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Neue Regel für BargeldWarum die Ein- und Zwei-Cent-Münzen bald abgeschafft werden könnten

Lesezeit 4 Minuten
Aus einem umgekippten Sparschwein fallen Scheine und Münzgeld heraus.

Schon bald könnten zu bezahlende Geldbeträge gerundet werden.

Das Nationale Bargeldforum möchte auf Ein- und Zwei-Cent-Münzen verzichten. Kommt jetzt das Ende des Bargelds?

Bisher landen Ein- und Zwei-Cent-Münzen oft im Sparschwein oder werden mühsam an der Supermarktkasse aus dem Portemonnaie herausgekramt. Das Nationale Bargeldforum der Deutschen Bundesbank schlägt nun mehrheitlich vor, auf die Kleinmünzen zu verzichten. Und das scheint auch im Sinne der deutschen Bürger: 53 Prozent von ihnen würden laut dem jüngsten Eurobarometer der EU-Kommission für eine Abschaffung stimmen. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Wie könnte die Umsetzung des Vorschlags aussehen?

Die Lösung des Nationalen Bargeldforums sieht eine sogenannte Rundungsregel vor. Käufer und Verkäufer würden bei Barzahlungen auf die nächsten fünf Cent auf- oder abrunden. Wer im Supermarkt für seinen Einkauf eigentlich 10,99 Euro bezahlen müsste, würde stattdessen 11 Euro ausgeben. Beträge, die auf ein oder zwei Cent enden, müssten abgerundet werden. Eine Wasserflasche am Kiosk für 1,52 Euro würde in bar dementsprechend nur noch 1,50 Euro kosten.

Gibt es praktische Beispiele für die Rundungsregel?

Das Auf- und Abrunden kleinerer Centbeträge ist keine neue Praxis. In einigen europäischen Ländern gehört sie bereits zum Alltag, etwa in Finnland. Ein- und Zwei-Cent-Münzen werden dort nicht in Umlauf gebracht. Barzahlungen werden laut der Zentralbank von Finnland auf Fünf-Cent-Beträge gerundet – genau so, wie es das Nationale Bargeldforum für Deutschland vorschlägt. Die Durchführung basiere auf einem Gesetz aus dem Jahr 2000. Trotzdem könnten die Kleinmünzen in Finnland zum Bezahlen verwendet werden. Annehmen müssten Verkäufer sie aber nicht, schreibt die Zentralbank.

Ähnlich regeln das auch andere EU-Länder. Darunter sind Irland, die Niederlande, die Slowakei, Italien, Belgien und seit Beginn dieses Jahres auch Estland. Eine einheitliche europäische Lösung gebe es bisher aber nicht, teilt die Deutsche Bundesbank mit.

Was spricht dafür, auf Ein- und Zwei-Cent-Münzen zu verzichten?

Insgesamt sei es aus ökonomischer und ökologischer Sicht sinnvoll, Herstellung, Verpackung und Transport der Kleinmünzen einzustellen, heißt es in einer Pressemitteilung der Deutschen Bundesbank. Die Kosten seien im Verhältnis zu ihrem Nennwert hoch. „Die Produktion und die Verbreitung von einem Cent sind teurer als der Cent selbst“, bestätigt Uwe Deichert, Pressesprecher der Bundesbank in Düsseldorf.

Von einer Abschaffung der Münzen will Deichert nicht sprechen, immerhin würde man sie auch mit der Rundungsregel in Deutschland weiterhin verwenden können. Allerdings spielten sie im Alltag der meisten kaum eine Rolle, würden oft zuhause herumliegen und seien bei der Bezahlung schlicht unbeliebt. Dementsprechend nennt er die vorgeschlagene Rundungsregel einen „Vorteil für alle – Händler, Banken und Verbraucher“.

Auch Deutschlands Schubladen, Sparschweinen und Glasflaschen sollte der Vorschlag wohl entgegenkommen. Immerhin werden in ihnen nach Angaben des Bundesfinanzministeriums die meisten der Kleinmünzen aufbewahrt: Etwa 80 Prozent der Ein- und Zwei-Cent-Münzen liegen laut einer Schätzung aus dem Jahr 2017 zuhause herum, sind verlorenen gegangen oder im Ausland ausgegeben worden. Das sind rund 15 Milliarden Münzen im Wert von etwa 220 Millionen Euro, deren Großteil wohl kaum im Alltag genutzt wird.

Wenn Deutschland auf Ein- und Zwei-Cent-Münzen verzichten kann, warum nicht gleich ganz auf Bargeld?

„Wir brauchen das Bargeld nach wie vor. Etwa die Hälfte aller Zahlungen im Einzelhandel werden mit diesem Zahlungsmittel getätigt“, sagt der Bundesbank-Sprecher. Besonders in Krisenzeiten, wie der Coronapandemie, steige die Nachfrage nach Scheinen und Münzgeld. „Das Bezahlen damit bietet Sicherheit und ist ein niedrigschwelliger Vorgang.“ Letzteres gelte beispielsweise für ältere Menschen, die laut Deicherts Beobachtungen seltener zu anderen Zahlungsmöglichkeiten greifen.

Ähnlich argumentiert die Verbraucherzentrale NRW. Sie sieht Bargeld als eine Möglichkeit zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben insbesondere für Menschen, die kaum Zugang zu anderen Bezahlfunktionen, etwa Karte oder Handy, haben. Zudem schützt das Zahlen in bar laut der Verbraucherzentrale die Privatsphäre. So müssten Kunden beim Einkauf keine Produktvorlieben oder bezahlten Summen preisgeben. Einen Überblick über das eigene Budget und Ausgabeverhalten zu behalten, sei dadurch ebenfalls einfacher.

Welche Nachteile bringt Barzahlung mit sich?

Trotz aller Vorteile greifen immer weniger Deutsche im Alltag zu Scheinen oder Münzgeld. Knapp 45 Prozent der Bürger verzichten laut einer Umfrage der Deutschen Bundesbank zum Zahlungsverhalten lieber auf Bargeld, im privaten Bereich sind es sogar 48 Prozent. Gründe dafür seien zum einen die Bequemlichkeit der Kartenzahlung und zum anderen, dass Verbraucher sich keine Gedanken darüber machen müssten, ob ihr mitgebrachtes Geld ausreiche.

„Wenn wir auf den Umlauf von Ein- und Zwei-Cent-Münzen verzichteten, würde Bargeld für die Nutzerinnern und Nutzer attraktiver“, sagt Burkhard Balz, Mitglied im Vorstand der Deutschen Bundesbank und Vorsitzender des Nationalen Bargeldforums. Auch das sei ein Vorteil der vorgeschlagenen Rundungsregel. Außerdem müssten sich die Verbraucher an der Kasse weniger mit ihrem Portemonnaie rumschlagen, betont Deichert. „Bargeld ist und bleibt wichtig. Denn Bargeld ist fast immer und überall nutzbar.“