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Widerspruch bei Strom-KündigungWie Verbraucher Schadenersatz beantragen können

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Strommast

Die Strompreise sind zuletzt massiv gestiegen.

Köln – An den Energiemärkten reiht sich derzeit eine schlechte Nachricht an die nächste. Strom- und Gasanbieter erhöhen die Preise teils im Wochenrhythmus, Anbieter stellen die Belieferung ein oder melden gar Insolvenz an. Auf Vergleichsportalen sind derzeit kaum noch Angebote zu finden. In Köln ist die Hotline des Grundversorgers Rhein-Energie nach Preiserhöhungen und Wechseln völlig überlastet. Die Lage ist unübersichtlich. Für Privathaushalte ist es in diesen Tagen zunehmend schwierig, die eigenen Rechte und Optionen zu überblicken. Wann ist bei einer Kündigung Schadenersatz möglich? Wer hat die Preise erhöht? Wo haben Neukunden noch Chancen auf einen bezahlbaren Tarif?

Wieso steigen die Preise?

Die Gründe für den Preisanstieg an den Großmärkten sind vielfältig. Zum einen hat sich die Wirtschaft in vielen Ländern schneller von den Folgen der Pandemie erholt als erwartet – was die Energienachfrage treibt. Hinzu kommen Faktoren, die das Angebot belasten: So wurde Russland im Herbst vorgeworfen, Gaslieferungen künstlich zu verknappen. Im Ausland sorgten Dürren und Windflauten dafür, dass weniger Energie aus erneuerbaren Quellen bezogen werden konnte.

Ein wichtiger Faktor ist außerdem der CO2-Preis, der zum Jahresbeginn weiter gestiegen ist. Bei all den Problemen gibt es aber auch eine positive Nachricht: So ist die EEG-Umlage, mit der die Energiewende finanziert werden soll, in Deutschland Anfang Januar gesunken.

Was tue ich, wenn mein Anbieter die Preise erhöht, obwohl ich einen Vertrag mit Preisgarantie habe?

„Das ist nicht zulässig“, sagt Dagmar Blachmann, Beraterin bei der Kölner Verbraucherzentrale und dort auf den Energiemarkt spezialisiert. „Die Anbieter stützen sich in ihrer Argumentation darauf, dass die Beschaffungskosten gestiegen sind – aber die Preisgarantie soll ja genau dagegen absichern.“ Sie empfiehlt, einer solchen Preiserhöhung zu widersprechen und sich auf die Vertragsgrundlage zu berufen.

Ein Problem ist dabei allerdings, dass Unternehmen häufig nicht auf Schreiben von Endverbrauchern reagieren. In einem solchen Fall sollten diese ihre monatlichen Abschläge weiter zahlen wie gehabt und sie nicht entsprechend der Forderung erhöhen. Wenn nach vier Wochen noch immer keine Antwort vorliegt, können sie sich an die Schlichtungsstelle Energie EV wenden. Für Kunden ist die Schlichtung kostenfrei, Firmen müssen sie bezahlen.

Und was, wenn der Versorger gleich den Vertrag kündigt?

In einem ersten Schritt sollten die Verbraucher Zahlungen an den Anbieter stoppen und entsprechende Lastschriften widerrufen. Darüber hinaus muss der Zählerstand abgelesen und dem alten Versorger sowie dem Ersatzversorger mitgeteilt werden. „Danach sollten die Kunden der Kündigung widersprechen und fordern, weiter beliefert zu werden“, so Blachmann.

Denn die derzeit so häufig ausgesprochenen außerordentlichen Kündigungen seien unrechtmäßig. Blachmann empfiehlt, in einem Schreiben außerdem gleich die Forderung von Schadenersatz anzukündigen: nämlich die Differenz zwischen dem im Vertrag festgeschriebenen Preis sowie dem neuen Preis des Grundversorgers, in dessen Zuständigkeit man bei einem Belieferungsstopp automatisch fällt.

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Achtung: Bei einer ordentlichen Kündigung greift dieser Mechanismus nicht. Ein Sonderfall ist außerdem die Insolvenz des Anbieters. Hier können die Verbraucher ihren entstandenen Schaden zwar zur Insolvenztabelle anmelden. „Aber bei den Insolvenzen der vergangenen Jahre war da nichts mehr zu holen“, sagt Blachmann. Endverbraucher stehen mit ihren Forderungen in Insolvenzverfahren ganz am Ende der zu befriedigenden Gläubiger.

Wer aus dem Tarif fällt, landet automatisch beim zuständigen Grundversorger – und die sind normalerweise vergleichsweise teuer. Gibt es günstigere Alternativen?

Damit die Energieversorgung auch im Fall einer Kündigung gesichert bleibt, gehen Verbraucher, die keinen neuen Vertrag abschließen, automatisch in die sogenannte Ersatzversorgung ihres örtlichen Grundversorgers über. Die können sie jederzeit kündigen und sich einen alternativen, gegebenenfalls günstigeren Anbieter suchen. Allein: „Einen zu finden ist aktuell nicht so einfach“, sagt Blachmann.

Denn zwar hat Kölns Grundversorger, die Rhein-Energie, die Preise für Neukunden zuletzt stark angehoben – doch bei der Konkurrenz sieht es gerade mit Blick auf die Strompreise derzeit nicht besser aus. „Da müsste man sicherlich eine Weile suchen, um etwas zu finden“, so Blachmann. Beim Gas habe es dagegen zuletzt auf Vergleichsportalen noch günstigere Angebote gegeben.

Was muss man bei der Suche in Vergleichsportalen derzeit beachten?

Blachmann empfiehlt, die auf Vergleichsportalen ausgegebenen Preise unbedingt auf den Seiten der entsprechenden Anbieter zu überprüfen. „Die Portale kommen derzeit nicht immer damit hinterher, die vielen Änderungen einzupflegen.“ Und wenn sich dort einmal kein passendes Angebot finde, könne es sich auch lohnen, manuell auf den Seiten einzelner Versorger nachzuschauen.