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Mondlandung vor 50 JahrenDie Vermessung des Trabanten mit Quarz-Prismen aus Hanau

Lesezeit 4 Minuten

Gerhard Steiner kontrolliert die Qualität der Prismen.

  1. Bei der Mondlandung vor 50 Jahren war Quarzglas aus Hessen auf der Apollo 11 dabei.
  2. Mit ihrer Hilfe wurde der Abstand zur Ende gemessen.
  3. Der Ingenieur Gerhard Steiner, der damals alle so genannten Tripelprismen in den Händen hielt, erklärt, wie es dazu kam.

Köln – Wer noch immer nicht glaubt, dass Menschen vor 50 Jahren den Mond betraten, sollte mal nach Hanau reisen. Dort könnte er sich zum Beispiel mit Gerhard Steiner treffen. Der 1937 geborene Ingenieur war zur Zeit der Mondlandung beim Hanauer Technologieunternehmen Heraeus für die Qualitätskontrolle von Tripelprismen aus Quarzglas zuständig.

Hundert Stück davon — Würfel mit genau 41 Millimetern Kantenlänge, zu einer quadratischen Fläche von 46 Zentimeter Kantenlänge angeordnet — liefern den bis heute schlagendsten Beweis dafür, dass die Apollo-11-Mission tatsächlich im Meer der Stille gelandet ist. Gerhard Steiner hat jedes einzelne dieser Prismen in der Hand gehalten. „Das hat meine Söhne damals beeindruckt“, sagt Steiner.

Winziger Teil des Lichts wird reflektiert

Was Quarzglas aus Hessen auf dem Mond zu suchen hat? Zusammen bilden die Würfel ein Spiegelprisma, das einfallende Strahlung exakt in die Richtung reflektieren kann, aus der sie kam. Wozu? Weil man auf diese Weise den jeweiligen Abstand — die Mondbahn verläuft zwischen 356.000 und 406.000 Kilometer Entfernung von der Erde — zu unserem Trabanten ausmessen kann, auf 2,5 Zentimeter genau.

Das funktioniert im Groben so: Forscher peilen mit einem Teleskop den nur koffergroßen Retroreflektor auf dem Mond an und schicken in kurzen Pulsen — 20 pro Sekunde — einen Laserstrahl in seine Richtung. Die Tripelprismen reflektieren einen winzigen, aber ausreichenden Teil des gebündelten Lichts und schicken es wieder zur Erde zurück, wo es von einem hoch empfindlichen Detektor wieder empfangen wird. Aus den Laufzeiten der Laserpulse kann dann die genaue Entfernung Erde-Mond bestimmt werden.

Dass das funktioniert, und zwar bis heute, sei „der beste Beweis, dass die oben waren und das hochgebracht haben“, sagt Steiner. Tatsächlich war es Buzz Aldrin, der zweite Mann auf dem Mond, der das Experiment schon kurz nach dem Verlassen der Mondlandefähre am 20. Juli 1969 aufgestellt hat.

Am 1. August gelang dem kalifornischen Lick-Observatorium bereits die erste Entfernungsmessung. Damit das funktionieren konnte, musste das Quarzglas äußerst hitze-, kälte- und strahlenbeständig sein: Die Temperaturen auf dem Mond schwanken zwischen 110 und minus 170 Grad und es gibt keine Atmosphäre, die einfallende Strahlung von der Sonne und aus den Tiefen des Weltraums aufhalten kann.

Absolute Reinheit des Glases

Das Glas muss zudem von nahezu absoluter Reinheit sein, damit sich ein Laserstrahl darin dreidimensional ohne Ablenkungen bewegen kann. „Da kam eigentlich nur unser Suprasil in Frage“, erinnert sich Gerhard Steiner.

So heißt die hochreine synthetische Quarzglassorte, die Heraeus herstellt. Die Firma hatte bereits Anfang des 20. Jahrhunderts ein Verfahren entwickelt, bei dem Bergkristall bei 2000 Grad Hitze zu Quarzglas geschmolzen wurde.

Noch heute arbeitet Heraeus für die Nasa, hat unter anderem 2005 für den Satelliten Gravity Probe B, mit dessen Hilfe ein Aspekt aus Albert Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie bewiesen werden konnte, Sphären aus Quarzglas hergestellt, die als die rundesten Objekte der Welt galten.

Der Kontakt der Nasa zum Familienunternehmen kam damals über die US-Zweigfirma der Hanauer zustande. Zuerst ging es auch noch um die Fenster und den Hitzeschild der Kommandokapsel, für die fand die Weltraumbehörde dann jedoch andere Lösungen. Blieben die Prismen.

„Das Gefühl von damals vergisst man nie“

„Da sind uns Details auf den Tisch gelegt worden, wo wir gesagt haben, ja, das können wir“, erinnert sich Peter Hitzsche, Jahrgang 1938, damals verantwortlich für den Produktionsbereich Optik und Lampen. Der Nasa-Auftrag hätte zu noch mehr Engagement und Ehrgeiz bei den Mitarbeitern geführt. In Hanau träumte man den Traum vom Mond mit.

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Schließlich flog ein Heraeus-Mann mit einem Koffer nach New York, darin 125 aufs Exakteste gearbeitete Prismen. Der Nasa-Kontakt wartete am Rollfeld, nahm den Koffer und stieg direkt in eine Maschine nach Florida. „Auf diese Weise wurde der Zoll übergangen und man sparte fünf Tage“, erzählt Hitzsche.

„Und nachdem die Mondlandung gelaufen war, erzählten die Mitarbeiter ihren Frauen, woran sie gearbeitet hatten und die Frauen wiederum waren stolz, solche Männer zu haben.“ Noch wochenlang sei das Thema Nummer Eins gewesen. „Das Gefühl von damals“, sagt Hitzsche, „das vergisst man nie.“