Sicherbezahlen.deKölner Startup bietet Hilfe beim Gebrauchtwagen-Kauf
Köln – Für den Handel von gebrauchten Autos gibt es zahlreiche Redewendungen - bei den meisten geht es um mangelndes Vertrauen. Käufer und Verkäufer kennen sich in der Regel nicht, Treffen finden oft auf unbekanntem Terrain statt. Eines der größten Probleme des Zug-um-Zug-Geschäfts ist die Übergabe des Geldes. Denn es gibt kaum eine vergleichbare Situation, in der Käufer mit so viel Bargeld unterwegs sind. Vorkasse per Überweisungen scheuen viele Käufer, beim Verkäufer bleibt die Sorge, ob er sein Geld auch bekommt und die Scheine echt sind.
Bezahlservice für den Autokauf
Dieses Dilemma zu lösen, hat sich das Kölner Unternehmen Easy Car Pay, das mittlerweile unter sicherbezahlen.de firmiert, zum Ziel gesetzt. Das Startup bietet seit 2016 einen Bezahlservice für den Gebrauchtwagenkauf an. Abgewickelt werden Transaktionen zwischen 100 und 500 000 Euro ohne Bargeld über das Smartphone oder den Computer.
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Die Idee kam Gründer Jan Hardorp (47) auf einer Autofahrt mit einem Freund, der in der Gebrauchtwagenbranche tätig ist. „Wir haben uns gefragt, warum es bis heute keine Lösung für dieses Problem gibt”, sagt Hardorp. Der gebürtige Düsseldorfer, der erst als Berater für McKinsey und später als Geschäftsführer für den Kölner Werbevermarkter Ströer gearbeitet hat, beginnt zu recherchieren.
„Jeden Tag werden in Deutschland rund 20.000 Gebrauchtwagen an Privatpersonen verkauft, das sind sieben Millionen im Jahr”, sagt Hardorp. Hinzu kommen Neufahrzeuge, die in anderen Teilen der EU preiswerter angeboten und dann nach Deutschland reimportiert werden sowie der Handel zwischen Auto-Händlern.
Gesetzliche Anforderungen steigen
„Im Ganzen werden schätzungsweise über 200 Millionen Euro täglich bewegt, meist in Form von Bargeld”, sagt Hardorp. Dabei werde die Beschaffung immer schwieriger. Banken bräuchten meist mehrere Tage, um die gewünschte Summe bereitzustellen. Im Zuge des Kampfes gegen Geldwäsche stiegen zudem die gesetzlichen Anforderungen. „Und sollte die angekündigte Obergrenze für Bargeldzahlungen demnächst in Höhe von 5000 Euro eingeführt werden, geht es kaum noch ohne ein sicheres elektronisches Bezahlsystem”, erklärt Hardorp.
Lösungen für Postbank und Comdirect
Zusammen mit dem IT-Spezialisten Ulrich Schmidt (36), der bereits Lösungen für die Postbank und die Commerzbank-Tochter Comdirect entwickelt hat, entsteht 2015 die konkrete Idee für einen Treuhand-Bezahlservice. Rund ein Jahr dauerten die Vorbereitungen. „Es gibt kaum etwas in Deutschland, das strenger reguliert wird als Geld- und Bankgeschäfte”, sagt Hardorp. Mit der Münchner Wirecard Bank AG wird ein auf Bezahlung spezialisiertes Kreditinstitut gewählt, das die Transaktionen abwickelt und das Produkt bei der Bankenaufsicht Bafin verantwortet. Schließlich zertifiziert der Tüv das Bezahlsystem noch.
Handeln bis zum Schluss
„Für hohe Datensicherheit sorgt zudem, dass unsere Server und Rechenzentren ihren Sitz in Deutschland haben”, erklärt Ulrich Schmidt. Auch der ADAC, der Automobilclub Deutschland sowie die Internetplattform Mobile.de werden als Partner gewonnen. „Es waren viele dicke Bretter zu bohren”, sagt Hardorp.
Das Prinzip funktioniert wie folgt: Käufer und Verkäufer müssen sich bei sicherbezahlen.de registrieren. Im Anschluss übernimmt das Unternehmen die vorgeschriebene Überprüfung der Identität mit Hilfe eines 2-minütigen Video-Identverfahrens. Dabei weisen sich die Nutzer mit ihrem Personalausweis und ihrem Gesicht vor einer Webcam aus. Der potenzielle Käufer parkt dann den gesamten Betrag auf seinem Konto bei sicherbezahlen.de / Wircard Bank.
Kontrolle über das Geld
„Er behält aber die volle Kontrolle über das Geld”, so Ulrich Schmidt. Zeitgleich werde der Verkäufer darüber informiert, dass das Geld für den Kauf zur Verfügung steht. Auch Handeln ist bis zum Schluss möglich. Bis zur Freigabe des Kaufbetrages per App durch den Käufer bei der Fahrzeugübergabe kann der Verkäufer den Kaufpreis noch senken.
Gestaffelte Gebühr
Nur wenn die Transaktion zustande kommt, verlangt sicherbezahlen.de eine gestaffelte Gebühr zwischen 10 und 100 Euro. Bei einem Kaufpreis von 10.000 Euro fallen etwa 30 Euro an. Wer die Gebühr bezahlt oder ob man sie teilt, vereinbaren die Vertragspartner im Vorfeld. Wird der Kaufprozess abgebrochen, wird das Geld sofort ohne Gebühr zurücküberwiesen.
Sitz im Kölner Agnes-Viertel
Selbst im Falle einer Insolvenz des Unternehmens sei das Geld der Kunden sicher, beteuert Hardorp: Es gehöre immer entweder dem Käufer oder dem Verkäufer. Und sollte die Partnerbank Wirecard in Schieflage geraten, sei das Kapital über den gesetzlichen Einlagensicherungsfonds bis 100.000 Euro, über den privaten bis sechs Millionen Euro besichert.
2017 wurden Fahrzeuge im Wert von fast 10 Millionen Euro über das System bezahlt, sagt Hardorp. In diesem Jahr will das Startup, das mit acht Mitarbeitern im Kölner Agnes-Viertel sitzt, erstmals schwarze Zahlen schreiben. Seit Ende des vergangenen Jahres wurde das Angebot zudem ausgeweitet auf die Bezahlung von anderen hochpreisigen Gütern, die „Zug-um-Zug” gehandelt werden, wie etwa Pferde, Boote, Uhren, Landmaschinen aber auch Laptops oder Handys.
Die Serie
Im Rahmen unserer Serie „Köln gründet”, die in umregelmäßigen Abständen im E-Paper und der gedruckten Ausgabe des „Kölner Stadt-Anzeiger” erscheint, stellen wir junge Unternehmen aus Köln und der Region vor, die innovative Geschäftsideen haben und sich bereits national oder international erfolgreich am Markt behaupten. Hier geht es zum E-Paper-Abo, zu einzelnen E-Paper-Ausgaben der Tageszeitung sowie Sonderausgaben und zum Abo der gedruckten Ausgabe.