Köln – Der Mord an Politiker Walter Lübcke durch den Rechtsradikalen Stefan E. hat die Menschen aufgerüttelt. Die Gefahr von Rechts – sie hat an Brutalität zugenommen. „Hass, Drohungen, Gewalt – wie kann sich unsere Demokratie wehren?“ hieß daher das Thema bei Anne Will.
Das Problem ist seit Jahren bekannt – nicht zuletzt durch die Morde des NSU, die lange Zeit nicht ernst genommen wurden. Zehn Menschen wurden von ihm ermordet – nahezu unbemerkt von Politik und Öffentlichkeit. Wie kann es sein, dass die Gefahr von Rechts noch immer nicht ernst genommen wird?
Henriette Reker zu Gast bei Anne Will
Eine, die persönlich von rechter Gewalt betroffen war, ist Henriette Reker. Die Kölner Oberbürgermeisterin war am Sonntagabend zu Gast bei Anne Will. Reker, die nach einem Attentat 2015 in Lebensgefahr schwebte, hatte in der vergangenen Woche erneut Morddrohungen erhalten. „Das Schlimme ist, dass die Gesellschaft so verroht ist in Worten und Taten“, sagte Reker. „Wir müssen uns dagegen wehren.“
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Doch Reker gab auch zu, dass man sich – nicht nur in der Talkrunde – einig sei, dass „wir uns Akzeptanz wünschen, aber uns gelingt es nicht, das durchzusetzen“.
Annegret Kramp-Karrenbauer greift AfD an
Gerade im Netz sei es möglich, ungestraft Hass- und Hetzparolen zu verbreiten. Nach dem Mord an Lübcke war der Täter in den sozialen Netzwerken gefeiert worden. Annegret Kramp-Karrenbauer richtete in diesem Zusammenhang schwere Vorwürfe an die AfD.
Die AfD schaffe zum Teil das geistige Klima, in dem der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke ermordet wurde. „Jemand, der dann sagt, einer solchen Partei kann man sich annähern - egal ob das Hans-Georg Maaßen ist oder irgendein anderes Mitglied meiner Partei - muss ich sagen: Der soll nur mal kurz die Augen schließen, soll sich Walter Lübcke vorstellen. Der wird nie mehr auf die Idee kommen, dass man mit einer Partei wie der AfD als Christdemokrat zusammenarbeiten kann.“
Henriette Reker nimmt Morddrohungen ernst
Auf die Frage von Moderatorin Anne Will, ob ihr die Morddrohungen Angst machen, sagte Henriette Reker: „Ich nehme sie ernst, sie machen mich betroffen. Aber sie machen mich nicht ängstlich.“ Es sei nicht die erste Morddrohung, die sie erhalten habe. Sie würden von der Polizei geprüft – oftmals bekomme sie davon gar nichts mit. Sie gehe vielmehr davon aus: „Wer mich umbringen will, droht mir nicht.“
Einig war sie sich mit den anderen Gästen Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU-Parteivorsitzende), Katrin Göring-Eckhardt (Bündnis90/Die Grünen) und Annette Ramelsberger (Gerichtsreporterin bei der „Süddeutschen Zeitung“), dass es sich im Fall Lübcke nicht um einen Einzeltäter handelt, sondern vielmehr ein Netzwerk, eine übergreifende Organisation dahinter stehe.
Es gäbe Menschen im Sicherheitsapparat, die stünden den Rechten näher, als den Menschen, die sie schützen sollen. Nicht von ungefähr, so der Kölner Oberstaatsanwalt Markus Hartmann, liefen Verfahren gegen 38 Polizeibeamte.
Annegret Kramp-Karrenbauer, die in der Runde auch den ehemaligen Präsidenten des Verfassungsschutzes Hans-Georg Maaßen wegen seiner Aussagen zum Fall Lübcke (er sähe keine Versäumnisse bei der Beobachtung von rechtsextremen Kräften in Deutschland) scharf kritisierte, befürwortet den Ansatz in NRW. Hier sei unter der Leitung von Markus Hartmann eine Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime eingerichtet worden, die sich dieser Verrohung annehme. Das Problem, auch da war sich die Talkrunde einig, sei damit aber nicht gebannt. (red)