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„Gebot der Gleichbehandlung“Stadt Köln beendet Tier-Sonderregelung für ukrainische Geflüchtete

Lesezeit 3 Minuten
Oksana Huliaieva (Mitte) wird im Alltag von Roman Friedrich (links) und der ebenfalls aus der Ukraine geflüchteten Olena Badyka unterstützt.

Oksana Huliaieva (Mitte) wird im Alltag von Roman Friedrich (links) und der ebenfalls aus der Ukraine geflüchteten Olena Badyka unterstützt.

Bislang durften ukrainische Geflüchtete in Erstaufnahmeeinrichtungen Tiere mitbringen. Wann und warum die Regel ausläuft und welche Probleme eine Betroffene jetzt hat.

Seit Ausbruch des Krieges in der Ukraine sind Tausende aus dem Land Geflüchtete in den städtischen Erstaufnahmeeinrichtungen Kölns untergekommen – manche haben dabei auch ihre Haustiere mitgebracht. Aufgrund der besonderen Umstände hatte sich die Stadt Köln ihnen gegenüber großzügig gezeigt: Hunde und Katzen durften mitgebracht werden, ohne dass tierseuchenrechtliche Vorgaben eingehalten werden mussten, und obwohl Tierhaltung in den städtischen Geflüchtetenunterkünften eigentlich nicht erlaubt ist, wurde sie den Geflüchteten bislang gestattet. Damit soll nun Schluss sein.

50 Tierhalter haben sechs Monate Zeit, eine neue Unterkunft oder neue Halter zu finden

Im Juni wurden die gut 50 tierhaltenden Personen und Familien darüber informiert, dass sie sechs Monate Zeit haben, entweder eine private Unterkunft zu finden, in die sie gemeinsam mit ihren Tieren umziehen können, oder um eine vertraute Person oder Einrichtung zu finden, um sie in Pflege zu geben.

Oksanas Yorkshire Terrier sind schon im für Hunde fortgeschrittenen Alter von 11 und 13 Jahren.

Oksanas Yorkshire Terrier sind schon im für Hunde fortgeschrittenen Alter von 11 und 13 Jahren.

Davon betroffen ist auch Oksana Huliaieva. Mit ihren beiden Hunden, zwei betagten Yorkshire Terrier-Damen, lebt sie im Heim für Inklusion im Erbacher Weg – die Tiere hatte sie sich angeschafft, nachdem sie bei einem Unfall mit Mitte 20 beide Beine verloren hatte. „Danach hatte ich Depressionen und der Arzt hatte mir als therapeutische Maßnahme Haustiere empfohlen“, sagt sie.

Nach dem Angriff der Russen aus der Wohnung geflohen

Oksana stammt aus Mariupol in der Ostukraine, das in der heißen Frühphase des Krieges besonders schwer umkämpft war. „Als mein Sohn vom Angriff der Russen gehört hat, sind wir sofort aus der Wohnung geflohen“, erinnert sie sich, „Wir dachten, wir könnten später noch einmal zurückkommen und mehr Sachen holen“. Doch schon am gleichen Morgen wurde ihr Wohnhaus von einer Rakete getroffen.

Tage verbrachten sie unter russischem Dauerbeschuss, ohne Lebensmittel, Wasser, Heizung oder Strom. Als es ihnen schließlich gelang, die Stadt mit dem Auto zu verlassen, mussten sie bereits russische Kontrollen passieren, an denen die Soldaten ihre Maschinengewehre auf sie gerichtet hielten. Es folgte eine Odyssee durch verschiedene ukrainische Städte, wo sie in Turnhallen und Konferenzsälen schliefen. Schließlich nutzte Oksana eine Gelegenheit, das Land in Richtung Deutschland zu verlassen.

Tiere als emotionaler Halt

Hier in der Fremde ist der emotionale Halt, den ihr die Tiere geben, noch einmal wichtiger – umso verzweifelter ist sie über das Ultimatum der Stadt. Ihre Hunde in die Obhut anderer Menschen zu geben, kommt für sie nicht infrage: „Sie sind elf und 13 Jahre alt, das sind schon alte Omas. Ich bin ihre einzige Bezugsperson“, sagt sie. Sie wäre auch schon längst aus dem Heim ausgezogen, doch auf dem angespannten Kölner Wohnungsmarkt eine barrierefreie Wohnung zu finden, in der Hundehaltung erlaubt ist, sei noch einmal schwieriger, sagt sie.

Laut Stadt Köln muss die Duldung der Haustiere ukrainischer Geflüchteter beendet werden, da diese eine Ungleichbehandlung darstelle. „Es mehren sich die verständlichen Anfragen der nicht-ukrainischen Geflüchteten, dass man ihnen ebenfalls die Haltung von Haustieren erlaube“, so die Stadt in ihrer Antwort.

Hygiene, Lärm, Allergien: Generelle Tier-Erlaubnis keine Option

Eine generelle Erlaubnis in den Gemeinschaftsunterkünften sei jedoch aufgrund des Konfliktpotenzials bezüglich Hygiene, Lärm oder der Gefahr von Allergien keine Option, darum müsse die Sonderregelung nun auslaufen. Die sechs Monate Frist sollen eine „sanfte Übergangsphase“ ermöglichen. Eine Verlängerung dieser Frist könne aufgrund des Gebots der Gleichbehandlung nicht gewährt werden.

Tatsächlich weiß Oksana, dass andere Heimbewohner den Wunsch nach einem Haustier hegen. Aber niemand wolle, dass sie ihre Hunde abgeben müsse, „sie haben sogar Unterschriften gesammelt, damit ich sie behalten darf“. Ein Vertreter der Stadt habe sich jedoch bei einem Gespräch unnachgiebig gezeigt. Für sie steht fest, dass sie sich nicht von den Tieren trennen wird. „Da gehe ich lieber in die Ukraine zurück“, sagt sie. Aber auch dann bleibt ihr der Weg in ihre alte Heimat verwehrt.