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Gründer-Familie im Gespräch
Warum das Phantasialand trotz großer Risiken in Brühl gebaut wurde

Lesezeit 5 Minuten
Blick aus einem Wohngebiet in Brühl auf den Turm des Mystery Castle im Phantasialand.

Blick aus einem Wohngebiet in Brühl auf den Turm des Mystery Castle im Phantasialand.

Der Freizeitpark hadert bereits seit den Anfangsjahren mit dem Standort. Dennoch wollte man hier bauen, erklärt die Gründer-Familie.

Das Phantasialand ist einer der beliebtesten Freizeitparks Europas und für seine immersiven Themenwelten und spektakulären Achterbahnen wie „Black Mamba“ oder „F.L.Y.“ auf der ganzen Welt bekannt. Doch wie kaum ein anderer Park hadert das Phantasialand mit seinem Standort in Brühl. Die Familie um den verstorbenen Freizeitpark-Gründer Richard Schmidt erklärt im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, warum der Park unbedingt hier am Berggeistweiher gebaut werden musste.

Die Diskussion um eine Erweiterung des Freizeitparks könnte kaum aktueller sein. Der Parkdirektor des Phantasialand betonte erst kürzlich, die Pläne seien für eine nachhaltige Standortsicherung erforderlich. Nun gab es auch Signale aus der Politik, sich nicht mehr gegen Gespräche stellen zu wollen.

Phantasialand: Standort-Problematik von Beginn an

Die Standort-Problematik war jedoch bereits seit den Jahren der Eröffnung des Phantasialand allgegenwärtig. Dennoch gab es viele Gründe, warum der Freizeitpark ausgerechnet hier in Brühl gebaut werden sollte. Diese Motive waren in vielerlei Hinsicht persönlicher Natur.

Generell stand hinter der Gründung eines Freizeitparks die Sehnsucht und der Wunsch nach einem beständigen Arbeitsleben, erinnert sich Nina Halberkann. Sie ist die Tochter der Schwester von Freizeitpark-Gründer Richard Schmidt. Die heute 69-Jährige ist quasi auf Reisen geboren. Denn ihre Eltern waren bekannte Schausteller, die mit ihren Marionetten durch Deutschland tourten.

Phantasialand-Gründerfamilie traf sich in Brühl zwischen Tour-Terminen

Mit dem Bau des damaligen Märchenparks in Brühl wollte man dem großen Fundus an Marionetten und Requisiten ein dauerhaftes Zuhause geben. Zudem verband sich damit die Aussicht, die langen Winterpausen, in denen die Familie keine Engagements hatte, endgültig zu überbrücken.

„Auf Brühl war man überhaupt gekommen, weil der Onkel Schmidt, dem kreativen Visionär unserer Familie, hier seinen Wohnsitz hatte“, erklärt Nina Halberkann. Hier in der Mitte Deutschlands hatte man sich in den vergangenen Jahren in der Winterpause getroffen, um an den Puppen und Requisiten sowie an einem neuen Programm zu arbeiten.

Phantasialand-Gründer Richard Schmidt (r., im Alter von 16 Jahren) mit seiner Schwester Emmy bei einer Marionetten-Vorstellung

Phantasialand-Gründer Richard Schmidt (r., im Alter von 16 Jahren) mit seiner Schwester Emmy bei einer Marionetten-Vorstellung

Die Familie hatte sich mit ihren schaustellerischen Engagements aufgeteilt. Brühl war damals als der Ausgangspunkt der Tour-Reisen ausgewählt worden. „Richard Schmidt und seine Ehefrau gingen im südlichen Raum, meine Eltern im nördlichen Raum. Also von Hamburg bis Mitte Deutschland, Herr Schmidt von Mitte Deutschland bis München“, so die Gründer-Nichte.

In Brühl fühlte man sich Zuhause – Haus steht noch heute am Phantasialand

Doch die Bindungen nach Brühl gingen weiter, als die aus schaustellerischer Sicht rein strategischen Erwägungen. Zwar kam die Familie nicht aus dem Rheinland, doch Richard Schmidt hatte schon damals in der Siedlung in Brühl sein Haus gehabt. Noch heute, auch nach dem Tod des Freizeitpark-Gründers, lebt die Familie Schmidt in diesem Haus mit Blick auf das Phantasialand.

Eine Szene aus dem früheren Märchenwald im Phantasialand. Viele der Marionetten wurden hier dauerhaft ausgestellt.

Eine Szene aus dem früheren Märchenwald im Phantasialand. Viele der Marionetten wurden hier dauerhaft ausgestellt.

In Brühl fühlte man sich Zuhause, angekommen. Im Keller des Hauses war eine Werkstatt, wo man an den Marionetten arbeiten konnte. Hier kam die Familie zusammen, erholte sich von den Strapazen der Reisen und feierte Weihnachten.

Das Herz von Phantasialand-Gründer Schmidt schlug für den 1. FC Köln

Neben einer gewissen Heimatverbundenheit spielte aber auch ein Verein eine entscheidende Rolle. Nämlich der 1. FC Köln. „Der Schmidt wohnte in Brühl, aber sein Herz schlug für den Effzeh“, erinnert sich Reiner Halberkann, der Ehemann der Gründer-Nichte. „Der Schmidt war sein Leben lang dem 1. FC Köln verbunden.“

Der Verein habe Richard Schmidt sogar zum Präsidenten ernennen wollen, so eng waren die Beziehungen, auch wenn der Phantasialand-Gründer ablehnen musste. „Der Schmidt kannte die alle vom FC Köln“, so Reiner Halberkann weiter. Später engagierte sich Schmidt auch wiederholt auch finanziell für den 1. FC Köln. Als es um Bodo Illgner ging etwa, habe Schmidt viel Geld gegeben, um ihn in Köln halten zu können.

Phantasialand direkt vor dem eigenen Haus in Brühl gebaut

Schließlich habe der Plan für einen Märchenpark dann festgestanden. „Und dann wurde dieses Gelände da drüben“, deutete die Gründer-Nichte beim Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ in Richtung des heutigen Phantasialand, „das wurde angemietet.“

Historisches Foto vom Phantasialand im Eröffnungsjahr.

Historisches Foto vom Phantasialand im Eröffnungsjahr.

Noch heute wohnen die Nachfahren der Familie Schmidt in unmittelbarer Nähe zum Freizeitpark. Früher hat der Phantasialand-Gründer selbst in einem der Häuser oberhalb des Parkgeländes gewohnt. Durch einen Privatzugang im Garten war man über Jahrzehnte hinweg zur Arbeit in den Freizeitpark gegangen, um an neuen Attraktionen zu arbeiten.

Die unmittelbare Nähe zum Wohnort war praktisch. Doch von Beginn an habe es bereits Probleme mit dem Standort in Brühl gegeben. Und Richard Schmidt habe schon damals oft gesagt, wenn er gewusst hätte, wie erfolgreich das Projekt Freizeitpark wird, dann hätte er sich ein ganz anderes Gelände gesucht, wo man sich weiter hätte ausbreiten können, erinnert sich Nina Halberkann.

Phantasialand war ein großes Risiko für die Familie

Damals nach der Eröffnung 1967 beschränkte sich das Gelände des Phantasialand noch auf ein Gebiet um den See herum. Das Gebiet war noch nicht so dicht besiedelt wie heute und bestand weitestgehend aus Weideflächen und Ackerland.

Der Bau des Drachenkopfes, in den Gäste mit der Gondelbahn einfuhren, setzte neue Maßstäbe im Phantasialand. Die Bahn wurde 1970 eröffnet und erfreute sich jahrzehntelang großer Beliebtheit.

Der Bau des Drachenkopfes, in den Gäste mit der Gondelbahn einfuhren, setzte neue Maßstäbe im Phantasialand. Die Bahn wurde 1970 eröffnet und erfreute sich jahrzehntelang großer Beliebtheit.

Das Phantasialand sei ein großes Risiko für alle Beteiligten gewesen. Alles sollte auf Kommission abgewickelt werden, erinnert sich die Gründer-Nichte an die damaligen Sorgen ihrer Familie. Das Haus sei schnell verpfändet gewesen.

Bauern waren nicht begeistert über das Phantasialand

„Und mit den Anwohnern hat es immer etwas Ärger gegeben“, berichtet Nina Halberkann. „Das waren ja alles Bauern. Die waren nicht gerade begeistert, als die hörten, dass hier auf ihren Weiden ein großer Spielplatz für Kinder gebaut werden sollte. Nicht zuletzt hatten die Angst, dass ihre Wiesen durch Pommesfett verunreinigt werden würden.“

Historisches Foto aus dem Phantasialand in Brühl

Historisches Foto aus dem Phantasialand in Brühl

Auch der damalige Brühler Bürgermeister habe das Thema Märchenwald wohl etwas unterschätzt und das Projekt Phantasialand eher belächelt. „So Jungs“, habe er laut Reiner Halberkann zu den damals jungen Gründern Richard Schmidt und Gottlieb Löffelhard gesagt, „dann seht mal zu, dass ihr nicht zu schnell wieder pleite seid.“

Enormer Erfolg änderte alles für das Phantasialand

Doch bereits in der ersten Saison wurde der Freizeitpark durch den enormen Besucherandrang regelrecht überlaufen. „Die Gäste haben hier alle wild entlang der B51 zwischen den Bäumen geparkt“, erinnert sich Halberkann.

Eine Situation, die bei vielen ansässigen Bauern dann für einen Sinneswandel sorgte. Spontan wurden die Autos auf die umliegenden Weiden gelotst. Natürlich für ein gewisses Entgelt, eine Mark fürs Parken, muss das früher gewesen sein.

Daraus sei zumindest bei einigen Bauern ein völlig neues Geschäftsmodell resultiert. Reiner Halberkann: „Also die waren dann natürlich begeistert. Der Bauernhof war dann im nächsten Jahr passé. Die haben dann nur mit Parkplätzen ihr Geld verdient. Auch heute noch.“