Köln – Enrico Corli befestigt den 40 Meter langen Dieselschlauch an der Kupplung, die mit den vier Tanks auf dem Deck der „Bunker 1“ verbunden ist. Nur ein paar Zentimeter trennen das kleine Schiff von der „Alegria“, die am Ufer des Rheins liegt und auf ihre nächste Tankfüllung wartet. Tanken nennt man in der Schifffahrt auch „bunkern“: Der 43-jährige Corli arbeitet auf einem Bunkerschiff, der einzigen fahrenden Tankstelle zwischen Düsseldorf und Königswinter.
Im aufgeheizten Pumpenraum unter den Tanks setzt sich dröhnend die Pumpe in Bewegung. Fast 600 Liter Diesel pro Minute fließen durch den Schlauch in den Tank des holländischen Ausflugsschiffs. Nach einer guten halben Stunde schaltet sich die Pumpe automatisch ab. Es riecht nach Diesel, doch das nimmt Andree Friedrich, der schon seit 28 Jahren einer der Kapitäne der „Bunker 1“ ist, gar nicht mehr wahr. Schon als Siebenjähriger träumte er davon, einmal auf dem Wasser zu arbeiten. Mit 14 begann er bei seinem Stiefvater die Lehre zum Matrosen, anschließend machte er die Kapitänsprüfung. In den ersten Ehejahren fuhr seine Frau noch mit ihm. Als die erste Tochter geboren wurde, suchte er nach einer Arbeit, die es ihm ermöglicht, jeden Abend zu Hause bei zu sein. Er fand die Stelle auf der „Bunker 1“.
Jahrgang 1958
Alle paar Tage steht der 61-Jährige auf der Brücke der „Bunker 1“ und fährt den Rhein flussauf- und flussabwärts. Mit der rechten Hand gibt er Gas. Gegen die Strömung fährt die „Bunker 1“ ungefähr zehn Kilometer pro Stunde. Die linke Hand liegt während der Fahrt am Steuerknüppel des hydraulischen Ruders. Doch obwohl die Technik an Bord schon mehrfach erneuert wurde und auf dem neusten Stand ist: Die „Bunker 1“ ist Jahrgang 1958.
Tanker, Frachter, Ausflugsschiffe – jeder, der auf dem Rhein Diesel braucht, kann telefonisch bei ihm oder der Zentrale seiner Reederei in Hamburg seinen Bedarf anmelden und einen Termin vereinbaren.
Meistens legen Andree und sein Kollege Corli gegen 8 Uhr morgens ab. Sie bebunkern im Durchschnitt fünf Schiffe am Tag. Aber kein Tag ist wie der andere: „Es läuft nie nach Schema F ab. Jedes Schiff ist anders“, sagt der gebürtige Bonner Andree. Corli und er lernten sich vor 17 Jahren selbst beim Bunkern kennen. Corli arbeitete zu jener Zeit noch als Matrose auf einem Schlepper des Wasser- und Schifffahrtsamts. Schon seine Großeltern besaßen ein Schleppschiff, auf dem er seine Liebe zum Wasser entdeckte.
Auf die entgegenkommenden Schiffe aufpassen
Auf der „Bunker 1“ lernte er, den Pumpenraum zu bedienen, und, was besonders kniffelig ist, andere Schiffe während der Fahrt zu betanken „Auch dabei machen wir die Bunker 1 immer zuerst am großen Schiff fest, damit der Schlauch nicht abrutscht und verloren geht“, erklärt Corli.
Als die Tanks der „Alegria“ voll sind, haben die beiden erst mal Pause bis zum nächsten Termin. Dass sie in ihrem Beruf so sehr ihr eigener Herr sind, ist für sie das Schönste: „Das Einzige, worauf wir aufpassen müssen, sind die entgegenkommenden Schiffe“, sagt Andree, „so viel Freiheit wäre woanders gar nicht möglich.“