Das Auge isst mit. Diesen Satz kann getrost vergessen, wer sich auf den Weg ins Kölner Dunkelrestaurant Lichtfrei macht. Dort servieren seit zwölf Jahren blinde oder sehbehinderte Kellner Gästen in absoluter Finsternis Menus, die alle Sinne ansprechen, alle bis auf einen. "Der Verzicht auf den Sehsinn bewirkt ein komplett verändertes Essverhalten", sagt Ralf Mechlinski, der Betreiber. Dadurch, dass man nicht sieht, was auf dem Teller liegt, würden alle anderen Sinne automatisch geschärft. Im Dunkelrestaurant in der Näher vom Eigelstein dürfen sich Gäste deshalb auch nach Herzenslust der Finger bedienen. Tasten, Pulen, Matschen sind erlaubt, denn auf die Tischmanieren achtet hier niemand, sobald man erstmal seinen Platz im Restaurant eingenommen hat.
Polonäse zum Platz
Doch das ist gar nicht so einfach. Wer Einlass in den komplett abgedunkelten Speiseraum begehrt, wird zunächst in einem Schleusenraum von einem der sehbehinderten oder blinden Kellner in Empfang genommen. Dann geht es in einer gänsemarschartigen Polonäse hinein. Der Kellner führt, die Gäste halten sich jeweils an den Schultern des Vorgängers fest. Vorsichtig aber bestimmt wird jeder Gast an seinen Platz dirigiert. Serviert werden dann mehrgängige Rätselmenüs, denn zum "Blindessen" gehört eben auch, zu erraten, was man isst. "Es geht ja gerade darum, per Geruch-, Geschmack-, Hör- und Tastsinn ein ganz neues Esserlebnis zu haben", sagt Mechlinski. Oft schmeckt ein Hühnchen ja nur wie Hühnchen, weil es wie eines aussieht. Im Dunkeln sind alle erlernten Geschmackserwartungen erstmal ausgeschaltet. Viel intensiver, viel bewusster, viel langsamer gestalte sich daher die Nahrungsaufnahme - und tatsächlich höre man auch auf zu essen, wenn sich ein Sättigungsgefühl einstellt.
"Schlank im Dunkeln"
Die Erfahrungen aus dem Restaurantbetrieb haben inzwischen auch zu weiteren Aktivitäten rund um das Esserlebnis im Dunkeln geführt. Firmenseminare zum Thema Teambuilding etwa. Denn tatsächlich ergeben sich im Dunkeln auch ganz andere Tischgespräche als im Hellen . "Oft trauen sich Mitarbeiter auf einmal auch Kritik zu üben am Chef" erzählt Sascha Oliver Martin, der Mechlinski bei den Seminaren unterstützt. Martin ist Fitnesstrainer und Ernährungsexperte, der gemeinsam mit Ralf Mechlinski nun auch für das jüngste Projekt verantwortlich zeichnet. Die beiden Dunkel-Experten haben nun ein Buch vorgelegt: "Schlank im Dunkeln" heißt es, genau wie ein gleichnamiges Abnehm-Seminar, das sie im Restaurant Lichtfrei anbieten. Das Prinzip des bewussteren Essens wie es in der Stockdunkelheit des Restaurants praktiziert wird, empfehlen die Autoren für einen gesünderen, achtsameren Lebensstil, der zwangsläufig auch zu einer Gewichtsabnahme führt. "Es ist keine Diät von außen, sondern eine Bewusstseinserfahrung von innen", sagt Martin.
"Ernährungsführerschein"
Wer sich intensiv mit dem, was er isst, auseinandersetzt und sich für Zubereitung und Mahlzeiten Zeit nimmt, ist schon mal auf einem guten Weg. Wer dann noch Kohlenhydrate und Alkohol weglässt, hat noch bessere Chancen, auch ein paar Kilos abzuspecken. Bei Tageslicht besehen stecken in dem mehr als 300 Seiten starken Wälzer einige Binsenweisheiten à la "Light-Produkte machen doch dick" und "Achtung, viele Getränke sind zuckerhaltig", dafür gibt es ab Seite 286 einen "Ernährungsführerschein" mit konkreten Handlungsanweisungen und Rezepten für die ersten sieben Wochen. Wer die durchhält, wird nicht mehr in alte Ernährungsfallen tappen - garantiert.
Buchtipp:
Das Buch "Schlank im Dunkeln - Abnehmen mit der revolutionären Sinnesformel" ist im Goldegg-Verlag erschienen. Es kostet 21,40 Euro.
www.schlank-im-dunkeln.de
Dunkelrestaurant "Lichtfrei" ,
Im Stavenhof 5-7, 50668 Köln, 0221/ 2005910
www.lichtfrei.de