„Edo liebt Sonja”Wo die Besucher den Kölner Dom am schmutzigsten hinterlassen
Lesezeit 3 Minuten
Weltbewegende Mitteilungen wie „Marcel was here” oder „Edo liebt Sonja” gibt es im Kölner Dom zuhauf.
Doch jetzt nutzt Dombauhütte die Corona-Besucherpause für den großen Frühjahrsputz. Und macht dabei auch erstaunliche Entdeckungen.
Dombaumeister Peter Füssenich erklärt auch, wo der Dom durch die Besucher den meisten Schaden genommen hat.
Köln – Als Architektur ist der Dom vollendet, als Bauwerk wird er niemals fertig. Für den Dombaumeister und die Dombauhütte mit ihren fast 100 Mitarbeitern ist das die Daseinsgarantie.
Auch während des Lockdowns in der Corona-Krise „war uns nicht langweilig“, berichtet Dombaumeister Peter Füssenich. „Wir haben die Chance des leeren Doms für Reparatur- und Reinigungsarbeiten genutzt.“
Regelrecht begeistert ist Füssenich von der Säuberung im Inneren des Südturms, der seit dem Lockdown im März für Turmbesteigungen geschlossen ist. „Wir befreien derzeit die Wände im Treppenturm komplett von Graffiti und versehen sie mit einem Schutzüberzug gegen neue Schmierereien. Das Treppenhaus sieht jetzt fast wieder aus wie am Tag der Domweihe.“
Aktuell dürfte der Dom nach Aussage der mit der Reinigung beauftragten Spezialfirma „Graffiti-Guard“ aus Wiesbaden einen Europarekord halten mit der höhen- und flächenmäßig größten Graffiti-Entfernung: Rund 1400 Quadratmeter Sandsteinmauerwerk im Südturm auf einer Höhe von null bis hundert Meter wurden gesäubert. Zwei Drittel der Gesamtfläche waren von Graffiti aller Art übersät, teils in mehreren Schichten. Auf der Besucherplattform in 100 Metern Höhe waren sogar 100 Prozent der Natursteinflächen bedeckt. Zusätzlich wurde bei der Reinigung des Bodens und der Wände eine Unmenge alter Kaugummis entfernt. Etwa 3000 waren es allein auf der 75-Meter-Ebene.
Das älteste gefundene Graffiti, in den Stein geritzt, stammt übrigens aus dem Jahre 1909. „Das haben wir als Zeitdokument erhalten“, berichtet Füssenich. Auch die Kathedrale gebe Zeugnis von dem „scheinbar ewigen Phänomen, dass die Menschen sich verewigen müssen. Sie hinterlassen der Nachwelt so weltbewegende Mitteilungen wie, »Marcel was here« oder »Edo liebt Sonja«.“ Und ist eine Fläche erst einmal schmuddelig und beschmiert, dann kommt schnell noch mehr dazu. Anders herum: Füssenich hofft generell, dass die Zurückhaltung größer oder die Hemmschwelle höher ist, „wenn ein Gebäude sauber und ordentlich aussieht“.
Zugleich nutzten der Dombaumeister und sein Team die Gelegenheit, die durch die vielen Tausend Besucher ausgetretenen Treppenstufen der Turmbesteigung zu reparieren und auch im Dom selbst Schäden zu beseitigen, die aus der Beanspruchung durch die vielen Besucher resultieren. Wenn sonst jeden Tag mehr als 20.000 und in Spitzenzeiten sogar 30.000 Menschen durch die Kathedrale laufen, sind bestimmte Arbeiten schlicht unmöglich.
So hätten die Mosaike und Plattenbeläge im Chorumgang „sichtbar gelitten“, erklärt Füssenich. Ende des 19. Jahrhunderts waren fast 1350 Quadratmeter Fläche im Ostteil des Doms mit keramischen Mosaiksteinchen der Firma Villeroy & Boch belegt worden, die größere Haltbarkeit versprachen als die traditionellen Intarsien. Am flächenmäßig größten Kunstwerk des Doms sei es „zu vielen kleinen Rissen, Hohlstellen und Ausbrüchen von Mosaiksteinen gekommen“.
Bei der Restaurierung wurden jetzt Mosaiksteine ergänzt, die Hohlstellen gefüllt und Plattenbeläge ausgetauscht.“Mindestens bis Pfingsten finden keine Domführungen statt. So lange bleiben auch die Turmbesteigung und die Domschatzkammer geschlossen. Derzeit würden „Konzepte überlegt, wie man die Turmbesteigung unter Corona-Bedingungen wieder öffnen kann“, sagt Peter Füssenich. Aber noch gebe es auch hierfür kein Datum.