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Eine Stunde ab Köln Hauptbahnhof
Ein Ausflug nach Linz am Rhein – eine verschlafen-schöne Fachwerkstadt

Lesezeit 6 Minuten
Blick auf die Altstadt von Linz am Rhein - der „Bunten Stadt am Rhein“.

Blick auf die Altstadt von Linz am Rhein - der „Bunten Stadt am Rhein“.

Linz, die „Bunte Stadt am Rhein“, ist mit dem Zug von Köln aus innerhalb einer Stunde zu erreichen – kurz genug, dass sich ein Tagesausflug lohnt.

Würde man einen Künstler bitten, eine ländliche westdeutsche Kleinstadt zu zeichnen, dann sähe das Ergebnis vermutlich ähnlich aus wie Linz am Rhein. Sie ist ja auch malerisch, die Innenstadt mit ihren Fachwerkhäusern direkt am Rhein, umgeben von den Hügeln und Bergen des Rheintals, wo etwa 80 Kilometer flussaufwärts die Sage der Loreley entstand. Ähnliche Mythen umgeben Linz zwar nicht, dafür hat die kleine Stadt einen anderen Vorteil: Sie ist von Köln aus schnell zu erreichen. 58 Minuten fährt man mit dem Deutschlandticket vom Kölner Hauptbahnhof bis nach Linz – kurz genug, dass sich ein Tagesausflug lohnt.

Peter Gillrath, Wahl-Linzer, Familienvater, Unternehmer und Stadtführer, wartet am Bahnhof direkt am Fluss neben seinem Auto. Der gebürtige Mönchengladbacher kennt seine neue Heimatstadt besser als so manche Einheimischen: Zu jeder Markierung an der Stadtmauer, zu jeder Inschrift eines Hausbalkens, zu den Kerben der Fachwerkhäuser kann er eine Geschichte erzählen. Das tut er auch – mit einer Begeisterung, die ansteckt.

Must See: Ausblick vom Kaiserberg & der alte Stadtkern

Kurze Fahrt auf den Kaiserberg, einen kleinen Berg mit übergroßem Gipfel. Von der Aussichtsplattform überblicken Besucher nicht nur Linz und den Rhein, sondern auch die Nachbarorte und die ersten Berge der Eifel. Gillrath zeigt auf Sinzig, auf den Anleger zur Fähre zum gegenüberliegenden Ort Remagen, auf die Ahrmündung. Brücken sieht man keine. Eine gab es aber mal, sagt Gillrath und zeigt auf die Ortschaft Erpel rheinaufwärts von Linz. Vom Kaiserberg sieht man noch die Brückentürme, wo von 1918 bis 1945 die Ludendorff-Brücke über den Rhein führte.

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Blick vom Kaiserberg auf das Rheintal

Blick vom Kaiserberg auf das Rheintal

Als die Amerikaner vorrückten und das linksrheinische Gebiet erobert hatten, versuchte die Wehrmacht, die Brücke zu sprengen. Es klappte nicht: Die Brücke hielt. Hitler ließ mehrere deutsche Offiziere erschießen, die er für die erfolglose Sprengung verantwortlich machte. Am 7. März 1945 marschierten die ersten amerikanischen Streitkräfte über die Brücke und besetzen Erpel und Linz. Bis die Brücke zehn Tage später doch einstürzte, überquerten sie 18 Regimente der Amerikaner, die von Erpel aus ins Ruhrgebiet vorstießen. „Historiker sind sich ziemlich sicher, dass diese Brücke den Zweiten Weltkrieg hier in Europa um zwei Monate verkürzt hat, weil die Amerikaner so schneller den Rhein überqueren konnten“, sagt Gillrath. „Damit hat sie uns vermutlich die Atombombe erspart.“

Von den Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges sei Linz weitestgehend verschont geblieben, sagt Gillrath später vor dem Tor der Stadt. Nur drei Bomben seien auf die Stadt gefallen, abgeworfen von der Wehrmacht selbst. So blieb der alte Stadtkern mit der Stadtmauer und der Altstadt erhalten. 

Peter Gillrath arbeitet als Fremdenführer in Linz am Rhein.

Peter Gillrath arbeitet als Fremdenführer in Linz am Rhein.

Gillrath zeigt auf das Stadtwappen der Stadt Linz am Stadttor. Rot-weiß. „Da sehen Sie, dass wir eigentlich Kölsch sind“, sagt er. Fast 500 Jahre gehörte die Stadt dem Kölner Erzbischof, die Porträts der Männer zieren noch immer den Rathaussaal. Den Erzbischöfen ist es auch zu verdanken, dass Linz mit seinen 6500 Einwohnern bis heute als Stadt gilt, denn im 14. Jahrhundert bekam der Ort Stadtrecht. Nicht aus Nächstenliebe, sagt Gillrath: So konnte der Erzbischof Zölle auf die über den Rhein verschifften Waren erheben und verdiente an der kleinen, bunten Stadt Millionen. 

In der Linzer Innenstadt lehnt sich ein Fachwerkhaus an das nächste, altes rheinisches Fachwerk an modernes, bunteres, verspielteres Fachwerk, verziert mit individuellen Sprüchen seiner Erbauer. Es ist ruhig an diesem Tag, im Vergleich zur trubeligen Großstadt idyllisch, manche würden sagen verschlafen. Durch die Gassen zwischen den denkmalgeschützten Häusern schlendern nur eine handvoll Leute, einige Geschäfte in der Altstadt stehen leer. 

"Notausgang bei Hochwasser": Der Eingang zur malerischen Innenstadt von Linz liegt direkt am Rhein.

Der Eingang zur malerischen Innenstadt von Linz liegt direkt am Rhein.

Trotz wunderschöner Altstadt: Linz nutzt sein touristisches Potenzial nicht aus

In einer Nebengasse hat das Restaurant „Spanischer Garten“ in einem Hinterhof die Außengastronomie aufgebaut, verziert von Pflanzen, die sich die Häuserwand hinauf räkeln. Das Restaurant befindet sich in einem alten Gebäude aus dem Jahr 1667, selbst das Kellergewölbe, wo weitere Gästetische stehen, sieht ähnlich malerisch aus wie der Innenhof. 

Getrude Birau und Franz Geuer führen das Lokal seit 15 Jahren, es ist eines der beliebtesten Restaurants von Linz, bis Ende des Jahres bleiben sie noch in Linz, dann ist Schluss. Reservierungen nehmen sie meist drei Wochen im Voraus an, sagt Franz Geuer, seine Gäste kämen aus bis zu 250 Kilometern Entfernung zu ihm. „Wir machen keine Werbung“, sagt Geuer, ein hemdsärmeliger Mann mit breitem saarländischen Dialekt. „Brauchten wir nie.“ Das Restaurant hatte sich einfach herumgesprochen. Linz habe eine schöne Altstadt, sagt Geuer, mit schönen Häusern und individuell geführten Läden. Aber was Linz sonst zu bieten hat?

Gasse durch die Altstadt von Linz am Rhein.

Gasse durch die Altstadt von Linz am Rhein.

Ein Rundgang durch die Altstadt erweckt den Eindruck: Die Kleinstadt schöpft ihr – eigentlich beachtliches – touristisches Potenzial nicht aus. Indoor-Attraktionen gibt es kaum. Die Burg Linz aus dem 14. Jahrhundert? Verkauft in den Privatbesitz und für Besucher nicht betretbar. Die römische Glashütte, die in der Burg eigene Glaskunst ausstellte und Besucher in den ehemaligen Ofenraum führte? Dauerhaft geschlossen. Die Folterkammer der Burg mit dem mittelalterlichen Verlies? Ebenfalls geschlossen. An Regentagen bleibt Touristen derzeit nur die Flucht in Cafés und Restaurants.

Doch was Linz am Rhein an Indoor-Attraktionen mangelt, macht es mit der umrahmenden Natur wieder wett. Durch Linz’ geringe Größe muss man von der Altstadt aus nur ein paar Minuten bergauf klettern, schon ist man umringt von Bachläufen und dichtem Wald, mit gelegentlichem Blick über das Rheintal und die umliegenden Ortschaften.

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Gastronomie

Das Café Leber grenzt an das Stadttor und bildet den Eingang zur Altstadt.

Das Café Leber grenzt an das Stadttor und bildet den Eingang zur Linzer Altstadt.

Zum Mittagessen lohnt sich ein Stopp bei der Marktwirtschaft direkt am Marktplatz. Das Restaurant bietet auf seiner Speisekarte eine besondere Spezialität: Flammkuchen, in allen denkbaren Variationen, herzhaft, süß oder beides. Dazu bietet die Marktwirtschaft eine Auswahl lokaler Weine – auch aus Linzer Weinanbau. Für wen Flammkuchen und Wein nichts sind, der kann bei der Pizzeria Franco und zum Abendessen (mit Reservierung) beim Spanischen Garten vorbeischauen.

Den Kaffee mit der besten Aussicht trinkt man im Café Leber: Das hellrosa Haus der Konditorei steht ganz nahe am Rhein, vor dem Strünzer Brunnen, umringt von pittoresken Fachwerkhäusern. 

Wanderungen

Der Wanderweg der Basalt-Schleife führt durch Felder und Wälder um Linz herum

Der Wanderweg der Basalt-Schleife führt durch Felder und Wälder um Linz herum.

Mit der Linzer Basalt-Schleife führt der wohl abwechslungsreichste Wanderweg um die Kleinstadt herum. Offizieller Startpunkt ist das Hochplateau des Kaiserbergs, doch da der Rundweg auch durch die Linzer Altstadt führt, kann man ebenso gut am Linzer Bahnhof beginnen. Von da führt der Weg für circa zwölf Kilometer an der Pfarrkirche St. Martin vorbei, durch Wälder und Wiesen über den Kaiserberg zu weiteren Aussichtspunkten über das Rheintal und eine Wanderschaukel. Der Pfad ist leicht begehbar und endet wieder in der Linzer Altstadt.

Dazu führt der 320 Kilometer lange Wanderweg „Rheinsteig“ zwischen Bonn, Koblenz und Wiesbaden mitten durch die Linzer Altstadt. Bahnreisende können von Linz aus eine Etappe bis nach Bad Hönnigen durch Wald, Wiesen und Weinberge entlang des Rheins wandern und am Zielort den Zug zurück nach Köln nehmen.

Besondere Attraktionen

Wer die Umgebung von Linz lieber per Zug erkunden möchte, kann am Linzer Bahnhof in die historische Kasbachtalbahn steigen und von dort bis nach Kalenborn fahren. Die Fahrt führt mitten durch den Wald des Tals, vorbei an Felsen und Bäumen und mit Blick auf den Kasbach. Eine Fahrt dauert circa 20 Minuten, Hin- und Rückfahrt kosten für Erwachsene zehn Euro.

Seit dem 28. Juni hat Linz am Rhein einen Strand – und zwar auf dem Marktplatz, nicht am Rhein. Durch den „Strünzer Strand“ sollen die Urlaubsgefühle geweckt werden, so das Stadtmarketing. Auf dem Sand stellt die Stadt Liegestühle, Sonnenschirme und Palmen auf, dazu bietet sie Sandspielzeug für Kinder – so können sie auch ohne Meer Sandburgen bauen.