1945 - Kriegsende in Köln800 Bomber verdunkelten den Himmel

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Nach dem letzten von 262 Luftangriffen war Köln am 2. März 1945 eine Wüste aus Staub und Trümmern.

Köln – Die Stadt lag längst in Schutt und Asche, die Kölner, die nicht geflohen waren, lebten in Kellern, Erdlöchern und Ruinen, da versuchte sich Gauleiter Joseph Grohé in seinem Neujahrsaufruf in stumpfen Durchhalteparolen: „Mehr denn je fordern wir heute Sieg um jeden Preis (…)“, Wenn das deutsche Volk „eine auf Gedeih und Verderb verbrüderte und verschworene Gemeinschaft“ bilden würde, „dann muss und wird uns das neue Jahr aufwärts führen“.

Kreisleiter Schaller schwadronierte ähnlich realitätsfern, dass Treue und Einsatzbereitschaft unweigerlich „zum Sieg der Moral über die Masse“ führen würden. Klar, auch Adolf Hitler hatte in seiner Rundfunkansprache zum neuen Jahr beschworen: „Sei getreu bis in den Tod und Deutschland wird leben!“

Der Aufruf zum „totalen Einsatz der Bevölkerung“ verhallte in Köln nicht ungehört. Nachdem Hitler am 25. September 1944 einen „Führererlass“ unterschrieben hatte, wonach aus „allen waffenfähigen Männern im Alter von 16 bis 60 Jahren der Deutsche Volkssturm zu bilden“ sei, musste jeder irgendwie Wehrfähige zum „Erfassungsappell“ antreten. Ihre Bekleidung, zum Teil auch ihre Ausrüstung mussten die Volkssturmmänner selbst mitbringen. Nur ihre Armbinden unterschieden sie von der Zivilbevölkerung.

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Im März 1945 lebten in Köln nur noch 40 000 Menschen in den linksrheinischen Stadtteilen. Die Stadt war zu 90 Prozent zerstört. Bürgermeister Konrad Adenauer erwog später, die Stadt ein Stück weiter nördlich wieder aufzubauen. Bei keinem der 262 Luftangriffe auf Köln wurden so viele und so schwere Bomben abgeworfen wie am 2. März 1945. Gut acht Prozent aller während des Krieges auf Köln abgeworfenen Bomben trafen die Stadt in wenigen Minuten dieses Vormittags. Sieben Bomber wurden an diesem Tag von der Kölner Flak abgeschossen. (uk)

Eingesetzt wurden die jungen Männer zur Sicherung des Hinterlandes, bei Evakuierungen und bei der Bewachung von Kriegsgefangenen. Am Militärring der äußeren Umgehungsstraße und im Grüngürtel am Rande der Innenstadt arbeiteten die Volkssturmeinheiten am Ausbau der Lauf- und Schützengräben und übten den Gebrauch von Handfeuerwaffen. Obwohl 60 als Altersgrenze galt, fanden sich auch Greise, die von dem Fanatismus besessen schienen, ihr Leben dem Führer zu opfern. Die Volkssturmmänner waren mit Gewehren aus dem Ersten Weltkrieg, überlangen tschechischen Flinten, einer Handvoll Munition und zum Teil mit Panzerfäusten ausgestattet. Viele hielten zum ersten Mal eine Schusswaffe in der Hand.

Da die Amerikaner immer näher rückten – die Wehrmacht war nach ersten Überraschungserfolgen in den Ardennen schnell zurückgeschlagen worden, Aachen war bereits im September 1944 eingenommen – beschrieben die Nazipropagandisten die Amerikaner in Horrorszenarien. „Wer nicht arbeitet, wird erschossen“ schrieben sie über das besetzte Aachener Steinkohlerevier, von „Schandbaracken“ war die Rede, wo Deutsche „zur Zwangsarbeit unter Negeraufsicht gezwungen“ würden und es „die Prügelstrafe für Frauen“ gebe. Es war nicht mehr als ein verzweifelter Versuch des NS-Regimes, den Widerstandswillen der müden Kölner zu befeuern.

14- bis 17-Jährige als Fronthelfer

Als der Kreisleiter Schaller Anfang Januar zum Durchhalten aufrief und an die Ehre appellierte, wurde das letzte Aufgebot der ausgezehrten Stadt gerade eingezogen: Im Januar mussten sich die 14- bis 17-jährigen Jugendlichen, die noch nicht zum Arbeitsdienst oder als Flakhelfer eingezogen waren, als Fronthelfer melden. Tausende kamen in der Berliner Straße in Mülheim zum „Ehrendienst der Heimatverteidigung“ zusammen, wie es ein HJ-Oberbannführer in einem der zahlreichen Durchhalteappelle formulierte. Viele verloren in den letzten Kriegsmonaten an der Front ihr Leben.

Derweil die meisten Jungs sich zum Frontdienst meldeten, tauchten andere unter – wieder andere widersetzten sich dem Herrschaftsanspruch der Nazis und führten Sabotageakte durch. Im „Nationalkomitee Freies Deutschland“ (NKFD) kamen unter der Führung kommunistischer Kader über 200 Regimegegner zusammen, um Flugblätter zu verteilen, in denen zum Boykott der Kriegsproduktion aufgefordert wurde. Polizei und Gestapo lieferten sich in Köln in den letzten Kriegsmonaten Gefechte mit oppositionellen Gruppen, dabei wurde auch Gestapochef Hoffmann erschossen. Gegen Widerstandsgruppen von Zwangsarbeitern und regimekritische Jugendgruppen wie jene, die unter dem Namen „Edelweißpiraten“ bekannt sind, wurde das für seine Brutalität berüchtigte „Kommando Kütter“, benannt nach Kommissar Ferdinand Kütter, eingesetzt. Im Hof des EL-DE-Hauses wurden fast täglich inhaftierte „fremdvölkische Personen“ hingerichtet, mehrere Hundert sollen es gewesen sein. Auch im zum Gestapo-Gefängnis umfunktionierten Kloster Brauweiler wurden Regimegegner ermordet.

Gigantische Staubwolke über Köln

Am Freitag, 2. März 1945, erlebte Köln den 262. und letzten Luftangriff des Zweiten Weltkriegs. Um 10 Uhr verdunkelten knapp 800 Kampfflugzeuge der britischen Royal Air Force, die bis zu 6000 Kilo schwere Bomben geladen hatten, den Himmel über der Stadt. Sie sollten Köln sturmreif bomben. Luftschutzhelfer Erich Quadflieg, Jahrgang 1924, notierte am gleichen Tag in sein Tagebuch: „8.15 Uhr bis 11.30 Uhr: Jagbombertätigkeit, Tiefangriffe und einzelne Bomben, 10 Uhr neuer Großalarm, Drahtfunk meldet Einflug starker Kampfverbände. Bei teilweise klarem Wetter überflogen die Lancaster-Bomber die Stadt. Tausende von Sprengbomben und Minen pflügen das Linksrheinische 32 Minuten lang um. Vom Heumarkt bis zum Deutschen Ring (heute Theodor-Heuss-Ring, d. Red.) und bis Bickendorf schlugen die Bomben ein. Die großen Betonbunker schwankten von Einschlägen hin und her. Viele Straßen wurden von Trümmern zugeschüttet. Tote lagen auf den Straßen, darunter viele Flüchtlinge und ausländische Arbeiter.“

Über Köln legte sich eine gigantische Staubwolke. Die Stadt sah aus wie ein Skelett. Das Leitungsnetz war gekappt, die Infrastruktur zerstört, die Verwaltung lahmgelegt. Auch der Dom wurde von vier Bomben getroffen, drei Gewölbefelder im Mittelschiff stürzten ab. Womöglich sollte versucht werden, den Dom mit Minenbomben zum Einsturz zu bringen, um die Rampen zur Hohenzollernbrücke zu blockieren. Die Kathedrale blieb stehen – auch, als die Domplatte am 6. März zum Schauplatz eines letzten Gefechts wurde.