„Astenkick“, Skydiving, Achterbahn7 Orte in NRW für einen richtigen Adrenalinkick
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Das Herz pocht bis zum Hals, die Knie sind puddingweich, der Magen grummelt. Im Wind hoch oben auf der Plattform stehend fragt man sich, ob es wirklich eine so gute Idee ist, sich jetzt mit Vollgas an einem daumendicken Seil in die Tiefe zu stürzen. Doch die Antwort unten, nach rund einer Minute Flug über die Baumwipfel entlang einer sommergrünen Skipiste, fällt bei allen Fliegern eindeutig aus: „Das war einfach toll! Es hätte aber ruhig noch viel, viel länger dauern können.“
„Astenkick“ – der umweltfreundliche Adrenalinkick
Der „Astenkick“ im Winterberger Ortsteil Altastenberg unmittelbar neben dem Kahlen Asten ist eine umweltfreundliche Version von Nervenkitzel. Je einen Kilometer lang sind die beiden Stahlseile, die nach unten führen; von oben sieht das 130 Meter tiefer gelegene Ziel im Tal blutdrucksteigernd sehr weit weg aus. Der trotzdem entschlossene Flieger kann sich für die sitzende Position im Gurt (etwas langsamer) oder die hängende Version bäuchlings mit dem Kopf voran (schneller) entscheiden. „Ich habe heute Nacht sehr schlecht geschlafen“, bekennt Norbert Mack aus Velbert, der das Geburtstageschenk seiner Frau Gudrun zunächst einmal skeptisch angeht. Doch entschlossen lässt er sich mit Helm und Gurtsystem ausstatten, auf der acht Meter hohen Plattform einklinken und wartet gespannt auf „Drei, zwei, eins – los“.
Während sich der Parkplatz mit weiteren Autos aus Mettmann, Itzehoe oder Berlin füllt, kreist majestätisch ein Raubvogel über der Anlage. Es ist ein stolzer Rotmilan. „Der besucht uns hier öfters“, sagt Astenkick-Betriebsleiter Sebastian Barnert, ein Sauerländer. „Wir sind sehr eng in die Natur eingebunden. Und unsere Zipline ist absolut umweltverträglich: Sie wird allein durch die Schwerkraft angetrieben.“
Aber wie kommt man auf eine solche Idee? Als Student habe er einen Fernsehbeitrag über eine Familie in Chile gesehen, berichtet Barnerts langjähriger Freund Christian Mienert, heute Geschäftsführer von „Astenkick“. „Die beiden kleinen Töchter trennte ein tiefes Tal mit steilen Pfaden von ihrer Schule. Also befestigte der Vater auf beiden Seiten ein langes Telefonkabel und bastelte eine Rolle mit einem Fahrradlenker darunter, an dem sich die Kinder festhalten konnten. Das hat tatsächlich funktioniert, und wir dachten: So etwas müsste auch in unserer Heimat möglich sein. Damit könnten wir doch sportliche Touristen begeistern, zumal hier auch E-Biking und Wandern immer mehr im Trend sind.“
„Letzten Sommer sind wir regelrecht überrannt worden"
Die beiden fanden für ihr außergewöhnliches Projekt eine Firma in Südtirol, die einstellbare Laufwerke konstruiert, und experimentierten unter anderem mit Gurten für Drachenflieger, bis die richtige Lösung gefunden war. 2017 wurde das erste mächtige Betonfundament gegossen, im August 2018 fand die Eröffnung statt. Über Kosten reden die Betreiber nicht, lassen aber durchblicken, dass der „Astenkick“ erst in einigen Jahren in die schwarzen Zahlen fliegen wird. Bange ist den Unternehmern trotzdem nicht: „Letzten Sommer sind wir regelrecht überrannt worden.“ Eine Voranmeldung ist daher erforderlich.
Vor dem Start wird jeder Teilnehmer gewogen. Denn der „Astenkick“ ist eine computergestützte Hightech-Anlage, die es ermöglicht, dass etwa ein Vater und seine deutlich leichtere Tochter an zwei parallelen Seilen nebeneinander herfliegen können. Dafür sorgt unter anderem eine Wirbelstrombremse in jeder Rolle, die eingestellt werden kann. Geflogen wird bei fast jedem Wetter, auch im Winter, was einen besonderen Reiz bietet. Regen, so Mienert, bremse das Rollenseil etwas, auch die Wirkung des Windes wird ständig neu berechnet.
„Sicherheit schreiben wir groß“
„Sicherheit schreiben wir groß“, betont Betriebsleiter Barnert. „Jeder Karabinerhaken ist nummeriert und hat einen TÜV-Stempel. Das Institut für Fördertechnik und Logistik an der Universität Stuttgart überprüft einmal im Jahr unsere Seile durch einen Roboterschlitten mit einer Röntgen-Kamera.“ Norbert Mack ist unterdessen im Talgrund ankommen, eine Bremse stoppt ihn, er schaukelt noch ein paar Sekunden und wird dann auf einem zweiten Gerüst vom wartenden Christian Mienert ausgeklinkt. „Dem Seil ist es egal, ob ein Mensch daran hängt. Es kann bis zu 26 Tonnen Gewicht tragen“, erläutert Mienert. „Wir könnten problemlos unseren Kleinbus daranhängen, mit dem wir die Flieger nach oben zu ihren Autos oder Fahrrädern zurückfahren.“
Mienert spricht in sein Funkgerät, gibt die Strecke wieder frei. Nonstop kommen an diesem Morgen die nächsten Tollkühnen. „Das macht Spaß“, stellen auch Silvia Gluza und Martin Kirchhoff aus Mülheim fest. Am Anfang sei es schon sehr schnell gegangen, aber insgesamt wesentlich entspannter als eine eher unberechenbare Achterbahnfahrt. Laut Sebastian Barnert sei zuletzt sogar eine 93-Jährige geflogen. Grenzen lägen nur beim Maximalgewicht von 130 Kilogramm im Liegend- und 140 Kilo im Sitzgurt sowie durch eine Körpergröße von mindestens 1,50 Meter. „Denn die Gurte müssen perfekt passen.“
Sie hätten bereits erfreulich viele Stammkunden, berichten die Initiatoren. Auch die gerade gelandete Andrea Eichholz aus Stadtlohn ist auf den Geschmack gekommen, hat aber gleich eine neue Herausforderung im Blick: „Das war super. Jetzt will ich unbedingt Fallschirmspringen.“
Anfahrt: Wer sich durch Staus im Ruhrgebiet ins Hochsauerland „durchkämpfen“ muss, sollte je nach Termin beim „Astenkick“ einen Tag vorher anreisen, um seinen Höhenflug entspannter zu genießen. Unterkünfte gibt es rund um Winterberg in jeder Preisklasse, darunter das liebenswerte „Kleine Hotel Wemhoff“ in Altastenberg, nur wenige Meter vom „Astenkick“ entfernt.
Kontakt: Am einfachsten ist die Terminbuchung unter www.astenkick.de. Sie sollte spätestens 24 Stunden vorher erfolgen; besonders an Wochenenden ist der Andrang groß. Ein Einzelflug kostet zwischen 28 und 32 Euro. Tel. 02981-9199158. Adresse fürs Navi: Astenstraße 75, 59955 Winterberg (Altastenberg).
Sechs weitere Orte für aufregende Adrenalinkicks in NRW
1. Welt der Wasserrutschen
Wer schon einmal in der Region ist und Wasser mag, für den ist das AquaMagis im sauerländischen Plettenberg ein reizvolles Ziel: Auch dort geht es um Fliegen und Geschwindigkeit – auf insgesamt zwölf Rutschen mit Namen wie „Storm Force 1“: Der Besucher wird auf Luftkissen per Windmaschine mit bis zu 100 km/h durch die Kurven katapultiert. Eine bunte Röhrenwelt macht schon von außen deutlich, dass dieses Abenteuerbad außergewöhnlich ist. So gibt es wohl nur in Plettenberg eine Wasserrutsche, die im Stehen zu absolvieren ist. Das AquaMagis bietet aber Angebote für die ganze Familie.
„Kletterwald schwindelfrei“ – dieser Name ist Programm: 17 Hochseil-Strecken unterschiedlicher Schwierigkeitsgrade warten in Brühl bei Köln auf große und kleine Besucher. Der niedrigste Weg durch die Luft ist ein Meter hoch, der höchste reicht bis hinein in die Baumkronen in rund 20 Meter Höhe. Wem das nicht abenteuerlich genug ist: Gleich 45 Meter senkrecht nach unten geht es von einem speziellen Kletterturm mit einem System aus Leitern, Stegen und Griffen, dessen Anblick bereits für eine verstärkte Adrenalin-Zufuhr sorgt. Wer es weniger aufregend mag oder noch ein Kind ist, der kann Bogenschießen, Spaß in einer Riesenschaukel haben oder auf GPS-Tour gehen.
Weniger als fünf Kilometer vom Kletterwald entfernt liegt der Klassiker unter den Freizeitparks, das Phantasialand. Auch wenn das Angebot sehr breit und für die ganze Familie gedacht ist, so bietet der Park mit seinen Achterbahnen gleich mehrere überdurchschnittliche Adrenalin-Kicks an, darunter mit 1300 Metern Strecke die längste Dunkelachterbahn der Welt. Das ist nichts für jedermann, sondern im wahrsten Wortsinn atemberaubend: Man fühlt sich wie in einem wild dahinkurvenden Überschall-Jet, kurze Momente kompletter Orientierungslosigkeit inklusive. Insgesamt gibt es im Phantasialand acht Achterbahnen, darunter den „Taron“, mit 117 km/h der schnellste Multi-Launch-Coaster der Welt. Kein Superlativ, aber dennoch beeindruckend: Nach der Corona-Zwangspause wartet die neue Themenwelt „Rookburgh“ mit der Achterbahn „Fly“ auf Besucher. Dabei hängen die Wagen unter der Schiene und vermitteln das Gefühl, frei durch die Anlage zu fliegen.
Hier trainieren auch Profis wie die Fallschirmjäger der Bundeswehr: Der mehr als 280 km/h schnelle Luftstrom im Windtunnel des „Indoor Skydiving“ in Bottrop vermittelt hautnah den freien Fall eines echten Fallschirmsprungs, und dies ohne jedes Risiko. Eine Minute im Windkanal entsprechen dabei einem Sprung aus mehreren tausend Metern. Einsteiger können in dem Turm aus Schallschutz-Panzerglas ganz ohne jegliche Vorkenntnisse bis zu 17 Meter hoch abheben, während die Profis das echte Flugverhalten schätzen und sich so wetterunabhängig verbessern können. Eine außergewöhnliche Architektur mit viel Glas ermöglicht es dem Zuschauer, direkt beim Betreten der Anlage das atemberaubende Flugerlebnis live zu erleben.
Fast schwerelos in einer durchsichtigen Riesenkugel mit Schwung den Abhang hinunter – das Zorbing erfreut sich großer Beliebtheit bei allen, für die eine Achterbahn nur noch ein müder Kick ist. „Actionball“ heißt der Trend aus Neuseeland, bei dem zwei „Zorbonauten“ im Inneren der aufblasbaren Kugel bergab oder auch auf einer flachen Strecke rollen, wobei bis zu 50 km/h erreicht werden können. Gekugelt wird im Märkischen Kreis, der Magen sollte schon robust sein.
Für das Downhill-Mountainbiking muss man sportlich sein: Es geht darum, schnellstmöglich eine mit natürlichen Hindernissen gespickte Strecke zu bewältigen. Es gibt in NRW zahlreiche Bike-Parks, in denen man das üben kann, bevor man ins Gebirge geht, als Krönung den Bikepark Winterberg mit insgesamt elf Strecken über zwölf Kilometer. Angeboten werden Übungsparcours, Wald- und Rennstrecken, auch für Anfänger und Kinder.
Weitere Infos unter www.bikepark-winterberg.de. Tel.: 029 81 - 91 99 909. Die Adresse fürs Navi: Kapperundweg 3, 59955 Winterberg.
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