacht.“ Trotzdem fehle es noch an klaren Lösungen: für die steigenden Preise, dafür, wie es weitergehen soll. Die Gastronomen wünschen sich zum Beispiel, dass der Mehrwertsteuersatz für Speisen dauerhaft auf sieben statt 19 Prozent gesenkt wird. „Da hätte ich mir klarere Statements gewünscht“, sagt Heymann.
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„Wir haben noch immer mit den Auswirkungen und Problemen der Pandemie zu kämpfen“, sagt auch Patrick Rothkopf, Regionalpräsident des Dehoga. „Die Corona-Hilfen laufen jetzt nach und nach aus. Danach stehen die Betriebe vor der Situation, dass die Kosten in Gänze zurückkommen, die Gäste aber noch nicht.“ Er wünscht sich Förderungen, mit denen sich die Betriebe fit für die Zukunft machen können: für Digitalisierung, für Nachhaltigkeitsprojekte. Der Druck sei enorm gestiegen.
Heymann hat die Pandemiezeit bereits für Modernisierungen genutzt; das Hotel renoviert, Aufenthaltsräume und Zimmer neu gestaltet. Umgebaut wurde dabei so, dass Gäste nun auch gänzlich digital einchecken können. Wo immer es die Verwaltung möglich macht, wird auf Papier verzichtet. „Jetzt müssen wir nur noch hoffen, dass die Gäste zurückkommen“, sagt Heymann.