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Live-MarktforschungKölner Supermarkt sucht Kunden für Produkt-Tests

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Der Go2Market in Wien

Köln – Wenn die Deutschen ihre Einkäufe erledigen, dann landen in der Regel die immer selben Produkte im Einkaufskorb: die gleiche Nudelmarke, die gleiche Milchsorte, der gleiche Honig. Die Wege sind klar, die Griffe ins Regal auch. In Köln eröffnet nun Anfang Juni ein Geschäft, dessen gesamtes Konzept darauf fußt, dass die Menschen etwas Unbekanntes kaufen: Go2Market heißt der sogenannte „Real-Life-Marktforschungs-Supermarkt“, in dem normale Kunden bald Produkte testen können, die noch gar nicht auf dem Markt sind – und die es vielleicht in dieser Form auch niemals dorthin schaffen.

„Neun von zehn neuen Produkten im Supermarkt scheitern in kürzester Zeit“, sagt Geschäftsführer Thomas Perdolt, der das Konzept vor drei Jahren in Wien ins Leben gerufen hat. „Die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich halten, ist wirklich gering.“ Das liege vor allem daran, dass die Hersteller meist zu wenig Wissen über die Konsumenten und Zielgruppen hätten; zu wenig Feedback aus der Praxis einbezögen. Im Marktforschungs-Supermarkt sollen Industrie und Handel zusammenkommen, herausfinden, was die Kunden wirklich möchten.

Monatliches Guthaben

In der Praxis funktioniert das so: Ausgewählte Kunden zahlen einen monatlichen Beitrag von 14,90 Euro und können im Gegenzug im Go2Market Produkte im Wert von 55 Euro einkaufen. Dabei wird ihr Kaufverhalten anonymisiert erfasst und analysiert: sowohl über eine App als auch über Kameras, die ihre Bewegung im Raum auswerten. Bezahlt wird über die App per „Scan and Go“.

Im Nachgang können die Kunden die Produkte dann noch bewerten und damit ihr Einkaufsguthaben weiter aufstocken. Die Kombination aus Labor- und Feldsituation soll dabei das Problem der sozial erwünschten Antworten umgehen: Vor allem Bio-Produkte werden in der Praxis häufig seltener gekauft als Konsumenten in Umfragen angeben.

Der Markt

Der Go2Market in Köln-Braunsfeld wird voraussichtlich Anfang Juni eröffnen. Wer an einer Mitgliedschaft interessiert ist, muss sich auf der Internetseite des Unternehmens registrieren. Sobald ausreichend Bewerbungen eingegangen sind, wählt das System den Kundenstamm vollautomatisch aus.

Das Geschäft, das 400 Quadratmeter groß ist, wird immer donnerstags bis samstags geöffnet sein. Kunden bezahlen mithilfe ihrer App, auf der ihr monatliches Guthaben abgespeichert wird.

Der Go2Market ist dabei wie ein normaler Supermarkt aufgebaut, bloß dass die Frischeware fehlt. Von Konzern-Ware bis hin zu Produkten kleiner Start-ups ist alles vertreten. Wer in Köln Kunde werden möchte, muss sich auf der Seite des Unternehmen registrieren. Ein Computersystem wählt dann einen Kundenstamm von insgesamt 3000 Erwachsenen, die den repräsentativen Bevölkerungsschnitt spiegeln. Zu Beginn gibt es ausschließlich Drei-Monats-Mitgliedschaften, später kommen als Option noch sechs Monate beziehungsweise ein Jahr hinzu. In Österreich stehen laut Geschäftsführer Perdolt 11.000 Menschen auf der Warteliste.

Bewusste Entscheidung für Köln

Der Kölner Standort ist nach dem Wiener Laden der zweite, er soll die Expansion ins Ausland einleiten. Adresse ist die Aachener Straße 519 in Braunsfeld. „Wir haben uns sehr bewusst für Köln entschieden“, sagt Jörg Taubitz, der das Deutschlandgeschäft leitet. „Wir haben hier eine Nähe zu Rewe, zur Messe mit der Anuga, zu vielen Industrieunternehmen.“

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Und die Industrieunternehmen sind schließlich die Auftraggeber: Sie können sich bei Go2Market zwischen verschiedenen Marktforschungspakete entscheiden, die ihnen dabei helfen sollen, Produkt und Zielgruppe besser einzuschätzen. Dabei können sie zum Beispiel auch verschiedene Verpackungen gegeneinander testen oder sich Marken der Konkurrenz dazulegen, um zu schauen, wer besser abschneidet. In Köln wird es zum Start 400 Produkte von mehr als 100 Herstellern geben. „Darunter auch kleinen Kölner Start-ups, der lokale Bezug ist uns wichtig“, sagt Taubitz. Sukzessive könnten es bis zu 1200 Produkte werden. Zum Vergleich: Discounter bieten in der Regel zwischen 1500 und 1800 an, Supermärkte mit Vollsortiment rund 40.000.

Zu kaufen gibt es die Go2Market-Produkte dann rund ein bis drei Monate. Spätestens dann wissen die Hersteller, wie ihre Ware bei der Kundschaft ankommt – und wenn es gut läuft, findet die Kundschaft sie in der Folge vielleicht im Supermarkt um die Ecke wieder.