Die Stadt Köln hat es dem Projektentwickler Swiss Life AM nicht gerade leicht gemacht, das Neubauquartier Viva Agrippina zu bauen, sagt Anett Barsch. Warum sie trotzdem an Köln festhält und wer sich die teuren Wohnungen leisten können soll.
Kritik an der Stadt KölnViva-Agrippina-Entwicklerin: „Es gibt Städte, in denen Entscheidungen auch umgesetzt werden“
Frau Barsch, Swiss Life AM entwickelt im Kölner Agnesviertel ein exklusives Quartier mit Quadratmeterpreisen von mehr als 8000 Euro. Im Imagefilm sprechen Sie gezielt auch Menschen mit Kindern und ältere Leute an. Welche Familien und Senioren sollen sich denn diese Wohnungen leisten können?
Anett Barsch: Nun, ja, die Neubaupreise sind leider so, wie sie sind. Die Rohstoffe sind in den vergangenen Jahren deutlich teurer geworden, die Anforderungen an energieeffizientes Bauen schlagen ebenfalls zu Buche. Das geht allen in der Branche so. Hinzu kommt speziell im Quartier Viva Agrippina, dass wir ein Umfeld aus der Gründerzeit haben. Die Anwohner und die Stadt erwarten, dass sich ein Neubau ins Gesamtbild einfügt, und das heißt in diesem Fall eben eine hochwertige Architektur.
Und die ist so teuer?
Natürlich nicht die Architektur alleine. Das Objekt hier ist extrem aufwändig, alleine die zweigeschossige Tiefgarage. Auf dem Areal gibt es sogar noch drei denkmalgeschützte Bestandsgebäude aus der Gründerzeit und eine jahrzehntealte Platane, die wir in den Neubau integrieren mussten. Als wir das Areal gekauft haben, standen hier noch die alten Gebäude der Zurich-Versicherung. Die mussten wir erst einmal zurückbauen. Heißt: Die Preise sind nicht so, weil wir viel Gewinn machen möchten, sondern weil es eben so viel kostet.
Sie stecken rund 200 Millionen Euro allein in dieses Quartier und sind darauf angewiesen, dass jemand die Wohnungen kauft. Rentiert sich das für Sie überhaupt?
Wir denken schon, dass wir unsere Kosten decken werden. Wir müssen natürlich, wie alle im Markt, von unserer Marge Abstriche machen. Hinter diesem Projekt steht auch eine Finanzierung, die wir bedienen müssen und das auch tun. Wir haben hier schon viele Wohnungen verkauft, bevor die Krise im Immobilienmarkt begonnen hat, es gibt also eine Grundbasis, die uns eine Sicherheit gibt. Dennoch sind viele potenzielle Käufer verunsichert, weil dauernd irgendwo Bauträger Pleite gehen. Hier können wir nur beruhigen: Wir sind sicher durchfinanziert und werden das Projekt zu Ende führen, unsere Muttergesellschaft Swiss Life gibt noch einmal zusätzliche Sicherheit.
Anett Barsch ist Head Project Development bei Swiss Life Asset Managers, dem Vermögensverwalter des Schweizer Konzerns Swiss Life. Barsch ist in Deutschland zuständig für das Projektentwicklungsgeschäft. In Köln entwickelt das Unternehmen derzeit Wohnprojekte mit insgesamt mehr als 750 Wohnungen in der Neustadt-Nord, Marienburg und Ehrenfeld. Hinzu kommen Büroimmobilien.
Nachfrage könnte anziehen, wenn das Projekt fertig ist
Sie haben im vergangenen Jahr 80 Prozent weniger Umsatz gemacht im Vergleich zu den besten Jahren während der Niedrigzinsphase. Wie sieht es im laufenden Jahr aus?
Wir sind zum Glück durch den schlimmsten Talkessel durchmarschiert, es wird schon wieder besser. Die Zinsen werden sich langfristig auf dem aktuellen Niveau einpendeln, daran haben sich die Menschen jetzt gewöhnt. Wir haben in den ersten vier Monaten des Jahres so viele Wohnungen verkauft wie im gesamten letzten Jahr. Das liegt sicherlich auch daran, dass sich die Kunden schneller zum Kauf entscheiden, wenn ein Projekt fertig ist. Wir werden den ersten Bauabschnitt noch in diesem Jahr beenden, und wenn die Gerüste abgebaut und die Fassaden zu sehen sind, dann erwarten wir nochmal einen Nachfrageschub.
Anfang des Jahres haben Sie selbst die Nachfrage angekurbelt und Käufern drei Monate lang die Grunderwerbssteuer erlassen. Diese Aktion wiederholen Sie nun in den Sommerferien. Gehen die Wohnungen so schlecht weg?
Das haben wir gemacht, weil sich die politische Diskussion darum gedreht hat, ob man die Grunderwerbssteuer für Eigennutzer reduzieren sollte. Wir dachten, bevor da einer auf diesen Beschluss wartet, gehen wir voran und machen das jetzt einfach mal. Das können wir nicht für alle Wohnungen überall machen, deswegen war und ist der Aktionszeitraum begrenzt. Wir haben mit Absicht die Grunderwerbssteuer übernommen, weil dadurch nicht der Wert der Immobilie an sich reduziert wird, sondern nur die Nebenkosten. Das erforderliche Finanzierungsvolumen bleibt für den Käufer davon unberührt, wird nicht anteilig geschmälert, wie es bei einem Abschlag vom Kaufpreis gewesen wäre.
Wie lief die Aktion Anfang des Jahres?
Wir sind sehr zufrieden. Bei solchen Verkaufsaktionen geht es auch darum, Aufmerksamkeit zu erzeugen und sich vom Wettbewerb abzugrenzen. Auf dem Markt gibt es weniger Kunden, die im Augenblick überhaupt noch für Eigentumswohnungen ansprechbar sind, entsprechend stark umworben sind sie.
Die Käufergruppe wird kleiner, die Herausforderungen größer. Lohnt sich Ihr Job denn noch?
Auf jeden Fall. In jedem Geschäftsmodell gibt es Zyklen. In guten Phasen sorgt man für schlechte vor, das ist in jeder Branche so. Wir sind immer noch profitabel. Aber es ist schon eine harte Zeit, gerade wenn man viele Projekte hat. Wir müssen definitiv härter arbeiten als früher. Wir müssen genau abwägen, wie hoch das Risiko ist im Vergleich zur Chance. Im Moment ist das Risiko sehr hoch. Die Erkenntnis in Politik und Verwaltungen ist da, aber die Umsetzung lässt auf sich warten. Und solange da nichts passiert, werden Projektentwickler zögerlich sein. Solche Projekte wie Viva Agrippina, wo wir mit jedem Nachbarn diskutieren und auf jeden Wunsch eingehen, wird man sich künftig nicht mehr leisten können. Denn jeder Tag Verzögerung kostet Geld. Wenn die Zinsen bei null Prozent sind, kostet die Zeit faktisch nichts, aber jetzt ist es nicht so.
Was fordern Sie konkret von der Politik?
Wenn Entscheidungen getroffen sind, sollten sie auch so durchgezogen werden. Vereinbarungen sollten eingehalten und nicht immer wieder neu diskutiert werden. Bei diesem Projekt hier haben wir das Planungsrecht und trotzdem sind wir mehrfach mit der Nachbarschaft in Dialog getreten, haben immer wieder erklärt. Trotzdem wurden Baustopps verhängt, weil es zu laut und dreckig war. Aber das bleibt bei einer Baustelle nicht aus. Zumal die Eigentümer in der Nachbarschaft von dem Quartier profitieren, weil auch ihre Immobilie im Wert steigt, wenn das Quartier fertig ist. Wir haben zum Beispiel die Auflage bekommen, eine Schallschutzwand zu errichten. Das hat den Bau verzögert und verteuert – am Ende schlägt sich das dann in den Kaufpreisen der Wohnungen nieder.
Das klingt, als ob Sie mit der Stadt Köln nicht gerade zufrieden sind.
Lassen Sie es mich diplomatisch ausdrücken: Die Politik entscheidet, die Verwaltung führt aus. So funktioniert unsere Demokratie. Es gibt aber Städte, in denen ein härterer Kurs gefahren wird und Entscheidungen, die beschlossen wurden, umgesetzt werden. Und da ist es egal, ob sich hinterher ein Anwohner beschwert oder nicht. Wenn wir eine Stadt weiterentwickeln wollen, müssen wir damit leben, dass es Baustellen gibt. Die sind ja auch irgendwann wieder vorbei. Je länger man das aufhält, desto länger dauert das Bauvorhaben ja.
Wenn Ihnen in einem ohnehin schon schwierigen Umfeld Steine in den Weg gelegt werden, warum bleiben Sie denn in Köln? Sie bauen ja durchaus auch in anderen deutschen Metropolen.
Wir werden auf jeden Fall hier bauen, weil wir Köln für einen guten Standort halten. Und langsam wächst auch in der Politik und Verwaltung die Erkenntnis, dass sich was ändern muss. Bald wird gewählt, da wird das ein relevantes Thema sein.