Mit Donald Trump könnte es ungemütlich werden im bislang erfolgreichen deutsch-amerikanischen Wirtschaftsverhältnis. Aber die Unternehmen in der Region sind vorbereitet.
US-Präsident TrumpWie sich die Wirtschaft in Köln und der Region auf einen drohenden Handelskrieg vorbereitet
Emotionen und Geschäftliches – aus Sicht von Außenhandelspräsident Dirk Jandura hält man beides besser getrennt. „Wir sind gut beraten, nicht in Panik zu verfallen“, sagt der Vertreter der deutschen Import- und Exportwirtschaft am Dienstagmorgen, keine 24 Stunden nach der Amtseinführung von Donald Trump als Präsident in den USA.
Man könne mit dem neuen Mann im Weißen Haus verhandeln, ist Jandura sicher. Die Zoll-Drohungen in Richtung Deutschland und Europa seien bereits Teil einer Verhandlungsstrategie. „Trump droht, weil er damit Erfolg hat“, glaubt Jandura. „Wenn alle wie das Kaninchen auf die Schlange schauen, erzielt er die besseren Ergebnisse.“
Schwarzmalen will derzeit keiner
So wie der Geschäftsführer eines Elektrogroßhändlers aus Berlin sehen das derzeit viele in der deutschen Wirtschaft. Trump und dessen Handelspolitik werden als Herausforderung gesehen, auch als Risiko in schwierigen Zeiten. Schwarzmalen aber will derzeit keiner.
Die größte und die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt sind eng miteinander verzahnt. Erst kürzlich haben die USA China als wichtigsten Handelspartner Deutschlands überholt. „Deutsche Unternehmen sind in den USA mit mehr als einer halben Billion Euro stark investiert“, sagt die Hauptgeschäftsführerin der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Helena Melnikov. Mehr als eine Million Arbeitsplätze hängen in beiden Ländern an dem gegenseitigen Warenverkehr. Aus Sicht Melnikovs spricht eine Menge dafür, dass das so bleibt. „Ein Handelskrieg kennt nur Verlierer“, warnt die DIHK-Vertreterin. „Deshalb dürfen wir nicht abwarten, was vielleicht als nächstes passiert. Wir sollten jetzt proaktiv handeln.“
Überschuss der deutschen Handelsbilanz ist Trump ein Dorn im Auge
Die DIHK-Hauptgeschäftsführerin hofft darauf, dass die EU-Kommission mit der neuen US-Regierung über Handelsfragen verhandelt und ein „Win-Win“ auslotet. Zudem müsse die EU ihre Handelspolitik strategisch klarer ausrichten und Handelsabkommen mit neuen Partnern forcieren. Melnikov pocht außerdem darauf, die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in Europa zu verbessern – etwa durch den Abbau von Bürokratie. „Das bedeutet: Wir müssen in Deutschland die Rahmenbedingungen so optimieren, dass unsere Wirtschaft in der Breite wieder wachsen kann. Nur so schaffen wir die Grundlage, um widerstandsfähiger gegenüber globalen Herausforderungen zu sein.“
Der deutliche Überschuss in der deutschen Außenhandelsbilanz war Trump schon in dessen erster Präsidentschaft ein Dorn im Auge gewesen. Unter Joe Biden hat sich das Ungleichgewicht noch einmal deutlich erhöht. Im Jahr 2023 verkauften deutsche Unternehmen Waren im Gegenwert von 63 Milliarden Dollar mehr in den USA als umgekehrt.
Trump hat immer wieder angekündigt, mit Importzöllen dagegen angehen zu wollen. Zunächst aber nimmt der 45. und 47. US-Präsident seine amerikanischen Nachbarländer ins Visier. Noch vor Amtseinführung hatte Trump erklärt, Zölle in Höhe von 25 Prozent auf Importe aus Mexiko und Kanada erheben zu wollen – trotz einer bestehenden Freihandelszone. Kaum im Amt brachte er das erneut ins Spiel. Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, ehe der Furor des Präsidenten auch die Europäer treffen wird.
„Wer gehofft hatte, dass sich Donald Trump mit seinem Amtsantritt mäßigen würde, ist nun eines Besseren belehrt“, sagt Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie (IMK). Bis zum Frühjahr solle untersucht werden, woher Handelsungleichgewichte mit anderen Ländern kämen, sagte Dullien. „Gerade dieser Punkt ist für Deutschland sehr problematisch, weil Deutschland einen enormen Außenhandelsüberschuss hat“, so der Ökonom. Zollerhöhungen könnten zu Arbeitsplatzverlusten und Produktionsverlagerungen in die USA führen, warnt er.
Unternehmer in der Region sehen Chancen und Risiken
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck versicherte, die EU sei vorbereitet, falls es zu US-Zöllen käme. „Dann wissen wir, welche Zölle wir zu erheben haben. Das wollen wir nicht“, sagte der Grünen-Politiker. Die Hoffnung in der Wirtschaft ist, dass auch die Amerikaner kein Interesse an einer Eskalation haben dürften. „Wenn die Zölle wirklich erhoben werden, wird es auch in den USA innerhalb weniger Monate zu Wohlstandsverlusten kommen“, sagt Außenhandelspräsident Jandura. Das sei nicht im Sinne des Präsidenten. „Trump ist kein Ideologe. Er will Deals machen.“
In Köln und der Region blickt man insgesamt abwartend auf die weitere Entwicklung. „Wir als Unternehmen haben uns in den vergangenen zehn Jahren sehr stark international ausgerichtet. Vor allem in den USA haben wir investiert und sind dort gewachsen, sowohl organisch als auch durch Akquisitionen“, sagt Lanxess-Vorstandschef Matthias Zachert. Der Konzern mache in den USA rund 30 Prozent des Umsatzes, und zwar in weiten Teilen aus dortiger Produktion. „Wir glauben, dass wir gut aufgestellt sind, sollte es zu protektionistischen Maßnahmen kommen“, so der Chef des Dax-Konzerns.
Position der Stärke ist wesentlich
Eine Einschätzung, die auch Frank Blase, Chef des Weltmarktführers Igus, teilt. „Ich kann mir vorstellen, dass die US-Wirtschaft unter Trump stärker wächst und damit mehr investiert und produziert wird. Wir haben sehr viele Kunden in den USA und sehen eine Chance, dass Igus von den Entwicklungen profitiert“, so Blase. Sollten Zölle eingeführt werden, sei man vorbereitet. „Die Kapazitäten in unserer US-Niederlassung in Rhode Island haben wir ausgebaut und können die Fertigung für den US-Markt sehr schnell hochfahren.“
Auch der Kölner Motorenhersteller Deutz hat eine US-Niederlassung und hofft auf Kontinuität der engen Wirtschaftsbeziehungen. „Wir sind zuversichtlich, dass die neue US-Regierung bestrebt sein wird, eine starke und wachsende Wirtschaft sowie ein attraktives Geschäftsklima in den USA aufrechtzuerhalten“, sagt Vorstandschef Sebastian Schulte. Man sehe auch in der Zukunft große Chancen und werde das Geschäft in der Region weiter ausbauen. Mit Blick auf mögliche Zölle sagt Schulte: „Im Moment ist das alles Spekulation.“ Alle Hersteller produzierten Motoren zu einem gewissen Grad außerhalb der USA. Dort gebe es nicht genügend Kapazitäten. „Daher werden die Preise für in den USA produzierte Motoren steigen.“
Von Covestro heißt es: „Unsere Strategie, maßgeblich in den Regionen für die Regionen zu produzieren, hilft uns, flexibel auf Veränderungen zu reagieren.“ Man beobachte die Entwicklungen genau. Freier Handel und internationale Kooperation seien entscheidende Treiber für den Erfolg der chemischen Industrie und die Bewältigung globaler Herausforderungen.
„Kettengerassel nicht erwidern“
Die Familienunternehmer NRW finden mahnende Worte: „Wir sollten dem Kettengerassel der neuen US-Administration nun nicht mit eigenem Kettengerassel begegnen. Zölle sind immer problematisch. Gegenzölle aber sind noch schlechter und lähmen die Wirtschaft doppelt“, sagt der Vorsitzende David Zülow. Ähnlich äußert sich Arndt G. Kirchhoff, Präsident von Unternehmer NRW. „Natürlich ist die Sorge vor einem Abrutschen in eine zutiefst protektionistische Wirtschaftspolitik groß. Ich hoffe aber, dass Präsident Donald Trump ungeachtet seiner Ankündigungen auch die enormen Chancen des transatlantischen Marktes erkennt und verlässliche Perspektiven für die Wirtschaft diesseits und jenseits des Atlantiks entwickelt.“ Dafür müsse aber Deutschland und Europa wirtschaftlich wieder deutlich stärker werden. „Nur aus einer Position der Stärke werden wir Donald Trump auf Augenhöhe begegnen und unsere Interessen wahren können“, so Kirchhoff.