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Shopping-AppsHandelsexperten wollen stärkere Kontrollen für Temu und Co.

Lesezeit 3 Minuten
Blick auf einen Laptop mit dem Logo der App Temu (gestellte Szene).

Der Widerstand gegen chinesische Billig-Marktplätze wird größer. (Symbolbild)

Chinesische Shopping-Apps wie Temu werden immer beliebter. Umweltschützer warnen schon länger vor den Online-Marktplätzen. Jetzt fordern auch Handelsexperten eine stärkere Kontrolle - und fürchten Wettbewerbsverzerrungen.

Ein paar Klicks und die Schuhe für 9 Euro sind bestellt: Kauft man bei Online-Plattformen wie Temu ein, locken unschlagbar günstige Preise. Die chinesische Shopping-App wird auch in Deutschland immer beliebter und wächst rasant. Jetzt fordern Handelsexperten allerdings eine härtere Gangart gegenüber solchen Online-Marktplätzen.

„Weder der europäische noch der deutsche Gesetzgeber sind in der Lage, ihre Verordnungen und Gesetze gegenüber chinesischen Unternehmen vollständig durchzusetzen“, sagte der Vize-Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland (HDE), Stephan Tromp, der Deutschen Presse-Agentur. Dadurch entstünden Wettbewerbsverzerrungen.

Die zuständige Bundesbehörde macht mitnichten aber auch nur einen Finger krumm, um die Vorgaben bei chinesischen Unternehmen durchzusetzen
Stephan Tromp, Vize-Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland (HDE)

Laut dem Verband gilt das auch beispielsweise für das deutsche Lieferkettengesetz. Um das gibt es derzeit auf EU-Ebene große Diskussionen, weil es kurz vor einer entscheidenden Abstimmung noch Bedenken aus der FDP gab. In Deutschland gibt es allerdings bereits ein Lieferkettengesetz, das 2023 in Kraft trat und seit Anfang 2024 für Unternehmen mit mindestens 1000 Beschäftigten gilt. Sie können zur Rechenschaft gezogen werden, wenn es entlang ihrer Lieferketten beispielsweise zu Kinderarbeit kommt. „Die zuständige Bundesbehörde macht mitnichten aber auch nur einen Finger krumm, um die Vorgaben bei chinesischen Unternehmen - die ebenfalls an den Endkunden verkaufen und damit im direkten Wettbewerb zu deutschen Händlern stehen - durchzusetzen“, sagte Tromp.

Auch der Außenwirtschaftschef der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) hatte kürzlich ähnliche Bedenken geäußert. „Unsere Wirtschaft braucht eine konsequente Anwendung und Durchsetzung des bestehenden Wettbewerbsrechts, aber vor allem die Schaffung wieder wettbewerbsfähiger Rahmenbedingungen in Europa“, sagte Volker Treier der „Wirtschaftswoche“. In der Konkurrenz von Billiganbietern aus Drittstaaten sehe er ein „zunehmendes Problem auch für die deutsche Wirtschaft.“

Temu setzt auf einen Mix aus günstigen Produkten und schriller Werbung. „Shopping like a billionaire“ verspricht der noch junge Online-Marktplatz: „Shoppe wie ein Milliardär“. Dahinter steht die chinesische Konzerngruppe PDD Holding. Temu ist erst seit einigen Monaten in Deutschland aktiv, stürmte aber innerhalb kürzester Zeit bereits die Download-Charts. Und der Höhenflug hält an: Laut dem Marktforschungsunternehmen Appinio hat jeder vierte Deutsche im vergangenen halben Jahr bereits über Temu eingekauft, wie das „Handelsblatt“ berichtete. Zuvor war mit Shein bereits ein Fast-Fashion-Anbieter aus China auf den deutschen Markt gedrängt, der Zalando und Co. Konkurrenz macht.

Umweltschützer warnen vor ökologischen Folgen

Umweltschützer warnen vor den ökologischen Folgen. „Wir haben mit Shein, Temu und Cider ein komplett neues Zeitalter, was Fast Fashion angeht“, sagt Viola Wohlgemuth von Greenpeace.

Die Expertin für Kreislaufwirtschaft und Ressourcenschutz spricht von „Ultra-Fast-Fashion“: Kleidung, die schnell produziert wird, aber weniger langlebig, reparierbar und recyclefähig ist. „Eigentlich wird all das, was wir zum Wandel brauchen, untergraben“, sagt sie - und kritisiert die Werbung der Billig-Plattformen. „Ich kann wie ein Milliardär shoppen - weil ich die Kosten für Umwelt und Menschenrechte nicht zahle“, sagt sie.

Auch Wohlgemuth sieht Handlungsbedarf. „Wir als Greenpeace sagen ganz klar: Wir haben hier eine neue Bewegung, die die europäische Gesetzgebung komplett überrollt hat und überfordert.“ Auch sie verweist auf das Lieferkettengesetz, das nicht greife, weil die Plattformen keine Mitarbeiter in Deutschland hätten. „Es braucht stärkere Kontrollen, weil sie Umwelt- und Gesundheitsstandards unterlaufen und auch der Binnenmarkt gegen diese Läden keine Chance hat“, findet sie.

Tromp pocht ebenfalls darauf, den Binnenmarkt zu schützen. „Wenn sich alle an die gleichen Regeln halten müssen, findet Wettbewerb zum Wohle des Verbrauchers statt. Dann siegt die bessere Lösung“, sagte Tromp. Aber wenn es sich solche Plattformen leichter machen könnten, weil Politik und Behörden sie nicht so stark kontrollieren, sei das unfair. Der HDE fordert beispielsweise eine Stärkung des Zolls. Zudem müsse die Marktüberwachung im großen Stil tätig werden: „Diese ziehen aktuell so gut wie keine Proben oder versuchen, chinesische Händler auf solchen Plattformen zu belangen.“ (mit dpa-Material)