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„Mit voller Wucht runtergeklatscht“Zeuge schildert Todesdrama auf A3 bei Köln – Ingenieur streitet alles ab

Lesezeit 2 Minuten
November 2020: Eine aus der Lärmschutzwand herabfallende Betonplatte traf den VW Polo und tötete die Insassin.

November 2020: Eine aus der Lärmschutzwand herabfallende Betonplatte traf den VW Polo und tötete die Insassin.

Ein Heizungsbauer fuhr direkt hinter der getöteten 66-Jährigen.

Nach dem Neustart des Prozesses um die erschlagene 66-Jährige auf der A3 bei Dellbrück hat der hauptbeschuldigte Bauingenieur über seine Verteidigerin erneut jede Verantwortung für das Herausbrechen einer Betonplatte von sich weisen lassen. Im Landgericht sagte beim zweiten Prozesstag ein Mann aus, der unmittelbarer Zeuge des Todesdramas wurde. Er saß im Auto dahinter.

Köln: Heizungsbauer fuhr direkt hinter Verunglückter

Das Mauerteil habe sich an jenem 13. November 2020 zunächst etwas bewegt und hinter einer Einbetonierung verhakt, berichtete der Heizungsbauer in Saal 142 des Kölner Justizgebäudes. „Ich habe noch Lichthupe gegeben“, sagte der Zeuge, um die Person vor ihm im Auto zu warnen. Doch vergeblich, denn alles sei innerhalb weniger Sekunden abgelaufen.

Das Mauerteil sei dann „mit voller Wucht runtergeklatscht“ und habe die Vorderseite des Polos unter sich begraben. „Ich habe die Dame in dem Auto liegen sehen, der Sitz war zurückgeklappt und sie war regungslos“, berichtete der Zeuge. Mit einer roten Decke habe er dann mithilfe eines Lkw-Fahrers die Verunglückte, die sofort tot war, abgedeckt, damit Gaffer keine Fotos machen würden.

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Kölner Anwältin: Bis zu 15 Bauprojekte gleichzeitig betreut

Dem 62-jährigen Bereichsleiter der Baufirma wird Totschlag durch Unterlassen vorgeworfen, was ihn bei einem Schuldspruch für viele Jahre hinter Gitter bringen könnte. Die Anklage spricht von einem Gutachten, das auf gravierende Mängel nach der Anbringung der Schallschutzplatten an der A3 hingewiesen habe. Das habe der Angeklagte ignoriert und die nötigen Nachbesserungen einfach nicht in Auftrag gegeben.

Die direkte Verantwortung habe nicht bei ihrem Mandanten als Bereichsleiter der Firma gelegen, betonte Verteidigerin Kerstin Stirner. Dieser betreue bis zu 15 Bauprojekte gleichzeitig und müsse laut Stellenprofil die Baustellen lediglich sporadisch besuchen. Der Leiter manage finanzielle Dinge und stünde dem vor Ort eingesetzten Bauleiter lediglich beratend, unterstützend und kontrollierend zur Seite.

Köln: Hauptverantwortung liege beim Bauleiter

Ganz klar sei laut Stellenprofil die Aufgabe des Bauleiters, auch die Mängelbeseitigung zu planen und abzuarbeiten. Der Angeklagte habe sich im konkreten Fall auch deshalb auf den Bauleiter verlassen können, da dieser ebenfalls Diplom-Bauingenieur gewesen sei. Der Mann ist bereits verstorben. Anwältin Stirner sprach davon, man könne stattdessen nicht einfach den Vorgesetzten anklagen.

Oberstaatsanwalt René Seppi stimmte dem Antrag der Verteidigerin zu, die ausformulierten Stellenprofile in den Prozess einzuführen. Es sei im Rahmen einer umfassenden Aufklärung des Sachverhalts vor Gericht sogar dringend erforderlich, um die damaligen Verantwortungsbereiche in der Firma abzugrenzen. Das in Rede stehende Gutachten stammt aus dem Jahr 2008. Der Prozess wird fortgesetzt.