Verbotswidrige Äußerungen?IHK Köln droht Zwangsaustritt aus Dachverband
Köln – Der Industrie- und Handelskammer Köln könnte demnächst ein Zwangsaustritt aus dem Dachverband aller deutschen Kammern, dem DIHK in Berlin drohen. Ein Kölner Mitgliedsunternehmen hat vor dem Verwaltungsgericht einen entsprechenden Eilantrag gestellt.
Geklagt wird zeitgleich auch gegen die Kammern in München, Stuttgart, Bielefeld und Kassel. Sollten die Gerichte den Anträgen vor Ende dieses Jahres stattgeben, müssten die Kammern, die zu den großen in Deutschland zählen, den Bundesverband zum 31. Dezember 2021 verlassen. Damit könnte das Überleben der einflussreichen Lobbyorganisation in Frage stehen.
Gerichtlicher Maulkorb für DIHK
Hintergrund der Klagen ist ein gerichtlicher Maulkorb, der es dem DIHK verbietet, politische Kommentare zur Wirtschaftspolitik abzugeben, etwa zu Themen wie dem Mindestlohn, Ausbau der Erneuerbaren Energien oder der CO2-Bepreisung. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht 2016 entschieden und vor knapp zwei Monaten in einem weiteren Urteil bestätigt.
Die Richter argumentieren grob gesagt, dass die Kammern staatliche Aufgaben wie die Abnahme von Azubi-Prüfungen übernehmen. Dafür müssen Firmen Pflichtmitglieder werden und Beiträge zahlen. Zwar sollen sich die IHKs darüber hinaus für die Förderung ihrer regionalen Wirtschaft einsetzen, politisch äußern dürften sie sich nur zu Themen, die für die Firmen im jeweiligen Kammerbezirk relevant sind. Dies gelte auch für den DIHK. Seine Vertreter hätten sich aber wiederholt in überregionale politische Debatten eingemischt, so die Richter.
Das Gericht in Leipzig legte den Wirtschaftsverband schließlich aber nicht nur verbal an die Kette. Es erlaubt Mitgliedsunternehmen zudem auch, ihre regionale IHK zu zwingen, aus dem DIHK auszutreten, wenn sich der Verband nicht an die Vorgaben hält. Dies halten die Unternehmen, die derzeit gegen die fünf Kammern klagen, für erwiesen und reichten Eilanträge bei ihren jeweiligen Gerichten ein.
IHK erreicht die Nachricht vor der Vollversammlung
Die IHK Köln erreichte die Benachrichtigung am Mittwochnachmittag, kurz vor ihrer diesmal virtuellen Vollversammlung. Frank Hemig, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Kammer, berichtete dem Gremium von den Vorgängen. „Wir sind mit den betroffenen IHKs und dem DIHK in engem Austausch und werden dem Antrag entgegentreten. Der DIHK ist für eine effiziente Wahrnehmung der Interessen der Unternehmen auf Bundesebene unerlässlich“, sagte Hemig. Darüber hinaus diskutierte die Vollversammlung über die schwierige Lage am Neumarkt und fordert weniger Bürokratie bei den Corona-Verordnungen.
Sollten die Gerichte den fünf Austrittsklagen stattgeben, droht dem Verband möglicherweise das Aus – auch vor dem Hintergrund wegbrechender Einnahmen. Allein Köln zahlt Expertenschätzungen zufolge einen siebenstelligen Betrag nach Berlin.
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Unterstützt und organisiert werden die Klagen vom Bundesverband für freie Kammern (BffK). Das kammerkritische Bündnis, dem bundesweit viele Unternehmen angehören, kämpft seit vielen Jahren gegen die Zwangsmitgliedschaft in den Industrie- und Handelskammern sowie die Pflichtbeiträge für Unternehmen.
„Die Eilanträge machen deutlich: Der DIHK muss sich ändern, muss sich ans Gesetz halten – vor allem muss er lernen, gegebenenfalls mal die Klappe zu halten“, sagte BffK-Geschäftsführer Kai Boeddinghaus.