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„Angenehm, aber auch mutig“Kölner Gastronomen berichten von ihrem Neustart

Lesezeit 5 Minuten
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Thomas Wippenbeck und seine Frau Nadja Mahér in ihrem Südstadt-Restaurant „Frau Maher“.

  1. Schluss mit Nonstop-Kochen und Take Away: Essen und Trinken in Kölner Restaurants oder Cafés ist wieder möglich.
  2. „Es fängt ganz langsam wieder an und wir wissen nicht, was kommt“, sagt Vivian bei Printen Schmitz auf der Hohe Straße.
  3. Wir haben mit Kölner Gastronomen über ihren Neustart und ihre Hoffnungen in der Corona-Krise gesprochen.

Köln – Bei „Wilma Wunder“ am Friesenplatz fegt der Wind durch die Kastanienbäume und lässt die Blüten über die noch leeren Tische und Stühle rieseln. Die beiden Geschäftsführer Karsten Rupp und Marc Schinköth lassen sich ihren Optimismus weder von Wind noch Corona nehmen und trinken den Milchkaffee auch bei frischen Temperaturen demonstrativ draußen.

Normalerweise hätten in dieser seit Herbst bestehenden Ganztagsgastronomie am Friesenplatz fast 500 Gäste drinnen und draußen Platz. Wie auch in den übrigen Kneipen, Cafés oder Restaurants, die seit Montag wieder geöffnet sind, wurden rund die Hälfte der Plätze weggenommen, um den Abstand von 1,50 Metern gewähren zu können. Auch sonst geht alles streng nach Vorschrift, erklärt Rupp: Mundschutz, Desinfektion, Registrierung der Gäste mit Adresse und Telefon. Noch könne man das gewohnte Frühstücksbüfett noch nicht vollends auffahren, aber man möchte signalisieren: „Wir sind da! Wir wollen den Alltag der Menschen wieder öffnen“.

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Die Betreiber Marc Schinköth (l.) und Karsten Rupp im „Wilma Wunder“.

Kölner Gast: „Öffnung ist angenehm, aber es ist auch mutig“

Sich ein bisschen davon zurückerobert zu haben, darüber freut sich Martin Schneider. Um halb zehn am Morgen gehörte er zu den allerersten Gästen im Südstadt-Restaurant „Frau Mahér“. Wochenlang hatte der Kölner Architekt seinem Stammlokal dadurch die Treue gehalten, dass er dort täglich sein Take-away-Essen und seinen Espresso abholte. „Natürlich finde ich es angenehm, dass nun wieder geöffnet ist, aber es ist auch mutig. Nicht nur hier, sondern überall.“

Alles zum Thema Friesenplatz

Gastronom Thomas Wippenbeck und seine Frau Nadja Maher hatte der Lockdown deshalb besonders schwer getroffen, weil sie ihren vorherigen Betrieb gerade erst „mit einem großen Kraftakt und einer Riesensumme“ umgewandelt und ihre neue Konzeption gerade erst fünf Wochen umgesetzt hatten, bevor sie schließen mussten. Weil die Vorgaben der Landesregierung in Sachen Hygiene-Verordnung in ihren Augen bei weitem nicht ausreichen, haben sie in den zurückliegenden Tagen selber an einem umfangreichen Konzept gefeilt. „Die Umsetzung ist ein Riesenaufwand“, betont Wippenbeck und schildert seine vergeblichen Versuche, Hand- und Flächendesinfektionsmittel in ausreichender Menge zu bekommen. Ein bisschen mehr Vorlauf wäre seiner Einschätzung nach besser gewesen.

„Und Rudelpinkeln ist auch nicht mehr“

Erst Anfang Juni wieder an den Start zu gehen, das wäre auch Michaela Vogel lieber gewesen. Seit rund 20 Jahren betreibt sie die Mauenheimer Veedelskneipe „Em Pötzje“. Die 53-Jährige Wirtin hat die ganze letzte Woche „überlegt, was denn der Unterschied zwischen einer Schankwirtschaft und einer Bar“ ist, weil Letztere noch geschlossen bleiben müssen. Es sei wohl „das Tanzen“ meint Ehemann Walter, der gerade noch vorm Haus das Biergarten-Mobiliar zurechtgerückt hat . Angesichts des kühlen Wetters wird sich der Betrieb wohl eher nach innen verlagern, was schon deshalb ziemlich komisch anmuten wird, weil viele Stammgäste gewohnheitsmäßige Thekensteher sind, was sie sich jetzt verkneifen müssen. „Man darf ja nur noch sitzen. Und wenn sich vier Freunde treffen, müssen sie dies an zwei verschiedenen Tischen“, erklärt die Wirtin. „Und Rudelpinkeln ist auch nicht mehr“, wirft Walter Vogel lachend ein. „Zur Toilette darf man nur noch einzeln und mit Maske.“

Verständnis für besorgte Gäste

Die Vogels haben Verständnis, dass einige ihrer überwiegend älteren Gäste besorgt sind und haben deswegen extra eine Gläserspülmaschine angeschafft. Das gute Stück wartet noch in Schutzfolie gekleidet auf seinen Anschluss, wird jedoch schon am Abend in nur zwei Minuten die Kölschgläser mit 85 Grad heißem Wasser durchspülen.

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Nicht nur kleine Kneipen, auch Brauhäuser sind wieder am Start. Das Gaffel am Dom ist auf zwei Drittel der Plätze und auf 20 Gerichte einer kleinen Speisekarte runtergegangen. Auch hier werden die Sitzplätze zugewiesen; Gäste müssen beim Betreten des Brauhauses einen Mundschutz tragen, der am Tisch wieder abgenommen werden kann. „Unsere Köbisse tragen Klarsichtvisiere. Wir haben hier ein Einbahnstraßensystem eingerichtet, auf den Tischen steht nichts, womit man sich infizieren könnte“, erklärt Geschäftsführer Erwin Ott. „Noch sieht es etwas mau aus. Wir haben mehr Personal als Gäste im Haus. Aber wir hoffen doch sehr, dass die Kölner bald wieder zum Kölsch kommen“.

Markus Thelen vom Traditionslokal „Em Ahle Kohberg“: „Wir brauchen Toleranz und Geduld“

Das hofft auch Markus Thelen. Vor knapp einem Jahr hat er in Köln-Merheim das Traditionslokal „Em Ahle Kohberg“ übernommen. „Ich freue mich sehr trotz der Schwierigkeiten, die sich uns stellen.“ Bis auf die Blumenvasen, die in nächster Zeit wahrscheinlich ähnlich häufig desinfiziert werden wie Türklinken, bleiben die Tische in dem alten Fachwerkhaus erstmal dekorationslos. Die Handschuhe beim Servicepersonal sind ebenfalls gewöhnungsbedürftig. „Wir brauchen Toleranz und Geduld, dann kriegen wir das gut miteinander hin“, ist Thelen überzeugt.

Den Optimismus, den der rechtsrheinische Gastronom verströmt, ist auch an anderen Stellen der Stadt spürbar. Die Breite Straße ist belebter, stellt Vivian Schmitz erleichtert fest. „Die Leute gehen wieder einkaufen, noch nicht so viele, aber es werden mehr. An den ersten beiden Corona-Wochenenden war es ja geradezu erschreckend einsam hier “, sagt die junge Frau, die zur sechsten Generation bei Printen Schmitz gehört. Das Café hat zunächst mit etwa 60 Plätzen wieder geöffnet. „Es fängt halt ganz langsam wieder an und wir wissen nicht, was kommt“, sagt Vivian Schmitz. „Als Familienbetrieb haben wir mit viel Eigenarbeit in den vergangenen Wochen unsere Kuchen und Pralinen ins Haus ausgeliefert. Gerade viele ältere Menschen fühlen sich einsam und freuen sich, wenn sie wieder etwas Abwechslung haben.“