Hiob und der Weiße HaiDer Ausblick auf das Theaterjahr 2015
Die „Genesis“ ist gerade abgespielt, da legt Hausregisseur Rafael Sanchez im Schauspiel Köln mit dem „Hiob“ (Premiere 10. Januar, Depot 1) nach, diesmal allerdings nicht mit der Bibel in der Hand vom Blatt gespielt, sondern nach dem Roman Joseph Roths. Und wie es der Zufall oder die göttliche Fügung will, am Schauspiel Bonn wird Sandra Strunz eben diesen Hiob ebenfalls dramatisieren, nur einen Monat später (Premiere 5.?Februar, Kammerspiele).
In Köln bleibt Intendant Stefan Bachmann indes den großen Erzählungen treu, will selbst den „Parzival“ nach Wolfram von Eschenbachs spätmittelalterlicher Verserzählung auf die große Bühne bringen (Premiere 6. Februar, Depot 1), während Gastregisseur Sebastian Baumgarten Dante Alighieris „Göttliche Komödie“ in einen gewaltigen Bilderreigen verwandeln will (Premiere 11. April, Depot 1). Ende Mai präsentiert Angela Richter dann ihr multimediales Langzeitprojekt „Avantgarde der Supernerds“ in Co-Produktion mit dem WDR-Fernsehen (Premiere 29. Mai, Depot 1).
Die spannendste Frage in Köln bleibt aber, wie und vor allem wo es nach den Sommerferien weitergeht. Ob das sanierte Schauspielhaus im November bezugsfertig sein wird? Nicht umsonst findet die letzte Premiere der Spielzeit 2014/15 in der Halle Kalk statt, Robert Borgmann dramatisiert Knut Hamsuns „Segen der Erde“ (Premiere 3. Juni), denn zumindest in der Außenspielstätte kann der Betrieb 2015/16 sofort wieder aufgenommen werden.
Und die Nachbarn? In Bonn hat das Autorenduo Jakob Nolte und Michel Decar Ibsens „Ein Volksfeind“ mit Steven Spielbergs „Der weiße Hai“ zu „Der Volkshai“ verwurstet. Doch, sie haben richtig gelesen (Premiere 24. Januar, Werkstatt). Mit Patrick Wengenroths „Endzeitrevue“ „Chronik eines torkelnden Planeten“ (Premiere 8. Februar, Werkstatt), Sabine Harbekes Drama „Eine Nacht lang Familie“ (Premiere 27. März, Werkstatt), Bonn Parks Schildkröten-Geschichte „Traurigkeit und Melancholie (Premiere 12. Juni, Werkstatt) und Lothar Kittsteins und Oliver Bukowkis Mauerfall-Stück „Schlafende Hunde“ (Premiere 13. Juni, Kammerspiele) stehen sogar noch vier weitere Uraufführungen in Bonn an.
Eine Uraufführung gibt es immerhin auch in Düsseldorf: Die Essener Autorin Anne Lepper wird in „La Chemise Lacoste“ versuchen, den Weißen Sport als Modell für den gesellschaftlichen Aufstieg zu nehmen (Premiere 6. Februar, Kleines Haus). Die Spielzeit endet denkbar klassisch, mit Schillers „Wallenstein“, einer Co-Produktion mit dem Nationaltheater Weimar und dem Theater Erfurt.
Aufregender geht es in Kölns Freier Szene zu: Das Theater im Bauturm etwa lädt voraussichtlich vom 17. bis zum 27. Juni zum dritten Africologne-Festival ein – und stellt dabei auch sein Work-in-Progress-Projekt „Coltan“ vor, das in früheren Formen bereits in Burkina Faso und im Kongo Premieren feierte. Einen Monat zuvor treffen in der Studiobühne schwedische und deutsche Gruppen beim Theaterszene Europa-Festival aufeinander.
Impulse, das Festival für freie Theaterproduktionen im deutschsprachigen Raum wird ab 2015 jährlich stattfinden, und dabei zwischen Mülheim, Köln und Düsseldorf wandern. Für 2015 müssen sich die Kölner nun erst einmal nach Mülheim aufmachen.