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Henns GeschmackssacheDas „Pure White“ in der Kölner Südstadt ist jetzt petit

Lesezeit 3 Minuten
05.12.2024
Köln: 
Gastrokritik „Henns Geschmackssache“ über das Restaurant „Le Petit Pure White“ welches sich nun in der Südstadt befindet.
Cristian Rienzner
Foto: Martina Goyert

Mit Chefkoch Cristiano Rienzner kommt man hier leicht ins Gespräch. Persönlicher war das „Pure White“ nie.

Trotz Verkleinerung – Das „Le Petit Pure White“ steht auch nach seinem zweiten Umzug für gewagte Küche, jetzt in Wohnzimmer-Atmosphäre. Persönlicher war es dort nie, findet unser Kritiker.

In der Nordsee gibt es eine wandernde Insel, im kalifornischen Death Valley wandernde Steine – und Köln hat ein wanderndes Restaurant. Vor einiger Zeit war das „Pure White Food“ im Belgischen Viertel beheimatet, dann in Rodenkirchen und nun in der Südstadt. Wobei es jetzt unter „Le Petit Pure White“ firmiert, und das aus gutem Grund.

Nur 18 Plätze finden sich im Inneren, Wohnzimmeratmosphäre, dazu passt die Einrichtung mit Deko aus früheren Reinkarnationen des Restaurants. Ein Wimmelbild für langjährige Gäste. Natürlich ist das Pure-White-Wappentier dabei, das Plüsch-Einhorn. An einer großen Theke kann man den Chefkoch Cristiano Rienzner bei einigen Handgriffen beobachten. Leicht kommt man mit ihm ins Gespräch, spürt seine Leidenschaft. Persönlicher war das „Pure White“ nie.

Carsten Henn

Carsten Henn

Carsten Henn, geboren 1973 in Köln, besitzt einen Weinberg an der Terrassen-Mosel, hält Hühner und Bienen und teilt sein Leben mit Katzen. Er arbeitete nach seinem Studium (unter anderem Weinbau) als ...

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Einen seiner Klassiker vermisst man allerdings auf der Karte, die auch kleiner ist als früher: Die legendäre Seafood-Platte gibt es aktuell nur auf Vorbestellung. Einige der Steaks, die das Restaurant berühmt gemacht haben, sind dagegen vertreten. Rienzner hat sich zum einen mit hoher Produktqualität einen Namen gemacht, zum anderen durch sein Können am Grill und starke Rauch- wie auch Röstaromen.

05.12.2024
Köln: 
Gastrokritik „Henns Geschmackssache“ über das Restaurant „Le Petit Pure White“ welches sich nun in der Südstadt befindet.
Foto: Martina Goyert

Nur 18 Plätze hat das Lokal in der Südstadt.

„Le Petit Pour White“: Fokus auf gute Produkte, Rauch- und Röstaromen

Er beweist es unter anderem mit seiner „Hommage an Jackson Pollock“ – eine Namensgebung für Gerichte wirkt heutzutage schon old school. Ich mag das Narrative ja sehr. Die Jakobsmuscheln haben eine sehr präsente Rauchnote, dazu gibt es karamellisierte WanTan-Ravioli, Limettenschaum, das Saucenspiel aus Mango (Orange) und Sepia (Schwarz) wie hingetropft – Pollock halt.

Auf einem Teller sind gebratene Jakobsmuscheln und karamellisierte WanTan-Ravioli angerichtet.

Die „Hommage an Jackson Pollock“: gebratene Jakobsmuscheln, karamellisierte WanTan-Ravioli und Limette

Es geht auch ohne Grill, wie er bei „Capri“ zeigt, Cannelloni aus Mango, gefüllt mit frischem Ziegenkäse, dazu süß-würzig kandierte ligurische Oliven von enormer Intensität. In seiner radikalen Reduzierung ist das schon fast provokativ. Und der Preis von 25 Euro zeigt, dass dies kein Ort für Schnäppchen ist. Obwohl man auch nur für einen Teller der mutig scharf abgeschmeckten sieben Kostbarkeiten hereinschneien kann, die es für 15,50 Euro gibt und dazu ein Glas Wein genießen.

Auf einem orangenen Teller sind Mango-Cannelloni gefüllt mit Ziegenkäse angerichtet.

„Capri“: Mango-Cannelloni gefüllt mit Ziegenkäse „La Faisselle“

Wie verspielt die Küche manchmal ist, zeigt sich beim perfekt kurz gegrillten Thunfisch Tataki, zu dem es ein Ananas-Koriander-Sorbet gibt, ein paar Kleckser grüne Gazpacho und Sesam-Crunch. Rienzner nennt es „Holiday Memory“. Bei dem Urlaub wäre ich gern dabei gewesen.

Noch besser gelingt der Seeteufel auf Herbsttrompeten mit Mayonnaise vom schwarzen Knoblauch. Drei Elemente, die sich würzig-erdig-cremig ergänzen.

Das „Pure White“ bleibt anders
Carsten Henn, Restaurant-Kritiker „Kölner Stadt-Anzeiger“

Die Desserts sind bei Rienzner stets eine Bank. Eines verbindet Gelee von Fisherman‘s Friend Kirsche, Krümel von gefriergetrockneter Kirsche, Litschi-Sorbet und Crème Anglaise vom Ingwer.

Das andere: fulminantes Eis von iranischen Pistazien, das in einem klassischen 50er-Jahre Metall-Eisbecher mit crunchy kandierten Pistazien und italienischer Meringue serviert wird. Wie viele Dubai Schokoladen mussten dafür wohl dran glauben? Die Weinkarte darf noch größer werden, aber Sabah von Borries’ Service ist wie immer ganz wundervoll warmherzig. „Bitte nicht koksen“, steht auf der Toilette. Das „Pure White“ bleibt anders.

Fazit: Für Feuerteufel und Rauchzeichenliebhaber ein heißer Tipp. Individuelle, zum Teil gewagte Küche in Wohnzimmer-Atmo, sehr gute Musikauswahl. Höherpreisig aufgrund von top Produkten.

Bewertung: 5 von 6

Le Petit Pure White | Severinswall 39, 50678 Köln | Tel. 0221- 7593 1604 | Di-Do 18-27 Uhr, Fr-Sa 17-24 Uhr | pure-white-food.de

Henns Auswahl:

  1. Mango-Cannelloni mit Ziegenkäse 25 Euro
  2. Gebratene Jakobsmuscheln 26 Euro
  3. 7 Kostbarkeiten Classic Szechuan Style 15,50 Euro
  4. Tataki Tonno mit Ananas-Koriander-Sorbet 28 Euro
  5. Seeteufel mit Trompette de la Mort 36 Euro
  6. Crème Anglaise von Ingwer mit Litschi-Sorbet 14 Euro
  7. Pistazieneis mit Merengue 14 Euro