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Armenier in KölnMahnmal-Projekt zum Völkermord steht seit Monaten still

Lesezeit 4 Minuten

Die Stele soll auf dem Friedhof am Lehmbacher Weg aufgestellt werden.

Köln – Die Mörder kamen oft am helllichten Tag und holten die armenischen Familien ab April 1915 aus ihren Häusern. Wer nicht gleich an Ort und Stelle hingerichtet wurde, den schickten die Osmanen auf sogenannte „Todesmärsche“. Trecks, die sich etwa Hunderte Kilometer von Anatolien bis ins syrische Aleppo zogen. Quer durch die Wüste, oft ohne Wasser und Nahrung.

Das Gros der Historiker schätzt, dass 1915 und 1916 etwa 1,5 Millionen Armenier im Osmanischen Reich getötet wurden. Frankreich hatte den Genozid 2012, der Deutsche Bundestag Mitte des vergangenen Jahres in einer Resolution anerkannt.

„Wir brauchen einen Ort des Erinnerns“

Die armenische Gemeinde in Köln – mit 5000 Mitglieder ist sie nach eigenen Angaben die größte in Deutschland – wünscht sich nun eine Gedenkstele für die Opfer des Völkermords in der Stadt. „Jede Familie hier hat in der Generation der Großeltern Opfer zu beklagen“, sagt Gemeinde-Vorsitzende Minu Nikpay. „Wir brauchen daher einen Ort des Erinnerns.“

Eine passende Stelle für das Mahnmal haben sie auch schon ausgemacht: den Friedhof am Lehmbacher Weg in Brück, auf dem es auch ein armenisches Gräberfeld gibt. Auch ein Gedenkstein existiert schon: Der Kreuzstein eines armenischen Bildhauers ist zwei Meter hoch und zeigt in der Mitte ein Kreuz, das von geometrischen und pflanzlichen Motiven umgeben ist. Kreuzsteine stellen eines der zentralen kulturellen Symbole der Armenier dar und stehen auf der Unesco-Kulturerbeliste.

15 Monate ohne Fortschritt

Um politische Unterstützung warb Nikpay bereits im November 2015 im Beschwerdeausschuss der Stadt – und traf auf offenen Ohren. Ihre Petition, Stein und Kreuz in Brück aufzustellen, wurde von den Politikern einstimmig unterstützt und zur weiteren Beratung in den Ausschuss für Grün und Umwelt verwiesen.

Der als Gast geladene Werner Jung vom NS-Dokumentationszentrum bekräftigte im Ausschuss, dass es den Völkermord an den Armeinern gegeben habe und begrüßte die Aufstellung einer entsprechenden Gedenkstele. Doch seitdem sind 15 Monaten vergangen – und geschehen ist nichts. Der Antrag wurde nicht behandelt, er kam nicht einmal auf die Tagesordnung des Ausschusses.

KTDP fordert Projektende

Nikpay vermutet nun, dass mehrere türkische Vereine und Verbände Druck auf die Ratsmitglieder ausübten, um den Stein zu verhindern. Dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ liegt zumindest ein Schreiben vom Januar 2016 der KTDP, eines Zusammenschlusses türkischer Vereinigungen, an die Ratsmitglieder vor, in der nicht nur der Genozid an den Armeniern in Frage gestellt wird, sondern mit Hinweis auf den öffentlichen Frieden gefordert wird, von dem Projekt Abstand zu nehmen.

Eine ähnliche Tendenz weist ein Brief vom April 2016 auf, der von der Initiativplattform der türkischen Vereine und Verbände in Köln und Umgebung an einen Kölner Bundestagsabgeordneten geschrieben wurde. Auch im Beschwerdeausschuss relativierte ein türkeistämmiger Vertreter des Integrationsrates und Mitglied der Gruppierung Dein Köln, der namentlich aber nicht erwähnt werden will, den Völkermord.

„Manche versuchen das Vorhaben zu verhindern“

Der integrationspolitische Sprecher der SPD im Rat, Christian Joisten, bestätigt, dass es viel Kritik an der geplanten Gedenkstele für die armenischen Opfer von Seiten türkischer Moschee-Gemeinden und Verbände gebe. „Nationalgesinnte Türken sehen das sehr kritisch“, sagt der Politiker. „Manche versuchen das Vorhaben zu verhindern.“

Dabei hält Joisten das Projekt der armenischen Gemeinde für „legitim“, den Völkermord für „eine historische Tatsache, der wir uns nicht verweigern wollen“. Allerdings warte seine Partei noch auf eine Klärung der Frage, ob der Stein auf dem Friedhof zulässig sei. Hier sei die Stadt der SPD noch eine Antwort auf eine Anfrage aus dem April 2016 schuldig. Auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ wollte ein Sprecher der Kommune keinen Kommentar abgeben. Es gebe – auch nach 15 Monaten – „internen Klärungsbedarf“.

Der integrationspolitische Sprecher der CDU, Ralph Elster, begrüßt im Grundsatz den Gedenkstein, weist aber auch auf die „sehr aufgeregte Debatte“ hin. „Grundsätzlich ist der Lehmbacher Weg aber der richtige Ort für die Stele.“ Berivan Aymaz, die für die Grünen im Beschwerdeausschuss sitzt, mahnt nun zur Eile. Denn am 24. April jährt sich der Beginn des Genozids zum 102. Mal. „Bis dahin sollten wir in dieser Frage weiter sein.“

Armenier in Köln

Die armenische Gemeinde Köln ist mit mehr als 5000 Mitgliedern die größte armenische Gemeinde in Deutschland. Zugleich ist sie Sitz der Armenischen Diözese mit ihrem Primas dem Erzbischof, Oberhaupt der Armenischen Kirche in Deutschland, und dem Diözesanbeirat. In den Gemeinderäumlichkeiten befinden sich zudem das Büro des Armenischen Unternehmer-Vereins und der des Fußballclubs FC Achtamar.

Es sind nur wenige Historiker, die die Verfolgung der Armenier im Osmanischen Reich nicht als Genozid bezeichnen, wie es die Türkei bis heute tut. „Wie viele Armenier dieser Politik zum Opfer fielen, lässt sich nicht mit Sicherheit bestimmen. Die Schätzungen variieren zwischen 800 000 und über 1,5 Millionen“, so die Bundeszentrale für politische Bildung. Andere Schätzungen gehen von zwei Millionen aus. (ris)

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