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Autos vom GaspedalBringt Tempo 30 mehr Sicherheit in der Kölner Innenstadt?

Lesezeit 4 Minuten

Die Stadt hat auf den Ringen schrittweise Tempo 30 eingeführt – wie hier am Hansaring.

  1. Autofahrer sollen künftig in der Kölner Innenstadt nur noch mit Tempo 30 unterwegs sein.
  2. Vorbild dafür sind die Kölner Ringe, wo die Stadt seit 2016 schrittweise Tempo 30 eingeführt hat.
  3. Was einigen als Maßnahme noch nicht weit genug geht, sehen andere in der Stadt kritisch. Ein Überblick.

Köln – Autofahrer sollen in Zukunft innerhalb der Innenstadt nur noch mit Tempo 30 unterwegs sein – bislang gilt innerorts eine Höchstgeschwindigkeit von 50 Kilometern pro Stunde. Verkehrsdezernentin Andrea Blome hat jüngst angekündigt, prüfen zu lassen, ob und wie sich die Reduzierung umsetzen lässt. SPD, CDU und Grüne haben bereits ihre Zustimmung signalisiert.

Verwaltung und Politik erhoffen sich davon eine Verbesserung der Sicherheit auf den Straßen. Ein Blick auf die Ringe belegt, dass eine solche tatsächlich eintreten kann. Die Stadt hat dort seit 2016 schrittweise Tempo 30 eingeführt – seitdem hat sich die Zahl der Autounfälle mit Verletzten und schweren Sachschäden nach Angaben der Polizei deutlich von 291 auf 94 im vergangenen Jahr reduziert.

„Wir stellen fest, dass sich die Situation auf den Ringen völlig verändert hat“, sagt Klaus Harzendorf, Leiter des Amts für Straßen und Verkehrsentwicklung. Die Stadt hat allerdings nicht nur die Höchstgeschwindigkeit begrenzt – zusätzlich ließen die Verantwortlichen am Hansaring und an der Christophstraße zwei Blitzanlagen fest installieren. „Auf den Ringen sind inzwischen weniger Autos und mehr Radfahrer unterwegs“, sagt Harzendorf.

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Ein Erfolg von „Ring frei“ soll sich ausweiten

Dieser Erfolg ist auch auf die Initiative „Ring frei“ zurückzuführen, die sich sowohl für Tempo 30 eingesetzt hat, als auch für die Umwandlung einer Autospur in eine Radspur. „Der Rückgang an Unfällen zeigt, dass eine Reduzierung der Höchstgeschwindigkeit sinnvoll ist und es auch eine gute Idee wäre, das auszuweiten“, sagt Reinhold Goss, Sprecher von „Ring frei“.

Amtsleiter Harzendorf sieht das ähnlich, weist aber auf ein Problem bei der Umsetzung hin. „Die derzeitige Rechtslage lässt Tempo 30 flächendeckend nicht zu“, sagt er. Das werde sich aber sehr wahrscheinlich ändern, sobald die Straßenverkehrsordnung angepasst sei. Daran werde zurzeit gearbeitet, und es sei sehr wahrscheinlich, dass nach Verabschiedung der Novelle ein größerer Spielraum für den Umstieg auf Tempo 30 vorhanden sei. Bislang müssen die Kommunen ihr Vorgehen begründen. So war etwa die Umstellung auf der Bergisch Gladbacher Straße nur möglich, weil die Luftqualität schlecht war.

Hauptverkehrsachsen wäre von Regelung ausgenommen

Ralph Herbertz vom Verkehrsclub Deutschland (VCD) Köln begrüßt die Absicht der Stadt, den Bereich innerhalb der Ringe zu beruhigen. „Das ist ein erster Schritt, reicht aber noch nicht“, sagt er. Der VCD unterstütze die Absicht, Tempo 30 statt Tempo 50 als Regelgeschwindigkeit innerhalb von Städten einzuführen. Lediglich Hauptverkehrsachsen wie die Innere Kanalstraße und die Rheinuferstraße wären von der Regelung ausgenommen. „Das bedeutet eine spürbare Reduzierung der Unfallgefahr und auch die Schwere der Unfälle nimmt ab“, sagt Herbertz mit Verweis auf den kürzeren Bremsweg. So benötigt ein Auto bei einer Geschwindigkeit von 50 Kilometern pro Stunde 27,7 Meter, bis der Fahrer es zum Stehen bringt – bei Tempo 30 sind es hingegen lediglich 13,3 Meter.

Der Allgemeine Deutsche Automobil-Club (ADAC) betrachtet den Umstieg auf Tempo 30 hingegen kritisch. Roman Suthold, Leiter des Bereichs Verkehr und Umwelt, warnt, dass als Folge der Absenkung der Höchstgeschwindigkeit die Verkehrsmengen auf den Straßen, auf denen zuvor 50 Kilometer pro Stunde erlaubt waren, deutlich sinkt. Ein Großteil der Fahrleistung verlagere sich laut einer ADAC-Untersuchung in sensible Wohnbereiche, in denen schon zuvor eine Tempo 30-Regelung galt. „Der Durchgangsverkehr darf nicht durch Wohnstraßen fahren, weil das dort für eine erhöhte Unfallgefahr sorgt“, sagt Suthold. In anderen Städten wie Stuttgart rede man über Tempo 40 auf Hauptverkehrsstraßen, um die Luft sauberer zu halten und den Verkehrsfluss aufrecht zu erhalten. „Tempo 30 und 50 sind eingeführte Werte – ich halte es für verwirrend, jetzt noch eine dritte Kategorie einzuführen“, entgegnet Amtsleiter Klaus Harzendorf.

SPD fordert zudem eine autofreie Altstadt

„Natürlich wäre es gut, in den Quartieren und auch in der Innenstadt viel mehr auf Tempo 30 zu setzen“, sagt Andreas Pöttgen (SPD). Der Hinweis der Stadt auf „zeitintensive Prüfungen“ lasse aber nicht auf eine schnelle Lösung hoffen. Die SPD fordert zudem eine autofreie Altstadt.

„Überlegungen zu Tempo-30-Zonen innerhalb der Ringe und auch darüber hinaus bis zum Grüngürtel stehen wir offen gegenüber“, sagt Dirk Michel (CDU). Die Hauptverkehrsachsen wie die Nord-Süd-Fahrt, die Cäcilienstraße und die Bäche müssten aber leistungsfähig bleiben.

„Grundsätzlich ist Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit nicht nur aus Gründen des Lärm- und Gesundheitsschutzes begrüßenswert“, sagt Lino Hammer (Grüne). Bei niedrigen Geschwindigkeiten würden auch weniger Unfälle passieren. Eine Tempo-30-Ausweitung sei unproblematisch.

„Man muss nicht mit aller Gewalt überall 30 einführen“, sagt Ralph Sterck (FDP) Es sei wichtig, die Autofahrer mitzunehmen, damit sie sich nicht schikaniert fühlen. Es gebe ohnehin nur wenige Stellen, an denen sich realistisch schneller als 30 fahren lasse. (mit mm)