Kolumne Köln kulinarischSie wollen Streit? Dann bringen Sie ein Veggie-Schnitzel mit
- Wenn es um fleischfreie Produkte geht, möchten Verbraucher oft genau wissen was drin ist.
- Geht es um Billigwürstchen, interessiert es nicht viele, dass sie aus Schlachtabfällen und Kleber bestehen.
- Warum kostet Fleischersatz oft so viel mehr als tierische Produkte?
- Julia Floß geht der Frage der Doppelmoral nach und hat sich nach dem angesagten „Beyond Meat"- Burger in Köln umgesehen.
Wollen Sie sich mal wieder so richtig streiten? Oder ist Ihnen gerade nach einer gepflegten Runde Bullshit-Bingo zumute? Dann bringen Sie zum nächsten Grillabend nicht die versprochenen Schweinenackensteaks mit, sondern drei Packungen Veggie-Schnitzel. Was meinen Sie, was da los ist? Völlige Eskalation. Nichts verletzt die Ehre des Fleischfressers so sehr, wie das vegetarische Ersatzprodukt. „Das ist doch alles nur Chemie und kommt aus dem Labor.“ „Wofür braucht der Vegetarier ein Schnitzel?“ „Da weiß doch niemand, was drin ist.“
Wenn es um fleischfreie Convenience-Produkte geht, ist der Verbraucher plötzlich dünnhäutig und möchte haargenau über Inhaltsstoffe informiert werden. Verstehen Sie mich nicht falsch, diese kritische Haltung gegenüber Lebensmitteln unterstütze ich sehr. Allerdings ist eine gewisse Form der Doppelmoral unübersehbar. Die Geflügelleberwurst, die zu zwei Dritteln aus Schweinefleisch besteht oder die Billigbockwurst aus Schlachtabfällen und Fleischkleber – keines dieser grenzwertigen Produkte ruft beim deutschen Konsumenten soviel Missbilligung hervor wie die Veggie-Wurst.
Veggie-Schnitzel, -Burger und -Würstchen gibt es nicht mehr
Anfang April wurde im Agrarausschuss des EU-Parlaments ein Entwurf für einen Beschluss auf den Weg gebracht, der die Namensgebung von vegetarischen Produkten regeln soll. Veggie-Schnitzel, -Burger und -Würstchen, sollen nicht mehr so heißen wie ihre tierische Namensvettern. Zum Schutz des Verbrauchers. 2017 gab es bereits eine ähnliche Debatte.
Seither darf die Hafermilch nicht mehr „Milch“, sondern nur noch „Drink“ heißen. Wie gesagt, ich bin fest davon überzeugt, dass die Aufklärung des Konsumenten über Inhaltsstoffe, Herstellungsverfahren und Produktionswege ungemein wichtig ist, ich beobachte lediglich, dass sie häufig einseitig betrieben wird. Als müsse der Verbraucher ausschließlich vor nicht-tierischen Produkten geschützt werden.
Als man 2013 Pferdefleisch in Fertig-Lasagne und anderen Hackfleischprodukten europäischer Supermärkte fand, war der Aufschrei groß. Das nicht deklarierte Schweinefleisch und die Medikamentenrückstände, die ebenfalls in den Proben gefunden wurden, gerieten schnell in Vergessenheit. Hauptsache kein Pferd. Und Hauptsache kein Fleischersatz.
„Achtung, 0% Fleisch“
Die Fast-Food-Kette mit dem goldenen M hat mittlerweile einen „Big Vegan TS“ im Sortiment. Das Produkt kostet fast das dreifache eines Cheeseburgers und trägt auf der Packung einen großen roten Warnhinweis: „Achtung, 0% Fleisch“. Der Cheeseburger ist für 1,39 Euro zu haben und trägt keinen roten Warnhinweis „Achtung, Fleisch aus Massentierhaltung“.
„Beyond Meat“-Burger
Jüngster Anlass zur Aufregung ist der „Beyond Meat“-Burger: ein pflanzlicher Burgerpatty aus Erbsenprotein. Das neue Trend-Produkt wird bereits in vier Kölner Restaurants angeboten. Die Burgerbrater von Freddy Schilling sind sich nicht zu schade, diese vegetarische Alternative auf den Grill zu legen. Ganz ohne Warnhinweis.
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