- Timo von Lepel ist Geschäftsführer von Netcologne. Der Telekommunikationsdienstleister versorgt mehr als eine halbe Million Menschen in Köln und der Region mit Internet, Telefon und Fernsehen.
- Am 18. Mai startet Netcologne ein neues Netzwerk, das Köln zur „Smart City“ machen soll.
- Etliche Sensoren sollen dabei Auskunft über Luftqualität, Parkraumsituation oder Verkehrssituation geben. KVB und AWB sind mit Pilotprojekten beteiligt.
Herr von Lepel, mit Netcologne wollen Sie aus Köln eine „Smart City“ machen. Wie soll die Stadt davon profitieren?Timo von Lepel: Wir sind davon überzeugt, dass wir mit unseren digitalen Infrastrukturen andere Infrastrukturen verbessern können. Wir ermöglichen den KVB oder der Rhein-Energie, dass sie ihre Strom- und Nahverkehrsnetze besser steuern können. Dafür bauen wir ein IoT-Netzwerk für das Internet der Dinge, basierend auf dem weltweiten Standard LoRaWAN auf. Unser Ziel ist es, damit das Leben der Kölner besser und smarter zu machen: Messungen zur Luftverschmutzung werden dadurch beispielsweise möglich sein oder Messungen, wie der Verkehr fließt, wie die Parkraumsituation ist und wie die Stromnetze laufen. Mit dem IoT-Netz fügen wir einen weiteren Baustein in dieses große Spektrum der digitalen Infrastrukturen, die wir in Köln betreiben, hinzu.
Dafür rüsten Sie die Stadt mit neuer Technologie und neuen Sensoren aus?
Wir haben ganz Köln mit aktenkoffergroßen Gateways und kleinen Stabantennen versorgt und können damit ganz Köln ausleuchten. Über die Antennen kann man keinen Netflix-Film schauen, aber man bekommt zum Beispiel die Information, ob ein Parkplatz gerade frei oder belegt ist, oder ob ein Stromverteiler überhitzt. Die dafür eingesetzten Sensoren haben eine Lebensdauer von zehn Jahren, sie wachen zur Datenübermittlung nur kurz auf, geben ein Signal und schlafen dann wieder ein. Wir haben dieses Netzwerk nicht nur aufgebaut, sondern auch in unserem Rechenzentrum einen Server, auf dem die Daten gesammelt, aufbereitet und den Unternehmen zur Verfügung gestellt werden.
Smart City
Das Internet der Dinge (Internet of Things, kurz IoT) bezeichnet Gegenstände, die mit digitaler Technologie wie Sensoren oder Software ausgestattet sind. Über das Internet geben sie Informationen zu diesem Gegenstand weiter. Beispielsweise kann so in Echtzeit erfasst werden, ob ein Parkplatz gerade frei oder belegt ist.
LoRaWAN (Long Range Wide Area Network) ist eine Funktechnologie mit großer Reichweite, und geringem Stromverbrauch, die besonders sicher sein soll. Sensoren und Sender übermitteln Informationen über dieses Netzwerk an einen lokalen Empfänger, Gateway genannt. Der übermittelt die Informationen wiederum an einen Server, auf dem die Informationen der verschiedenen Gateways zusammenlaufen. Von dort aus können Unternehmen auf die gesammelten Daten zugreifen.
Handelt es sich um eine offene Schnittstelle? Wer kann die Daten einsehen?
Es ist nicht so, dass jeder die Daten einsehen kann, sondern nur die Unternehmen, die die Sensoren auch ausgerollt und über unser LoRaWAN-Netz angeschlossen haben. Sie können darüber genau erkennen, was gerade im Feld passiert und so ihre Prozesse flexibler steuern und optimieren.
Sind Sie da schon an bestimmten Stellen beispielhaft unterwegs?
Wir schalten das Netz passend zur polisMOBILITY am 18. Mai frei und haben bereits erste Pilotprojekte mit einigen Stadtwerke-Unternehmen realisiert. Ein Beispiel ist hier die Weichenheizung der KVB. Damit die Weichen nicht einfrieren, werden sie im Winter durchgängig beheizt, egal, ob Minusgrade herrschen oder nicht. Wenn man bedenkt, dass der Energiebedarf einer Weiche der eines Einfamilienhauses entspricht, ist das Energiesparpotenzial enorm. Mithilfe von Temperatursensoren kann die Heizung künftig gezielt gesteuert werden. Ein anderes konkretes Beispiel sind die AWB, die mithilfe der Sensoren den Füllstand von Mülltonnen messen können – das ist gerade bei Unterflurcontainern interessant, weil diese dann gezielt angefahren werden können. Viele Unternehmen wissen im ersten Moment nicht, was sie mit LoRaWAN und den Sensoren machen können, bis sie anfangen, über ihre Prozesse nachzudenken.
Zur Person
Timo von Lepel ist seit dem Jahr 2016 Geschäftsführer von Netcologne. Er verantwortet das Privat- und Firmenkundengeschäft, Marketing, Kommunikation, IT und Netzausbau. Zudem ist er seit 2019 Geschäftsführer der Stadtwerke Köln. Zuvor war er bei der Deutschen Telekom, Blackberry und Teléfonica.
Netcologne wurde im Jahr 1994 gegründet und versorgt im Großraum Köln, Bonn und Aachen nach eigenen Angaben mehr als eine halbe Million Menschen mit Internet, Telefon und Mobilfunk. Das Unternehmen hat knapp unter 1000 Mitarbeiter.
Bisher ist Köln ja nur an ganz wenigen Stellen in diesem „Smart-City“-Modus.
Das hängt davon ab, wie man Smart City definiert. Digitale Infrastruktur ist ein ganz wesentlicher Bestandteil davon und hier sind wir in Köln schon seit Jahren führend. Was jetzt dazu kommt, ist der Anwendungsbereich mit den ersten konkreten Pilotprojekten. Unsere Vision ist ein zentrales Datenökosystem für Köln. Wenn wir über das LoRaWAN-Netzwerk und über die weiteren Datenquellen der Stadt alle Daten auf einer Plattform zusammenführen, können diese aufbereitet und vergleichbar gemacht werden. Die große Kunst ist es dann, die richtigen Schlüsse für die Stadtentwicklung daraus zu ziehen. LoRaWAN kann ein elementarer Bestandteil davon werden, diese Daten zu generieren.
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Läge die Auswertung bei Netcologne oder müssten das die einzelnen Unternehmen organisieren?
Wir, und das ist ganz entscheidend, stellen die Server, auf denen die Daten zusammenlaufen, in unseren lokalen Rechenzentren zur Verfügung. Entsprechend sind die Daten sicher und geschützt, es gibt keine offenen Schnittstellen. Über unsere IoT-Plattform müssen die Unternehmen die Auswertung selbst vornehmen, wir sind keine Mobilitätsexperten. Wir wissen zwar, wann wir im Stau stehen, aber wie man Verkehrsströme steuert oder Ampelschaltungen verbessert, das liegt nicht in unserer Hand.
Zur Smart City gehört ja auch ein schnelles Funknetz. Wie hat sich der 5G-Ausbau in der Stadt entwickelt?
Wir schließen für viele Mobilfunkanbieter die 5G-Standorte an und greifen dafür auf unser engmaschiges Glasfasernetz zurück. Denn selbst 5G kann nur auf Glasfasernetzen basieren, anders funktioniert es aufgrund der Latenzzeiten und Datenmengen nicht. Der Ausbau geht hier schrittweise weiter, bis es dann wirklich zu einem engzelligen Netz wird, das auch von Straßenlaternen aus sendet, wird es allerdings noch etwas dauern.