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„Das ist ungerecht für Porz”Bürger protestieren gegen geplante riesige Neubauflächen

Lesezeit 5 Minuten

Potenzielles Bauland: Felder am Ende der Straße Langeler Berg (l.) und bei Libur (r.)

  1. Angesichts der großen Wohnungsknappheit in Köln hat die Stadt 650 Hektar große Neubauflächen in der Stadt ausgemacht, ein Drittel davon in Porz.
  2. Vor allem der bislang kleinste Kölner Stadtteil Libur könnte künftig enorm wachsen. Aber auch andere Stadtteile wären betroffen.
  3. Bürger und Politiker sind auf dem Baum. Zwei Dinge stören sie besonders. Die Hintergründe.

Porz – Rund 650 Hektar zusätzliche Neubauflächen hat die Verwaltung im ganzen Stadtgebiet ausgemacht. Einen großen Teil davon in Porz. Zusammengerechnet ergeben die vorgeschlagenen Flächen im Bezirk gut 175 Hektar. Das sind rund ein Drittel aller möglichen Neubaugebiete. Ginge es nach der Verwaltung, könnte allein Libur um 68 Hektar wachsen.

„Das ist nicht gerecht, Porz soll wieder über Gebühr belastet werden“, kritisiert Hans Baedorf, Vorsitzender des Zündorfer Bürgervereins. Köln ist eine rasch wachsende Stadt und Wohnraum in vielen Veedeln schon heute knapp. Zehntausende Wohnungen müssen gebaut werden, um den steigenden Bedarf zu decken. Hinzu kommen Schulen, Straßenbahntrassen, Parkhäuser und Kindertagesstätten. All das braucht Raum in einer schon jetzt sehr dicht bebauten Stadt. Deshalb hat die Verwaltung für mögliche neue Wohnbebauung im gesamten Stadtgebiet zusätzliche Flächen gesucht. Diese werden in einem neuen Regionalplan festgeschrieben, für den die Bezirksregierung Köln zuständig ist.

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Der Plan ist ein wichtiges Steuerungselement, in dem vorgeschrieben wird, welche Flächen etwa für Wohnungsbau und welche für Grünflächen genutzt werden sollen. Auch wenn die Bebauungen erst in Jahrzehnten tatsächlich realisiert werden, der Regionalplan stellt schon jetzt Weichen. Die Vorschläge der Verwaltung werden zurzeit in den politischen Gremien kontrovers diskutiert.

Durch die Felder am östlichen Ortsrand von Zündorf soll eigentlich die geplante Ortsumgehung führen, im Regionalplan schlägt die Verwaltung dort nun Wohnbebauung vor.

Die möglichen Neubaugebiete im Porzer Stadtbezirk, die im Entwurf des Regionalplans aufgelistet sind, verteilen sich auf neun Flächen. Von denen gelten zwei in Elsdorf und eine in Urbach als zumindest ökologisch unproblematisch. Hinzu kommen weitere in Langel, Zündorf, Westhoven und Libur (drei Flächen). In diesen Ortsteilen gibt es Areale mit besonderer ökologischer Funktion, sie liegen zum Teil im Wasserschutzgebiet, einem Biotopverbund oder gelten als klimaaktive Flächen. Das gilt etwa für zwei Gebiete im Norden von Libur, über die der Liburer Ortsvereinsvorsitzende Helmut Marti sagt: „Es ist nicht das erste Mal, dass dort über Bauabsichten gesprochen wird.“ Als noch die Verlängerung der Houdainer Straße Richtung Osten mit Anschluss an die Frankfurter Straße/Flughafenautobahn im Gespräch gewesen sei, habe er auch von ersten Überlegungen für Gewerbe- und Wohnungsbau beidseits der vorgesehenen Straße durch die Liburer Felder gehört. Der Grund und Boden sei im Eigentum der von Eltz’schen Verwaltung.

Potenzielles Bauland: Felder am Ende bei Libur

Ein Wachstum Liburs um bis zu 68 Hektar findet Marti übertrieben – bei allem Verständnis für Kölner Wohnungsbaunöte. In dem kleinen Ort am Rande der Großstadt sei die Ausweisung weiteren Baulandes zwar willkommen, aber lieber kleinflächig und in den Ort integriert. Wohnungsbau für etliche Hundert Neubürger, zumal ohne Ausbau der Infrastruktur, würde die dörfliche Besonderheit zerstören. Marti plant, sich gemeinsam mit der Vernetzung der Porz/Poller Bürgervereine weiter zu informieren und die Kritik zu kanalisieren.

In Zündorf weist der Regionalplan eine insgesamt 52 Hektar große langgezogene Fläche am östlichen Rand des Stadtteils aus. Zwischen Ranzeler und Wahner Straße könnte zusätzliche Wohnbebauung entstehen. Das Areal wird derzeit überwiegend landwirtschaftlich genutzt. Als mögliche Konflikte weist der Planentwurf der Verwaltung den Bodenschutz aus sowie die geplante Ortsumgehung für Zündorf und die Verlängerung der Straßenbahnlinie 7.

Beide Vorhaben könnten auch in diesem Gebiet verwirklicht werden, das nun für mögliche neue Wohnbebauung diskutiert wird. Ein Unding findet Baedorf. „Endlich ist eine Trasse für die Ortsumgehung gefunden und die Planungen werden konkreter, da will man Wohnungen auf die Fläche bauen“, klagt der Vorsitzende des Zündorfer Bürgervereins. Das würde die so wichtige Umgehungsstraße um Jahre verzögern, ist sich Baedorf sicher. Denn es müsste erst wieder ein neuer Streckenverlauf für die Straße gefunden werden.

Ein anderer Punkt: „Man kann nicht den Klimanotstand ausrufen und dann bei einem neuen Regionalplan jegliche Klimavorsorge außer Acht lassen“, so der Bürgervereinsvorsitzende. Die unbebauten Felder zwischen Zündorf und Langel seien wichtig für die Kaltluftversorgung von ganz Köln. Würden diese in Zukunft zugebaut, verändere das auch das Klima in der Innenstadt, argumentiert Baedorf.

Auch in Langel hat die Stadt eine gut 20 Hektar große Fläche für Neubau ausgewiesen, die heute landwirtschaftlich genutzt wird. Betroffen sind Felder ungefähr zwischen den Straßen An der Mühle und Langeler Berg. Das Problem: Dieses Gebiet ist für die Verlängerung der Linie 7 vorgesehen. Zudem müsse „gegebenenfalls“ eine Schule und ein Nahversorger gebaut werden. „Das ist ein Unding, die Infrastruktur reicht heute schon nicht aus“, kommentiert Elfriede Thoma, Vorsitzende des Bürgervereins Porz-Langel. Zudem sei ein Großteil des Areals in Privatbesitz und müsste erst von der Stadt erworben werden.

Der Stadtentwicklungsausschuss hatte die Verwaltungsvorschläge zum Regionalplan bereits Ende Oktober auf der Tagesordnung. Eine Beratung in den einzelnen Bezirksvertretungen war nicht vorgesehen. Auf Initiative der SPD hat der Ausschuss die Verwaltung aber aufgefordert, „die betroffenen Bezirksvertretungen (BV) in die Angelegenheit einzubinden“.

Auch die Porzer Bezirksvertreter haben auf ihrer November-Sitzung einen ähnlich lautenden Antrag einstimmig verabschiedet. Darin fordern sie, dass die Verwaltung die BV auf der nächsten Sitzung am 10. Dezember über den Regionalplan informiert. „Auch wenn die Änderungen erst in 20 Jahren eintreten, wollen wir jetzt mitreden“, forderte SPD-Fraktionschef Simon Bujanowski. Und der Grünen-Fraktionsvorsitzende Dieter Redlin klagte: „Ich finde es erschreckend, dass Entscheidungen beschleunigt werden, so dass sie an den wichtigsten Entscheidern vor Ort vorbeirauschen.“Am Ende muss der Rat über die Vorlage entscheiden. Nach aktuellem Stand wird der Regionalplan auf der Tagesordnung am 12. Dezember stehen.