US-Präsident Trump droht der EU mit Strafzöllen. Was heißt das überhaupt? Büßen wir unseren Wohlstand ein? Und wie gehen die Konzerne der Region damit um? Ein Überblick.
Trump macht ErnstWas die Zolldrohungen für Europa und das Rheinland bedeuten
![Flaggen der EU und der USA stehen nebeneinander.](https://static.ksta.de/__images/2025/02/03/ff1ebb63-0aa2-4289-b0a5-8f87c45375e2.jpeg?q=75&q=70&rect=0,19,3006,1691&w=2000&h=1150&fm=jpeg&s=a25135b20eda75f9da1845c472dd3582)
Die deutsch-amerikanische Freundschaft wackelt: Donald Trump droht mit Zöllen gegen die EU. Doch Europas Regierungen dürften sich das kaum gefallen lassen. (Symbolbild)
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Die EU-Staaten müssen sich auf US-Zölle einstellen. Präsident Donald Trump sagte in Washington, dies werde „definitiv“ passieren. Am Samstag hatte er per Dekret Importzölle von 25 Prozent auf die meisten Produkte aus den beiden US-Nachbarländern Mexiko und Kanada beschlossen. Am Montag ruderte Trump etwas zurück und setzte die angekündigten Zölle gegen Mexiko nach einem Telefonat mit Präsidentin Claudia Sheinbaum für einen Monat aus.
Dennoch sorgen die Ankündigungen in der deutschen Wirtschaft für tiefe Sorgenfalten. Die deutsche Industrie sei von den Zöllen „unmittelbar betroffen, da sie den US-Markt auch aus Werken in Mexiko und Kanada beliefert“, erklärte der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) am Montag. Auch die Konzerne der Region beobachten Trumps Gebaren genau, zeigen sich aber noch vergleichsweise gelassen. Ein Überblick.
Was sind Strafzölle überhaupt?
Zölle sind, ganz generell gesprochen, eine Handelsbarriere. Die Abgabe wird fällig, wenn bestimmte Waren über eine Staatsgrenze transportiert werden. Seit Jahrzehnten ist der wirtschaftspolitische Konsens jedoch, den Handel so wenig wie möglich zu beschränken. Deshalb gibt es zahlreiche Abkommen, die freien Warenverkehr zwischen verschiedenen Staaten ermöglichen sollen. Die EU beispielsweise unterhält 40 Handelsabkommen, etwa mit dem Westbalkan oder der Schweiz.
„Strafzölle werden eingesetzt, um gewisse Verhalten zu sanktionieren, etwa wenn eine Regierung die Produktion gewisser Güter subventioniert oder die Hersteller ihre Produkte auf dem Weltmarkt zu Dumpingpreisen anbieten“, sagt Galina Kolev-Schaefer, Außenhandelsexpertin des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln.
Strafzölle können aber auch ein politisches Instrument sein: Trumps Regierung etwa sind die mexikanischen Drogenkarten ein Dorn im Auge. Mit Strafzöllen könne die US-Administration Druck auf die Wirtschaftspartner ausüben, argumentiert Kolev-Schaefer: „Die USA sitzen am längeren Hebel. Sie sind wesentlich weniger abgängig von Mexiko und Kanada als umgekehrt.“
Warum büßen wir durch Zölle Wohlstand ein?
„Einen sehr großen Teil unseres Wohlstandes verdanken wir dem internationalen Handel, in Deutschland hängt jeder vierte Arbeitsplatz am Export“, sagt Kolev-Schaefer. „Wir haben uns in den vergangenen Jahrzehnten unter anderem auf Produkte wie Autos, Maschinen und chemische Erzeugnisse spezialisiert, die USA hat die Nase vorn bei Tech und Künstlicher Intelligenz. Wenn die Vorteile dieser Spezialisierungen durch Protektionismus zunichtegemacht werden, müssen wir Wohlstand abgeben – und zwar alle, die am internationalen Handel beteiligt sind.“
Schon in der ersten Amtszeit Trumps hatte es einen Handelskrieg zwischen den USA und China gegeben. Die USA erhoben Strafzölle von 25 Prozent auf chinesische Elektronik, Maschinen und Konsumgüter, die Chinesen reagierten mit Gegenzöllen auf Agrarprodukte und Fahrzeuge. Die Folgen: Einerseits mussten Konsumenten tiefer in die Tasche greifen, weil die Produkte schlicht teurer geworden sind. Andererseits hat sich der Handel neue Wege gesucht und ist in andere Produktionsländer ausgewichen, etwa Vietnam oder Thailand.
Warum tut es der EU und speziell Deutschland weh, wenn die USA Strafzölle auf mexikanische Produkte erheben?
Insbesondere Mexiko ist ein wichtiger Investitionsstandort für die deutsche Wirtschaft. Laut Deutsch-Mexikanischer Handelskammer sind rund 2100 Unternehmen mit deutscher Kapitalbeteiligung im Land tätig und beschäftigen etwa 300.000 Menschen. Die wichtigsten Branchen mit deutscher Präsenz in Mexiko sind die Automobilindustrie, Pharma und Chemie, Elektro und Elektronik sowie der Maschinenbau und die Logistik. So betreibt etwa der Autobauer Volkswagen zwei Werke im Land mit rund 15.000 Beschäftigten. Auch die Zulieferer Continental, ZF und Bosch beschäftigen in Mexiko zehntausende Menschen.
Vor allem nach Inkrafttreten des nordamerikanischen Freihandelsabkommens USMCA im Jahr 2020 haben zahlreiche deutsche Unternehmen in Mexiko ihre Aktivitäten ausgebaut – in Vertrauen auf das Abkommen. Laut Automobilverband VDA haben die deutschen Hersteller und Zulieferer zusammen mehr als 330 Produktionsstandorte in Mexiko. 2023 wurden dort 716.000 Autos deutscher Unternehmen hergestellt. Und allein bei Audi gehen nach Angaben des Unternehmens fast 40 Prozent der Fahrzeuge in die USA.
Wie abhängig sind wir von den USA?
Um diese Frage zu beantworten, lohnt ein Blick in die Handelsstatistik, genauer gesagt in die Exportquote. Deutschland hat einen sogenannten Offenheitsgrad von knapp 88 Prozent – ist also die offenste Volkswirtschaft der G7-Staaten. Das heißt im Umkehrschluss aber auch, dass wir stärker vom internationalen Handel abhängig sind als andere Industrienationen. Hinzu kommt, dass die USA in den meisten Bereichen Selbstversorger sind, etwa aufgrund zahlreicher Bodenschätze. „Sie können es sich eher als andere Länder erlauben, mit handelspolitischen Mitteln Druck auszuüben“, sagt Kolev-Schaefer vom IW.
Die USA sind unser wichtigster Handelspartner. Knapp zehn Prozent der deutschen Exporte gingen laut Statistischem Bundesamt 2023 in die USA – das sei der höchste Wert seit mehr als 20 Jahren. Der deutsche Außenhandel mit den USA verbuchte 2023 sogar einen Rekord-Exportüberschuss von 63,3 Milliarden Euro, hat also deutlich mehr Waren in die USA geschickt als von dort importiert. Fallen auf unsere Exporte nun Zölle an, kommt uns das teuer zu stehen.
Und selbst wenn wir nicht direkt mit den USA Handel treiben, sind wir in einer globalisierten Wirtschaft voneinander abhängig. Allein Drohungen von Trump können uns schon Wohlstand kosten: „In einer Phase der Unsicherheit investieren Unternehmen weniger und das werden wir auch in der Wirtschaftsleistung spüren“, sagt Timo Steinbusch, Leiter Portfoliomanagement der Düsseldorfer Apo-Bank.
Wie blicken die rheinischen Konzerne auf die Zolldrohungen?
Bei Lanxess steht man Zöllen gelassen gegenüber. Der Spezialchemiekonzern hat ein Drittel seiner Werke in den USA und produziert dort für den lokalen Markt. Verhängt Trump also Zölle gegen die Konkurrenz, etwa gegen chinesische Chemiekonzerne, könnte Lanxess in den USA sogar von US-Zöllen profitieren und womöglich mehr verkaufen oder die Preise für die eigenen Produkte anheben. „Wir sind auf eine neue oder eine andere Wirtschaftspolitik der USA durchaus vorbereitet. Die muss nicht nur Nachteile, die kann auch Vorteile für uns mit sich bringen. So sehr wir uns auch eigentlich Freihandel wünschen“, sagte Lanxess-Chef Matthias Zachert im Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.
Auch der Kölner Motorenhersteller Deutz hat eine US-Niederlassung und hofft auf Kontinuität der engen Wirtschaftsbeziehungen. Vorstandschef Sebastian Schulte sieht nach wie vor große Chancen und will das Geschäft in der Region weiter ausbauen. Alle Hersteller produzierten Motoren zu einem gewissen Grad außerhalb der USA. Dort gebe es nicht genügend Kapazitäten. „Daher werden die Preise für in den USA produzierte Motoren steigen“, sagte er im Januar anlässlich der Amtseinführung Trumps.
Portfoliomanager Steinbusch bezeichnet die rheinischen Konzerne als Gemischtwarenladen: „Da gibt es sicherlich welche, die ihre Ertragsströme besser diversifiziert haben als andere. Das hat natürlich auch damit zu tun, wie stark man an den Wahlerfolg Trumps geglaubt hat und sich darauf vorbereitet hat.“ (mit dpa)