Die pauschale 1000-Meter-Abstandsgrenze von Windrädern zu Wohnungen soll bald Geschichte sein. Kann das die Energiewende beschleunigen?
Geplante GesetzesänderungWas die Abschaffung des Mindestabstands zu Windrädern in NRW bedeutet
Die schwarz-grüne Landesregierung will die pauschale 1000-Meter-Abstandsgrenze von Windenergieanlagen zu Wohnsiedlungen in NRW abschaffen. Dafür stimmte der nordrhein-westfälische Landtag – neben den Regierungsparteien auch die SPD – am Mittwoch in einer zweiten Lesung im Landtag. Dass das entsprechende Gesetz am Freitag verabschiedet wird, gilt als Formsache. Kritiker hatten lange moniert, die 1000-Meter-Grenze hemme den Ausbau der Windkraft. Die Landesregierung hatte sich zuletzt selbst ehrgeizige Ziele gesetzt, diesen voranzutreiben. Was genau ist nun geplant? Welche Folgen sind für Köln und die Region zu erwarten? Ein Überblick.
Was plant die Landesregierung?
Durch die Abschaffung der geltenden Abstandsregelungen wollen CDU und Grüne zusätzliche Potentialflächen für Windenergie schaffen und damit den Ausbau der Windenergie beschleunigen. Die Paragraphen, die die Abstandsregelung bislang im Baugesetzbuch regeln, sollen vollständig gestrichen werden. Gleichzeitig betonten die Grünen im Landtag jedoch, durch die neue Regelung würde „niemandem eine Windenergieanlage in den Vorgarten gesetzt“.
Bei einer im Juni veröffentlichten Analyse rechnete das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) bereits nicht mehr mit der 1000-Meter-Abstandsregel, sondern stattdessen mit einem Abstand von 700 Metern zu Wohnsiedlungen. Der Untersuchung zufolge sind somit insgesamt 3,1 Prozent der Landesfläche geeignet, um dort Windräder zu bauen. Damit übertrifft das Land eine Forderung der Bundesregierung: Bundesweit sollen insgesamt zwei Prozent der Fläche für den Ausbau der Windkraft zur Verfügung gestellt werden, NRW muss 1,8 Prozent der Landesfläche beisteuern. Die Landesregierung hat sich darüber hinaus auch selbst ehrgeizige Ziele beim Bau von Windparks gesetzt: Bis 2027 will sie insgesamt 1000 neue Windräder in Betrieb nehmen.
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Sind die Pläne der Landesregierung realistisch?
Die Landesregierung selbst gibt sich optimistisch. Bei einem gemeinsamen Besuch mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in einem Bürgerwindpark in Simmerath verkündete NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) jüngst, NRW habe den „Windkraft-Turbo“ gezündet. Die Forderung des Bundes, 1,8 Prozent der Landesfläche für die Windkraft auszuweisen, werde man deutlich früher erreichen als geplant: nämlich bereits 2025 und nicht erst 2032. Und: „in diesem Jahr wurden bereits 178 Windenergieanlagen genehmigt. Damit liegen wir mit deutlichem Abstand auf Platz eins in Deutschland.“
Das Ziel, bis 2027 insgesamt 1000 Windräder zu bauen, nennt der Landesverband Erneuerbare Energien NRW (LEE) unter den neuen Voraussetzungen „ambitioniert, aber zu schaffen“. „Wir erleben gerade eine Aufbruchsstimmung im Land, nicht nur bei den Kommunen, sondern auch bei Industrie und Gewerbe“, so Sprecher Ralf Köpke. Denn die Industrie brauche dringend kalkulierbaren Ökostrom und sei deshalb zuletzt zum Treiber des Ausbaus geworden. Dennoch seien die Genehmigungsverfahren noch immer zu langwierig. Und sei ein Windrad erst einmal genehmigt, dauere es in der Regel noch zwei Jahre, bis es gebaut und in Betrieb genommen werden könne. „Deshalb ist damit zu rechnen, dass wir ab 2025 einen stärkeren Windkraftausbau sehen werden.“
Der LEE hat hatte schon lange die Abschaffung des „unsäglichen 1000-Meter-Mindestabstands“ gefordert. Die Vorgabe habe zu großer Verunsicherung bei Kommunen und Kreisen geführt. Die falle jetzt weg.
Was bedeutet der Wegfall der Abstandsregel für die Stadt Köln?
Die Stadt Köln teilt auf Anfrage mit, dass die Potentialanalyse des Landes NRW bereits nicht mehr die 1000-Meter-Abstandsgrenze berücksichtigt habe. Durch das Wegfallen der Grenze ergäben sich für die Stadt also keine zusätzlichen möglichen Flächen für Windräder. Allerdings habe das Land Bereiche für den Schutz der Natur für Windräder grundsätzlich freigegeben. „Diese sind im aktuellen Regionalplan planerisch festgelegt. Dadurch könnten sich auch für Köln neue Potentiale ergeben.“ Um diese genau beziffern zu können, bedürfe es jedoch einer Prüfung der Bezirksregierung.
Bislang gibt es noch keine Windräder in Köln. Die Rhein-Energie hat aber bereits in einer eigenen Standortanalyse geeignete Standorte identifiziert. Darauf aufbauend plant sie unter anderem zwei Projekte im Kölner Norden – eins entlang der A57 und eins in Worringen. Hier müsse jedoch zunächst planungsrechtliche Zulässigkeit geschaffen werden und danach das formelle Genehmigungsverfahren durchlaufen werden. „Optimistisch betrachtet können wir davon ausgehen, dass frühestens 2026/2027 die ersten Windenergieanlagen in Köln in Betrieb gehen“, teilte eine Sprecherin mit.