In unserem Sonnensystem soll es einen neunten, bisher unentdeckten Planeten geben. Er soll sich am Rand des Systems befinden und könnte sogar für Kometenschauer auf die Erde verantwortlich sein. Aber warum wurde dieser Himmelskörper bis heute noch nicht gefunden?
Unser SonnensystemAuf der Suche nach dem neunten Planeten
Acht Planeten gibt es in unserem Sonnensystem: Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun. Pluto gilt nicht mehr als Planet, weil er zu klein ist. Aber gibt es einen weiteren, bisher noch unentdeckten Himmelskörper?
Die Astrophysiker Daniel Whitmire und John Matese hatten schon 1985 über das Vorhandensein eines weiteren Himmelskörpers spekuliert, den sie damals, als Pluto noch mitgezählt wurde, den zehnten Planeten oder Planet X nannten. Der Grund für ihre Annahme waren die auffälligen Flugbahnen von Himmelsobjekten im äußeren Bereich des Sonnensystems. Diese scheinen stark elliptisch zu verlaufen, ganz so, als würden die Objekte durch irgendetwas abgelenkt. Da Pluto kleiner sei als bisher gedacht, müsse es einen anderen Planeten am Rande des Sonnensystems geben, der durch seine Anziehungskraft die Flugbahnen der Objekte beeinflusst, vermuteten die Forscher.
Seine Gravitationskräfte sollen Objekte beeinflussen
Im Jahr 2016 gewann die Theorie eine breitere Anhängerschaft: Die Astronomen Michael Brown und Konstantin Batygin hatten neue Hinweise auf die Existenz eines neunten Planeten gefunden.
Sie hatten die Flugbahnen von sechs „transneptunischen Objekten“ genauer untersucht: von Himmelskörpern in einer Kuipergürtel genannten Region außerhalb des äußersten Planeten Neptun. Anhand der gewonnenen Daten kalkulierten sie, dass es einen Planeten geben müsse, der durch seine Gravitationskräfte die Flugbahnen der Objekte beeinflusst und zu einer Ansammlung von Himmelskörpern in einer bestimmten Region des Sonnensystems führt.
Dieser Planet müsse mehr als zehnmal so viel Masse wie die Erde haben und tausendmal weiter als diese von der Sonne entfernt sein, berechneten sie. Für eine Umrundung der Sonne würde er 10?000 bis 20?000 Jahre benötigen.
Der Himmelskörper hat wohl einen Eisenkern
Whitmire legte mit einer weiteren Veröffentlichung nach. Darin bekräftigte der US-amerikanische Astrophysiker seine Vermutung, dass der neunte Planet die Ursache für Kometenschauer sein soll, die alle 27 Millionen Jahre auf die Erde niedergehen. Diese würden entstehen, wenn der Planet den Kuipergürtel durchquert: Denn dadurch würden Himmelskörper aus dieser Region zur Erde geschleudert.
Die Kalkulationen Whitmires wichen allerdings von denen Browns und Batygins ab. Er glaubte, dass der neunte Planet ein- bis fünfmal so viel Masse wie die Erde habe und nur hundertmal weiter als diese von der Sonne entfernt sei. Eine Simulation von Forschenden der Universität Bern ergab etwas anderes. Nämlich, dass Planet neun etwa 700-mal weiter von der Sonne entfernt sei als die Erde und einen Durchmesser haben müsste, der 3,7-mal so groß ist wie der unseres Planeten. Er soll demnach einen Eisenkern haben, umgeben von einer Schicht aus Silikat und Eis und einer Hülle aus Wasserstoff und Helium.
Fünf Jahre später erschien 2021 im „Planetary Science Journal“ ein Beitrag, in dem Forschende die Existenz des neunten Planeten infrage stellten. Sie wiesen darauf hin, dass die Analysen von Brown und Batygin ungenau gewesen seien. Es gebe keine echten Hinweise auf einen unentdeckten Himmelskörper.
In einer Veröffentlichung von 2020 brachten zwei Wissenschaftler eine neue Theorie ins Spiel: Die unerklärlichen Phänomene könnten anstatt durch einen neunten Planeten durch ein kleines schwarzes Loch verursacht werden. Auch dieses könnte durch seine Gravitation die Flugbahnen der Himmelskörper beeinflussen. Bei der Suche sollte auch das berücksichtigt werden.
Warum ist Planet neun so schwer zu finden?
Was aber wird unternommen, um den neunten Planeten aufzuspüren, und warum ist er so schwer zu finden, wenn es ihn geben sollte? Immerhin können Instrumente wie das James-Webb-Weltraumteleskop Aufnahmen aus den Tiefen des Universums liefern. Die Schwierigkeit besteht darin, dass die Position des vermuteten Planeten unbekannt bleibt. Weltraumteleskope liefern Aufnahmen aus einem bestimmten Teil des Alls und sind nur hilfreich, wenn man weiß, in welcher Region man nach fernen Sternen und Galaxien suchen soll.
Näher an der Erde als vermutet
Die amerikanische Weltraumbehörde Nasa ließ sich bei der Suche von der Bevölkerung unterstützen. Im Rahmen des Projekts „Backyard Worlds: Planet 9“ haben fast 80?000 Freiwillige geholfen, Aufnahmen des Teleskops „Wise“ zu durchmustern. Entdeckt wurden tatsächlich etliche neue Himmelskörper: braune Zwerge, die eine Stellung zwischen Planeten und Sternen einnehmen. Planet neun blieb jedoch weiter unauffindbar. (RND)
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