Köln – Auch am Mittwochabend rollten sie wieder durchs Rechtsrheinische: Hells Angels auf ihren Harleys, unterwegs zum Friedhof in Brück, wo voriges Jahr ihr Kumpel Rocco beerdigt wurde. Er hätte am Mittwoch Geburtstag gehabt. Es blieb zwar friedlich rund um die Trauerfeier. Aber erneut war die Polizei in Alarmbereitschaft, ließ die Rocker nicht aus den Augen.
Machtdemonstration am Montag
So wie auch am Montagabend, als 20 Hells Angels in Kutten durch Ehrenfeld, die Innenstadt, Vingst und Mülheim fuhren. Die Polizei ist überzeugt: Das war nicht als Spazierfahrt an einem lauen Frühlingsabend gedacht, sondern als Machtdemonstration.
Anlass war vermutlich der überraschende Besuch von 15 verfeindeten Bandidos vorigen Freitagabend an den Ringen. Und der provozierende Auftritt mitten im Stammland der Hells Angels war vermutlich nur der Anfang. „Wir erwarten, dass die Bandidos sich künftig vermehrt in Köln zeigen werden“, sagt Kriminalhauptkommissar Ralf Halfpapp.
Denn nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ wollen die Bandidos in der Stadt fest Fuß fassen. Der erste Schritt ist getan: Anfang des Jahres gründeten die Banditen, die bislang vor allem im Ruhrgebiet, aber auch im Kölner Umland präsent waren, das „Chapter Cologne“ – im wesentlichen ein Zusammenschluss aus Kölnern, Euskirchenern, Dürenern und vereinzelt auch Bandidos des aufgelösten Chapters Leverkusen. „Die Gruppe ist etwa 20 bis 25 Mann stark“, bestätigt Halfpapp. Ihr Clubheim liegt in Weilerswist im Kreis Euskirchen, aber allein die Ortsbezeichnung „Cologne“ soll die Hells Angels nach Einschätzung der Polizei herausfordern.
Denselben Zweck verfolgten die 15 Bandidos wohl mit ihrem Restaurantbesuch auf der Ehrenstraße. Und es war knapp. Wäre die Polizei nicht wenige Minuten vor, sondern nach den Hells Angels am Friesenplatz erschienen, „wäre es wohl richtig zur Sache gegangen“, sagt Hauptkommissar Halfpapp. Die Bandidos hätten eben „nicht nur nett etwas Essen gehen“ wollen, sondern wollten Grenzen austesten – die der Hells Angels und die der Polizei. Und sowohl bei den Einsatzkräften als auch bei den Höllenengeln war die Eingriffsschwelle an jenem Abend niedrig: Die Polizisten setzten die Bandidos fest und kontrollierten sie. Die Hells Angels griffen angeblich sofort zu den Waffen. Zeugen berichteten, wie sie mit Messern, Baseballschlägern und einer Axt herbeieilten, sie aber beim Anblick der 30 Streifenwagen wegwarfen. „Die Aggression war extrem hoch, vor allem auf Seiten der Hells Angels. Die fühlten sich von den Bandidos enorm provoziert“, sagt Halfpapp.
Im Ruhrgebiet liefern sich beide Gruppen seit Jahren erbitterte Kämpfe. Es gab Schießereien mit Toten und Verletzten. In Köln wurden drohende Auseinandersetzungen bislang immer im letzten Moment verhindert.
Damit das so bleibt, will die Polizei unter anderem nachts an Wochenenden künftig eine Hundertschaft auf die Ringe schicken. Halfpapp: „Wir werden weiterhin konsequent einschreiten und keine Machtdemonstration zulassen.“