Erwerbstätige in NRW waren im vergangenen Jahr so oft krank wie nie zuvor. Im Schnitt kamen sie 2023 auf 20,5 Tage, an denen sie krankheitsbedingt nicht arbeiten konnten.
Grippe, Rückenschmerzen & Co.Deutsche fehlen im Job so oft wie nie – NRW liegt sogar über dem Durchschnitt
Die Deutschen werden immer öfter krank – diese Schlussfolgerung könnte man mit Blick auf eine aktuelle Auswertung der Techniker Krankenkasse (TK) ziehen: Demnach haben Krankheitsausfälle im Job im vergangenen Jahr erneut einen Höchstwert erreicht. So war bundesweit jede bei der TK versicherte erwerbstätige Person im Jahr 2023 im Schnitt 19,4 Tage krankgeschrieben. Im Jahr 2022 waren es rund 19 Fehltage – der bisherige Höchstwert seit Beginn der TK-Auswertungen zum Krankenstand im Jahr 2000.
Neuer Höchststand bei krankheitsbedingten Fehltagen
Die Zahl der Fehltage lag damit erneut deutlich über dem Niveau vor der Corona-Pandemie. 2019 hatte die durchschnittliche krankheitsbedingte Fehlzeit noch 15,4 Tage betragen. Zu ähnlichen Ergebnissen kam zuletzt eine Studie der DAK-Gesundheit.
„Hauptgrund für die hohen Fehlzeiten sind wie im Vorjahr Krankschreibungen aufgrund von Erkältungskrankheiten wie grippale Infekte, Bronchitis oder Grippe. Sie machen mehr als ein Viertel der Fehltage aus“, erklärt Jens Baas, Vorstandsvorsitzender der TK. „Es gab zwar einen leichten Rückgang im Vergleich zu 2022. Aber die Erkältungskrankheiten haben Deutschland nach wie vor im Griff.“ Die durchschnittliche Fehlzeit aufgrund von Erkältungskrankheiten betrug 2023 rund 5,1 Tage. 2022 waren es 5,75 Tage, im Jahr 2019, also vor der Coronapandemie, jedoch nur 2,4.
Auf Platz zwei der häufigsten Gründe für eine Krankschreibung liegen psychische Erkrankungen mit durchschnittlich 3,6 Fehltagen, gefolgt von Muskelskelettererkrankungen wie zum Beispiel Rückenschmerzen mit 2,6 Fehltagen.
Krankheitsbedingte Fehltage in NRW erreichen neuen Höchstwert
Noch höher fallen die Fehlzeiten aus, wenn nur die Daten von Erwerbstätigen in Nordrhein-Westfalen ausgewertet werden: Hier lag die jährliche Fehlzeit im vergangenen Jahr im Schnitt bei 20,5 Tagen, nach 19,6 Tagen im Vorjahr – ebenfalls ein neuer Rekordwert. 2019, also vor der Corona-Pandemie, hatte der Wert noch bei 15,8 Tagen pro Jahr gelegen.
Hauptgrund für den massiven Anstieg war nach Angaben der TK „eine ausgeprägte Erkältungs- und Grippewelle. Grippale Infekte, Bronchitis, Husten, Schnupfen und Co. machten mit durchschnittlich 4,7 Fehltagen rund ein Viertel der Krankheitstage aus“. Wie im bundesweiten Durchschnitt folgten auch in NRW psychische Erkrankungen mit 3,9 Fehltagen und Muskelskelett-Erkrankungen wie Rückenschmerzen mit 3,0 Tagen.
Dass Erkältungskrankheiten zu den meisten Ausfällen führen, liegt laut TK-Sprecher Christian Elpas mutmaßlich auch an den Schutzmaßnahmen, die während der Corona-Pandemie getroffen wurden. „Wir sehen, dass Erkältungskrankheiten während der Corona-Hochphase wegen der Maskenpflicht deutlich abgenommen haben“, erklärt er. „Dadurch ist eine Grippesaison sozusagen ausgefallen.“
Mehr als 4,7 Fehltage wegen Erkältungskrankheiten
Dies wird auch an den Zahlen ersichtlich: Im Jahr 2021 gab es im Schnitt lediglich 1,6 Fehltage pro Jahr wegen Erkältungskrankheiten. Nach Beendigung der Corona-Schutzmaßnahmen kehrten grippale Erkrankungen dafür mit umso mehr Wucht zurück und sorgten in den beiden vergangenen Jahren im Schnitt für mehr als 4,7 Fehltage pro Jahr – also fast drei Mal so viel wie 2021: „Die Immunsysteme waren nach der Corona-Pandemie durch den Schutz der Maske nicht mehr auf Stand, die Abwehrkräfte entsprechend geschwächt“, sagt Elspas.
Derweil nimmt die Zahl der psychischen Erkrankungen seit Jahren immer weiter zu. NRW-weit sorgten sie im vergangenen Jahr für 3,9 Fehltage. Zum Vergleich: 2019 waren es noch 3,0 Tage. Auch bei Muskelskelett-Erkrankungen wie Rückenschmerzen zeigte sich NRW-weit zuletzt ein leichter Anstieg.
Über die Gründe lassen sich nur Vermutungen anstellen, erklärt TK-Sprecher Christian Elspas: „Wir leben in einer deutlich hektischeren Welt, das persönliche Gefährdungsempfinden ist angestiegen. All die Krisen wie der Ukrainekrieg, Klimawandel oder Terroranschläge und auch eine generelle Arbeitsverdichtung gehen nicht spurlos an den Menschen vorbei."
Und noch eine Vermutung äußert Elspas: „Auffällig ist, dass der Krankenstand in Zeiten, in denen es der Wirtschaft nicht gut ging, bislang deutlich niedriger war als in guten Jahren. Ich vermute: In wirtschaftlich unsicheren Zeiten, wo Menschen um ihre Jobs fürchten müssen, gehen sie eher mal krank zur Arbeit."
Methodik: Die Zahlen stammen aus den Vorabdaten des TK-Gesundheitsreports 2024. Grundlage hierfür bilden die bundesweit rund 5,7 Millionen bei der TK versicherten Erwerbstätigen (Berufstätige und ALG-I Empfängerinnen und Empfängern), davon rund 1,35 Millionen in NRW wohnhaft.