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Handyverträge als TarifdschungelKunden ärgern sich über fehlende Transparenz

Lesezeit 4 Minuten
Eine Frau tippt auf einem Smartphone.

Der Tarifdschungel ist für Kunden sehr intransparent.

Kunden registrieren den Tarifdschungel bei Handyverträgen – und ärgern sich massiv über die Intransparenz und versteckte Preiserhöhungen.

Frankfurt am Main – Wo schmerzt es die Mobilfunkkunden am meisten? Die Antwort: Bei der mangelnden Preistransparenz. Dies geht aus einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Kantar hervor, die dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) exklusiv vorliegt. Tarife und die Preise für die Hardware werden als zu teuer empfunden. Die Nutzer klagen über versteckte Preiserhöhungen und hohe Zusatzkosten.

„Die Kunden nehmen unsere Branche nicht als besonders kundenfreundlich wahr. Es gibt immer eine Diskrepanz zwischen dem, was die Kunden erwarten, und dem, was die Branche liefert“, sagte Andreas Laukenmann, Privatkundenvorstand von O2-Telefonica, dem RND. Sein Unternehmen hat die Studie in Auftrag gegeben.

Markt wird von drei großen Unternehmen beherrscht

Die Branche ist seit jeher für ihren Tarifdschungel berüchtigt. In der Kantar-Umfrage wurde dies von einem Großteil der 2000 befragten Nutzer auch ausdrücklich als ein maßgeblicher „Pain Point“ thematisiert: Tarife passten nicht zu den individuellen Bedürfnissen. Lange Vertragslaufzeiten sind ein Ärgernis, ebenso wie komplexe Tarifstrukturen. All diese Punkte gelten laut Kantar für alle Anbieter, auch bei Alter und Geschlecht der Kunden gab es da praktisch keine Unterschiede.

Der hiesige Markt wird von den großen Drei beherrscht: Zu O2 kommen Vodafone und Deutsche Telekom. Daneben gibt es mehr als drei Dutzend Anbieter, die Mobilfunkkapazitäten bei dem Trio mieten und auf eigene Rechnung weiterverkaufen.

Verbraucherschützer wollen Vereinfachung

Auch Verbraucherschützer verlangen immer wieder, die komplexen Vertragswerke zu vereinfachen. Vergleichsportale machen zugleich auf das erstaunliche Phänomen aufmerksam, dass die Kundschaft jährlich viele hundert Millionen Euro verschenkt. Das hat mit den sogenannten Bundles zu tun: Marktforscher gehen davon aus, dass sich jährlich rund 5 Millionen Nutzer für Bündel-Tarife mit einer Mindestlaufzeit plus einem neuen Smartphone entscheiden. Die Kosten für das Gerät werden dabei monatlich abgestottert, aber nicht separat auf der Rechnung ausgewiesen.

So rät denn auch das Vergleichsportal Verivox, die Kosten nach den üblichen 24 Monaten in den Blick zu nehmen: Bei vielen Verträgen wird die monatliche Grundgebühr, in der auch die Raten fürs Handy enthalten sind, nicht gesenkt. Die Kunden zahlen also weiter für ein Gerät, obwohl es längst abbezahlt ist. Studien belegen, dass nur etwa ein Viertel der Betroffenen um diesen Umstand weiß, der häufig mit 50 Euro oder mehr pro Monat zu Buche schlägt. Provider würden die Zusatzkosten nicht als Abzahlung, sondern als Vertragsbestandteil betrachten, heißt es bei Verivox – verknüpft mit der Empfehlung, nach den zwei Jahren den Vertrag zu kündigen, um sich einen billigeren Tarif zu suchen.

Nutzer sehen nach wie vor Defizite

O2 macht hier eine Ausnahme: Das Unternehmen bietet schon seit 15 Jahren getrennte Verträge für den Tarif und für das Handy. Ist es abbezahlt, werden die monatlichen Überweisungen automatisch entsprechend herabgesetzt. „Das ist in der Telekommunikationsbranche alles andere als selbstverständlich“, betont Laukenmann. Das will sein Unternehmen nun besonders hervorkehren – mit einer eigenen Kampagne („O2 Pay Stop“). Der Manager findet, dass sein Unternehmen schon immer kundenfreundliche Angebote offeriert habe. „Aber wir haben gemerkt, dass das nicht reicht.“ Nun gehe darum zum einen, den Markt wirklich zu verändern. Er fügt hinzu: „Wir wollen mit gutem Beispiel in der Branche vorangehen.“ Dieses Thema werde jetzt systematisch angegangen.

Allerdings haben die auch die O2-Konkurrenten das Thema Kundenfreundlichkeit längst entdeckt und unter anderem den Service der Hotlines verbessert. Der Kantarumfrage ist jedoch zu entnehmen, dass die Nutzer auch hier nach wie vor bei allen Anbietern Defizite sehen.

Offensichtlich ist aber für Beobachter, dass die Branche sich zunehmend diesen sogenannten weichen Themen annimmt. Das hat mit der speziellen Dynamik im Mobilfunk zu tun: Es muss enorm viel in neue Technik investiert werden, um den wachsenden Datenhunger der Nutzer zu befriedigen. Der harte Wettbewerb hat zur Folge, dass die Tarife für Datennutzung und Sprachtelefonie – im Verhältnis zur Leistung – kaum steigen, sondern in vielen Fällen sogar günstiger werden. Das aber macht es für die Anbieter immer wichtiger, sich von Rivalen zu unterscheiden. Insbesondere, um Bestandskunden zu halten. (rnd)