Zwei weitere Solarparks sind in der Nähe von Scheven geplant. Einer wird wegen Bedenken der Bürger allerdings kleiner ausfallen.
Bürger fühlen sich umzingeltIn Kall sollen bei Scheven mehrere Solarparks entstehen
„Die Schevener fühlen sich von Photovoltaikanlagen umzingelt“, erklärte Ortsvorsteher Hans Reiff (FDP), und Dr. Guido Huppertz (Grüne) warnte vor einer „Solar-City-Scheven“. Zuvor hatten Florian Liel und Lara Büsdorf von der e-regio die Pläne für zwei Solarparks mit einer Gesamtfläche von knapp 30 Hektar vorgestellt. Der Kaller Entwicklungsausschuss nahm die Bedenken ernst und reduzierte die Planungen um gut sechs Hektar. Die Entscheidung über das zweite Projekt wurde verschoben.
Den Bau einer weiteren Anlage auf einer Fläche von knapp zehn Hektar bei Scheven hatte der Ausschuss schon in der Vergangenheit befürwortet. Nach Angaben der Verwaltung hat der Kreis Euskirchen mitgeteilt, dass das Vorhaben grundsätzlich bauplanungsrechtlich zulässig ist.
Rund 5000 Haushalte könnten versorgt werden
Liel verwies darauf, dass die e-regio schon zwei Solarparks in Mechernich und einen in Herhahn betreibe: „2024 wird noch eine Anlage in Weilerswist hinzukommen.“ Die Flächen für die PV-Anlage zwischen Scheven und Kalenberg liegen zum Großteil im Kaller Gemeindegebiet und zu einem kleinen Teil im Stadtgebiet Mechernich.
„Die geplante Anlage hat eine Gesamtgröße von 16,6 Hektar. Damit könnten rund 5000 Haushalte versorgt und 14.700 Tonnen Kohlendioxid eingespart werden“, sagte Liel. Die Entfernung zum nächsten Umspannwerk liege bei nur 500 Metern. Die Gemeinde verdiene an der Gewerbesteuer und erhalte eine Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) von knapp 32.000 Euro pro Jahr. Bürger sollen im Rahmen einer Genossenschaft an den Erträgen beteiligt werden.
Für eine Fläche müsste das Planungsrecht geändert werden
Von den 12,5 Hektar in der Gemeinde Kall sind 6,4 Hektar „privilegiert“, weil sie größtenteils innerhalb einer 200-Meter-Zone zur Bahnstrecke Köln-Trier liegen. Die Privilegierung ermöglicht Bauvorhaben auch auf Flächen im Außenbereich, für die es keinen Bebauungsplan gibt und die außerhalb der bebauten Ortsteile liegen. Baugenehmigungen können in diesen Fällen nur abgelehnt werden, wenn öffentliche Belange dem Projekt entgegenstehen.
Anders sieht es bei den restlichen 6,1 Hektar aus, die in einem 500-Meter-Umkreis um die Bahnstrecke liegen und als „planungsrechtlich mögliche Flächen“ eingestuft sind. Um dort einen Solarpark bauen zu können, muss die Kommune erst das Planungsrecht ändern. „Wir würden uns freuen, wenn wir von ihnen auch für die 6,1 Hektar große Fläche grünes Licht bekommen“, sagte Büsdorf.
„Wir brauchen eine Solarplanung für das ganze Gemeindegebiet"
„Auch die Schevener müssen ihren Beitrag zur Energiewende leisten“, meinte Reiff. Man dürfe den Ort aber auch nicht überfordern. Vor einer Entscheidung sollten erst die Bürger informiert werden. „Insgesamt sind jetzt fünf Planungen für Solarparks rund um den Ort im Gespräch“, unterstützte Huppertz, der selbst in Scheven wohnt, den Vorstoß des Ortsvorstehers. „Wir werden der zweiten Fläche nicht zustimmen. Das ist einfach zu viel des Guten“, sagte der Grüne.
„16,6 Hektar sind 160 Grundstücke à 1000 Quadratmeter“, führte Frank Poll (AfD) dem Ausschuss die Dimension des Projekts vor Augen. Das ganze Vorhaben sei ohnehin unnötig, weil die Energiewende gescheitert sei. „Wir brauchen eine Solarplanung für das ganze Gemeindegebiet“, forderte Dr. Manfred Wolter (FDP). Man sei dabei, ein Konzept zu erstellen, meinte Bürgermeister Hermann-Josef Esser: „Aber was nutzt uns ein Konzept mit Flächen, an denen Investoren gar kein Interesse haben.“ Aktuell gebe es noch eine Anfrage für eine Fläche bei Sistig.
Bürger sollen vor der Entscheidung gehört werden
Die Verwaltung war von dem Ausschuss im Juni beauftragt worden, für das Gemeindegebiet Kall einen Kriterienkatalog zur Planung und Ausweisung von Flächen für PV-Freiflächenanlagen zu entwickeln. Der kann nach Angaben der Verwaltung erst 2024 erarbeitet werden. Mit großer Mehrheit entschied der Ausschuss am Ende, nur die privilegierte Fläche zur Verfügung zu stellen.
Etwas weniger Diskussionen gab es um die Fläche an der Bundesstraße 266 zwischen Wallenthal und Scheven. Dort soll laut Büsdorf auf einem 16,6 Hektar großen Areal, das in einem 500-Meter-Korridor zur Bahnlinie liegt, eine Anlage entstehen, die rund 5000 Haushalte versorgen und 15.000 Tonnen Kohlendioxid einsparen soll. Nur 4,4 Hektar gehören der Gemeinde, die für das Vorhaben aber das Planungsrecht ändern muss.
„Die Flächen werden von der Bevölkerung nicht so kritisch gesehen“, führte Reiff aus. Trotzdem solle man erst die Bevölkerung informieren, ehe man entscheide. Auch Huppertz könnte mit diesen Flächen leben. Bürgermeister Esser meinte dagegen, einer Entscheidung zum jetzigen Zeitpunkt stünde nichts im Wege: „Wir müssen erst Planungsrecht schaffen.“ Der Ausschuss entschied aber anders und will erst die Ergebnisse der Bürgerinformation abwarten. Bis dahin wurde das Projekt zurückgestellt.