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Kommentar zum 9-Euro-TicketSchluss mit dem reflexartigen Bahn-Bashing!

Lesezeit 3 Minuten
9 Euro Ticket Symbol dpa 070622

Das Pfingstwochenende wurde durch das 9-Euro-Ticket zum Belastungstest für die Bahn.

Köln – Es reicht. Dieses reflexartige Bahn-Bashing über volle Züge, über Verspätungen, über Radfahrer, die keinen Platz mehr in den Regionalzügen ergattern konnten, ist schlicht und ergreifend unfair. Jedem Bahnkunden im Regionalverkehr musste am ersten langen Wochenende nach der Einführung des 9-Euro-Tickets klar sein, dass es vor allem in den Ballungsgebieten und auf den touristischen Strecken unweigerlich zu Problemen kommen würde.

Aber nein. Erstmal motzen. Dabei ist der Aufschrei über die schlechte Infrastruktur, fehlende Züge und überlastetes Personal vollkommen überflüssig, weil das alles seit Jahren genauso bekannt wie der marode Zustand der Autobahnbrücken in Deutschland.

Bei der Bahn – da sind es immer die anderen

Nur dass dieses Ärgernis jeder Autofahrer klaglos hinnimmt, wenn er wieder mal in kilometerlangen Staus steht und weit und breit niemand in Sicht ist, den er dafür verantwortlich machen kann. Außer sich selbst. Wer Pfingstmontag mit dem Auto die Rückreise aus dem Kurzurlaub antritt, ist selbst schuld.

Nur bei der Bahn – da sind es immer die anderen. Dabei liefert das 9-Euro-Ticket genau das, was die Politik immer gefordert hat. Einen Fahrschein für den öffentlichen Nahverkehr in ganz Deutschland. Aufs Smartphone geladen und fertig. Gültig vom Zug über den Bus bis zu exotischen Verkehrsmitteln wie der Stadtfähre von Travemünde oder der Bäderbahn Molli in Mecklenburg-Vorpommern. Und siehe da. Die Menschen steigen in Scharen ein oder um, weil sie sich um Tarifgrenzen, Verkehrsverbünde, Wabensysteme und Automaten nicht mehr kümmern müssen.

Erster Schritt zu einer echten Verkehrswende

Ein im Vergleich zum derzeitigen Zustand des Bahnnetzes preisgünstiges Angebot schafft die entsprechende Nachfrage und ist der erste Schritt zu einer echten Verkehrswende.

Bund und Bahn investieren seit Jahren Milliarden in die Sanierung und den Ausbau des Streckennetzes, in neue Züge und die Digitalisierung. Bis das Netz aber den modernen Anforderungen entspricht, wird noch mindestens ein Jahrzehnt ins Land ziehen, weil nicht überall gleichzeitig gebaut werden kann.

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Das müsste auch jeder Autofahrer nachvollziehen können, der sich seit Jahren mit Tempo 40 durch die Lkw-Schleusen auf die Leverkusener Rheinbrücke quetschen muss.

Das 9-Euro-Ticket ist schon jetzt ein Erfolg

Das 9-Euro-Ticket ist schon jetzt ein Erfolg, weil es Menschen mit ungläubigem Staunen in die Züge zieht. Wie? Für neun Euro bis Münster oder Bremen? Das muss ich doch mal probieren. Der Spritpreis-Rabatt hingegen nicht. Er ist über Pfingsten verpufft und das Bundeskartellamt wird nichts dagegen tun können. Außer weiter beteuern, man werde den Markt genau beobachten.

Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) muss beim 9-Euro-Ticket schon jetzt über eine Anschlusslösung ab September nachdenken, damit aus Einsteigern echte Umsteiger werden. Ein erster Schritt könnte sein, allen Bahnkunden, die schon Dauerkarten besitzen, damit dauerhaft freie Fahrt in ganz Deutschland im Regionalverkehr zu ermöglichen.