Institutionen aus dem Kölner Bezirk Chorweiler kommen über die Bürgerplattform in Kontakt miteinander.
„Stark! Im Kölner Norden“Bürgerplattform feiert siebten Geburtstag
Je nach Sichtweise können sieben Jahre sowohl ein langer, als auch ein kurzer Zeitraum sein – ein siebter Geburtstag ist jedoch in jedem Fall ein Grund zum Feiern. Das dachten sich auch die Mitwirkenden von „Stark! Im Kölner Norden“, die in diesem Jahr den Jahrestag der Gründung der Bürgerplattform begingen, die sich 2015 formiert hatte. Dabei kamen eine ganze Menge Gäste zusammen.
„Es ist eine Form von Gemeinwesenarbeit, die auf dem sogenannten Community Organizing basiert, das vor gut 100 Jahren in den USA entstanden ist“, erklärt Tobias Meier vom Deutschen Institut für Community Organizing (DICO). „Es geht darum, gesellschaftliche Institutionen miteinander in Kontakt zu bringen, die im Grunde ganz ähnliche Interessen haben, das aber nicht unbedingt voneinander wissen – zum Beispiel christliche und muslimische Gemeinden“, sagt er. „In einer Bürgerplattform können sie sich miteinander austauschen und Themen finden, über die sie gemeinsam Verbesserungen in ihrem nachbarschaftlichem Umfeld erreichen können.“
Elf Gruppierungen arbeiten bei „Stark! Im Kölner Norden“ mit
Die Geschichte von „Stark! Im Kölner Norden“ beginnt laut Meier noch vor dem Gründungsjahr 2015, denn erste Bemühungen zur Gründung einer Bürgerplattform fanden bereits 2013 statt. „Damals gab es bei verschiedenen Kölner Akteuren den Wunsch, Gemeinwesen neu zu denken – darunter auch große Institutionen wie das katholische Stadtdekanat oder Unternehmen wie die GAG. Die brachten dann auch die finanziellen Mittel ein, eine erste Organizer-Stelle zu finanzieren, die ich dann übernahm.“
Der Organizer steht im Zentrum der Arbeit der Bürgerplattform, denn diese vom DICO bezahlte hauptamtliche Kraft ist für Aufbau und Organisation der Beziehung und Verständigung unter den beteiligten Gruppierungen zuständig. Gut zwei Jahre lang leistete Meier daher intensive Beziehungsarbeit, bevor die Bürgerplattform 2015 bei einem Treffen in der Flora gegründet wurde. Heute wirken elf verschiedene Gruppierungen an „Stark! Im Kölner Norden“ mit, darunter evangelische und katholische Kirchengemeinden, der muslimische IGMG Regionalverband Köln und der Förderverein für afrikanische Bildungsarbeit e.V. (FAB).
Roggendorfer Siedlung Im Mönchsfeld konnte verbessert werden
Einmal im Jahr treffen sich ihre Vertreter zu einer Klausurtagung, bei der die Themen erörtert werden, für die sich engagieren wollen. „Dabei müssen wir im Blick behalten, dass wir das Thema auch beackern und Erfolge erzielen könnnen“, sagt Heinz-Josef Peters, der über sein Engagement für die Gemeinde von St. Johann Baptist zur Bürgerplattform gefunden hatte. „Manche Dinge können nicht auf Bezirkebene gelöst werden – aber es ist schon eine ganze Menge möglich.“ Die bisherige Erfolge der Bürgerplattform können sich sicherlich sehen lassen.
So konnten etwa einige Verbesserungen im Umfeld der Roggendorfer Siedlung Im Mönchsfeld erreicht werden, die viele typische Probleme vornehmlich einkommensschwacher Wohnquartiere aufweist. „Schon beim Gründungstreffen hatten Anwohner uns von der schlechten Bausubstanz der Häuser und den Lebensbedingungen dort erzählt“, erinnert sich Peters. „Wir hatten dann Kontakt mit der Wohnungsgesellschaft Vonovia aufgenommen, um über Verbesserungen zu verhandeln.“
Seeberger Spielplatz in Köln saniert
Die waren dank konstruktiver Atmosphäre von Erfolg gekrönt: 2016 einigten sich die Verhandlungspartner auf umfangreiche Reparaturen und Sanierungen, sowie die Installierung von Ansprechpartnern und zeitweise eines Sicherheitsdienstes. „Das zeigt auch unseren Ansatz, dass wir nicht mit Krawall auf die Straße ziehen wollen, sondern versuchen, Dinge im Gespräch zu lösen, zuzuhören, Interessen abzuwägen und inhaltlich zu überzeugen“, meint Peters. Als weitere erfolgreiche Projekte können sich die Mitwirkenden der Bürgerplattform die Sanierung eines Seeberger Spielplatzes und die Förderung von islamischem Religionsunterricht auf die Fahne schreiben.
Gemeinsam mit der Demokratiewerkstatt Chorweiler engagierte man sich außerdem für die Erhöhung der Wahlbeteiligung bei den Kommunalwahlen. Aktuell steht eine Kampagne gegen Alltagsdiskriminierung im Fokus der gemeinsamen Bemühungen. „Auslöser waren konkrete Erfahrungen von Benachteiligung in einem Fitnessstudio, von denen wir hörten“, sagt Enis Remzi Sareyiar vom IGMG Regionalverband Köln.
Kölner Plattform sucht neue Geldgeber
„Über die Auseinandersetzung mit dem Betreiber des Studios entwickelte sich dann die Idee, das Thema Alltagsdiskriminierung allgemeiner anzugehen, so dass wir uns nun für die Einrichtung einer Antidiskriminerungsrichtlinie durch die Stadtverwaltung einsetzen“, so Sareyiar. Zurzeit beschäftigt jedoch auch die eigene Finanzierung die Bürgerplattform. „Wir wollen unabhängig von Parteien, Gemeinden oder anderen Gruppierungen sein und finanzieren uns ausschließlich über Spenden“, sagt Peters.
„Davon müssen wir etwa unseren Organizer bezahlen, denn ohne den geht es auf die Dauer nicht. Wir haben also einen Bedarf von etwa 50.000 Euro im Jahr.“ Da sich die Institutionen wie die GAG inzwischen aus der Finanzierung zurückgezogen haben, ist die Plattform nun auf der Suche nach anderen Geldgebern. „Wir versuchen etwa, uns um Gelder von Stiftungen zu bemühen“, sagt Peters, „von denen gibt es ja eine ganze Reihe in Deutschland.“