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Auch Radikale in EhrenfeldMuslime treffen sich unter Ausschluss der Öffentlichkeit

Lesezeit 4 Minuten

Die Ditib-Moschee in Köln-Ehrenfeld

  1. Kaum einer hat es bemerkt: In Ehrenfeld haben Muslime aus 17 Ländern auf einer Konferenz über „Die Zukunft der Muslime in Europa“ diskutiert.
  2. Vertreter der Stadt waren bei der Veranstaltung nicht erwünscht.
  3. Gegen den Besuch bekannter radikaler Vertreter der Muslimbruderschaft schienen die Ditib und Diyanet aber nichts zu haben.

Köln – Die internationale Konferenz in der Kölner Zentralmoschee findet nahezu unbemerkt von der Öffentlichkeit statt. Gemeinsam organisiert von der türkischen Religionsbehörde Diyanet und ihrem deutschen Ableger, der Türkisch-Islamischen Union Ditib.

Drei Tage lang, vom vergangenen Mittwoch bis Freitag, haben mehr als 100 Vertreter aus 17 Ländern in Ehrenfeld über „Die Zukunft der Muslime in Europa“ diskutiert – so der Titel der Veranstaltung. Es ist eine geschlossene Gesellschaft – Vertreter der Stadt Köln sind nicht eingeladen. Dass sich auch führende radikale Vertreter der geistigen Lehre der Muslimbruderschaft darunter finden, stört offenbar niemanden.

Diyanet-Chef Ali Erbaș mit bei der Moschee-Eröffnung mit dem türkischen Präsident Recep Tayip Erdogan im September 2018 in Köln.

Gut drei Monate nach der höchst umstrittenen Einweihung des Gebäudes durch den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayip Erdogan im September des vergangenen Jahres zeigt sich bei der Tagung erneut, dass es mit der von der Ditib vielbeschworenen Unabhängigkeit vom türkischen Staat nicht weit her ist. Fünf von sechs Diskussionsrunden werden von der Führungsriege der Diaynet geleitet. Das Kommando haben Ali Erbaș, Präsident der Religionsbehörde und enger Vertrauter Erdogans, sein Stellvertreter Selim Argun und Erdal Atalay, Generaldirektor für Außenbeziehungen.

„Es gibt keinen deutschen, französischen oder europäischen Islam“

Laut Programm geht es um die Förderung der „Zusammenarbeit zwischen religiösen Institutionen in Europa, des Austauschs von Wissen und Erfahrungen, die Anbietungsweise von religiösen Dienstleistungen und Religionsunterrichten auf gesunde Weise, die Lösung der aktuellen Probleme“ und „die Entwicklung eines friedlichen und behaglichen Klimas in der Region“.

Was so unkonkret klingt, wird durch die Ausführungen des Diyanet-Präsidenten im Verlauf der Tagung deutlich. „Es gibt keinen deutschen, französischen oder europäischen Islam“, sagt Ali Erbaș. Vielmehr sei der Islam eine „Religion des Friedens, die dieselben Werte überall auf der Welt verteidigt und erhält“.

Die Konferenzteilnehmer diskutieren auch über „Strategien gegen die negative Wahrnehmung des Islam in den europäischen Medien“, so Erbaș, die er heftig kritisiert. Unter dem Vorwand einer kritischen Berichterstattung förderten sie die Islamophobie. Vor allem müsse man sich um junge Menschen kümmern, „die den Angriffen von islamophoben Strukturen schutzlos ausgeliefert sind und irregeführt werden, weil sie ihrem Glauben und ihrer Kultur ferngeblieben waren“.

Eindeutige Verbindungen der Ditib und Diyanet zur Muslimbruderschaft

In der Abschlusserklärung wird auch die Gülen-Bewegung, der Erdogan vorwirft, im Juli 2016 einen Putschversuch in Istanbul und Ankara initiiert zu haben und Parallelstrukturen in der Türkei schaffen wollen, mit dem Islamischen Staat und der PKK gleichgesetzt und als Terror-Organisation eingestuft. Sie alle seien „Elemente von Wirre, Zwietracht und Anarchie in der islamischen Welt“.

Beim Erdogan-Staatsbesuch sperrte die Polizei zum Unmut vieler Kölner zahlreiche Straßen und Autobahnen in der Stadt.

Beobachter gehen davon aus, dass die Konferenz in Köln wohl als Gegenreaktion zu der von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) organisierten Deutschen Islamkonferenz im November 2018 veranstaltet wurde. In Köln wurde noch einmal kritisiert, dass den Gästen damals beim Essen ausgerechnet Schweinefleisch serviert worden war. Ein Fauxpas, für den sich das Bundesinnenministerium entschuldigt hatte.

Bei der Islam-Konferenz Köln tauchen eindeutige Belege dafür auf, dass die türkische Religionsbehörde Diyanet und ihr deutscher Ableger Ditib enge Verbindungen zur arabischen Muslimbruderschaft unterhalten.

Im Konferenzzentrum an der Moschee werden zwei Teilnehmer gesichtet, die den Muslimbrüdern und damit radikalen Islamisten zugerechnet werden: der deutsche Prediger Khaled Hanafy und der irische Imam Hussein Halawa. Ibrahim El-Zayat, der als einer der einflussreichsten MB-Führer in Deutschland und Europa eingeschätzt wird, soll ebenfalls teilgenommen haben.

Ditib will Straßenfest für Anwohner veranstalten

Die Islamkonferenz wird laut einer Erklärung der Ditib, die am Freitag veröffentlicht wurde, künftig alle zwei Jahre stattfinden. Ob die Zentralmoschee in Köln ständiger Konferenzort sein wird, ist offen. Beim Präsidium der türkischen Religionsbehörde in Ankara werde ein Sekretariat eingerichtet, „um die Umsetzung der Beschlüsse des Treffens nachzuverfolgen“.

Ehrenfelds Bezirksbürgermeister Josef Wirges (SPD) zeigte sich am Sonntag erstaunt über die Tatsache über die Islamkonferenz in der Zentralmoschee an der Venloer Straße. „Davon haben wir nichts gewusst“, sagte er auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Noch im Dezember habe er sich in seiner Funktion als Mitglied des Moscheebeirats mit Vorstandsmitgliedern der Ditib getroffen, „um die Scherben aufzukehren, die durch den Erdogan-Auftritt entstanden sind“, so Wirges. Man habe ihm signalisiert, dass „die Ditib an einer Rückkehr zur Normalität interessiert ist. Wenn ein neuer Vorstand gewählt, will man auf uns zukommen. Darüber soll auch die Oberbürgermeisterin informiert sein“. Ende Januar solle es darüber ein Gespräch mit Henriette Reker geben. Die Ditib habe in Aussicht gestellt, nach der Neuwahl ihres Vorstands in diesem Jahr ein Straßenfest für die Anwohner zu organisieren.

Die Ditib hat am Wochenende auf die Bitte des „Kölner Stadt-Anzeiger“, einige Fragen zu dem Treffen zu beantworten, nicht reagiert.

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