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Autofahrerin von Betonplatte erschlagenWas verrät der Terminkalender des beschuldigten Ingenieurs?

Lesezeit 2 Minuten
November 2020: Eine aus der Lärmschutzwand herabfallende Betonplatte traf den VW Polo und tötete die Insassin.

November 2020: Eine aus der Lärmschutzwand herabfallende Betonplatte traf einen VW Polo und tötete die Insassin.

Der Ermittlungsführer der Mordkommission sagte beim laufenden Prozess im Landgericht aus.

Beim laufenden Strafprozess um die auf der A3 bei Dellbrück erschlagene Autofahrerin hat nun im Landgericht der Ermittlungsführer der Polizei ausgesagt. Der Beamte der Mordkommission hatte an der Unfallstelle direkt Beweise gesichert. Auch an der Betonplatte, die sich gelöst und eine 66-Jährige unter sich begraben hatte. Ein Ingenieur ist wegen Totschlags durch Unterlassen angeklagt.

Köln: Polizist spricht von sichtbaren Korrosionsstellen

Angekommen an der Unfallstelle habe er eine Leichenschau durchgeführt. Es sei zwar augenscheinlich gewesen, dass die Autofahrerin von der Schallschutzplatte erschlagen worden sei. „Die Leichenschau ist aber gängige Praxis, um auszuschließen, dass es noch konkurrierende Dinge gibt“, so der Beamte. Der Notarzt vermerkte dann „nicht natürliche Todesursache“ im Totenschein.

An jenem 13. November 2020 habe er dann einen Gutachter hinzugezogen, sagte der Beamte. Im Internet habe man nach einem geeigneten Sachverständigen gesucht. Der habe den Ermittlern dann beratend zur Seite gestanden, worauf bei der Sicherstellung zu achten sei. Etwa auf die Haltekonstruktionen der Betonplatte. „Hier hat man Korrosionsstellen gesehen“, so der Beamte.

Kölner Polizei: Akten beim Landesbetrieb Straßenbau sichergestellt

In der Folgezeit habe man beim Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen 29 Aktenordner, eine Festplatte und einen USB-Stick sichergestellt, deren Inhalt dem Bauprojekt von 2006 bis 2008 zugeordnet werden konnte. Die Durchsuchung bei der zuständigen Baufirma gestaltete sich etwas schwieriger, da diese mittlerweile insolvent gegangen sei, erklärte der ermittelnde Beamte.

In einer Lagerhalle konnten aber wichtige Dokumente der Baufirma sichergestellt werden. Darunter laut des Polizisten Berechnungen, die eine fehlende Tragfähigkeit mehrerer Lärmschutzwände dokumentierten. Sieben Betonplatten waren mit einer speziellen Winkelkonstruktion angebracht worden. Die restlichen Platten wurden zeitnah demontiert und ebenfalls untersucht.

Durchsuchung auch beim Bereichsleiter der Baufirma

Erkenntnisse der ersten Razzia führten laut des Ermittlers auch zu einer Durchsuchung im Privathaus des damaligen Bereichsleiters. Dort habe man verschiedene Kostenrechnungen gefunden und auch einen Terminkalender von damals. „Fast jeden Mittwoch gab es Besprechungen im Baubüro Dellbrück“, sagte der Beamte. Der Angeklagte sei demnach regelmäßig dort anwesend gewesen.

Verteidigerin Kerstin Stirner trat den Vorwürfen bereits mehrfach entgegen. Als Bereichsleiter sei der 62-Jährige in mehrere Bauprojekte gleichzeitig involviert und gerade nicht voll eingebunden gewesen, sagte Stirner etwa beim Prozessauftakt. Zuständig für die Montage vor Ort und die Berechnungen der Statik sei der inzwischen verstorbene Bauleiter gewesen. Der Prozess wird fortgesetzt.