Streit um Neubau in Köln-Neuehrenfeld„Hühnerhäuschen“ soll Neubau weichen
Neuehrenfeld – Drei Epochen der Siedlungsgeschichte des Stadtteils lassen sich an der Nußbaumerstraße studieren. Zwei ehemalige Arbeiterhäuschen aus dem späten 19. Jahrhundert werden zur einen Seite flankiert von einem Wohnhausblock einer Genossenschaft der in den 1920er Jahren entstanden ist sowie auf der anderen Seite von Bauten aus den 1970er Jahren in Wasch- und Sichtbetonoptik.
Zwischen Landmann- und Iltisstraße
Seit rund 50 Jahren prägt das Ensemble das Straßenbild an dieser Stelle unweit der Straßenbahnhaltestelle „Lenauplatz“ – typisch Neuehrenfeld, obwohl es diesen Stadtteilnamen erst seit den Fünfziger Jahren gibt. Die ältesten Häuser sind die letzten beiden der sogenannten „Hühnerhäuser“. Das waren einfache, meist nur zweigeschossige Backsteinhäuschen, die an einer Seite der Straße im Abschnitt zwischen der Einmündung Landmannstraße und der heutigen Iltisstraße standen.
Zu dieser Zeit war die Gegend noch Ossendorf zugerechnet. Die meisten dieser Häuschen waren von Tagelöhnern bewohnt, die in den Lehmkuhlen der nahen Ziegelei, die sich hinter den Häusern in Richtung Ossendorf und Blücherpark erstreckten, arbeiteten. Vor diesem Hintergrund haben die beiden alten Häuschen, trotz häufiger Veränderungen im Lauf von gut 130 Jahren, ortsgeschichtliche Bedeutung. So sieht es zumindest die Bürgervereinigung Ehrenfeld, die sie am liebsten unter Schutz stellen würde. Den aber hat der Stadtkonservator schon abgelehnt.
Eigentümer plant Neubau
Anlass für das Engagement der Bürgervereinigung sind Überlegungen eines Eigentümers, sein Häuschen durch einen Neubau zu ersetzen. Eine Bauvoranfrage beschied das Bauaufsichtsamt kürzlich positiv. Dagegen legte der Besitzer des zweiten Häuschens jedoch Beschwerde ein. Er befürchtet nicht nur mögliche Schäden an der eigenen Immobilie, wenn nebenan die Abbruchbagger am Werk sind. „Wir würden dann ganz im Schatten liegen“, sagt Jakob Crombag, der den alten Familienbesitz mit viel Eigenleistung renoviert und ausgebaut hat.
Photovoltaik-Anlagen auf dem Dach decken einen Teil des Strombedarfs. Ein flacher Anbau hinter dem Haus ist barrierefrei ausgebaut. Hier wohnt ein Sohn, der auf einen Rollstuhl angewiesen ist. Gründe genug, um zu befürchten, dass die Wohnqualität eher schlechter als besser würde, wenn auf dem Nachbargrundstück ein bis auf fünf Geschosse aufragender Neubau errichtet würde. Nicht zuletzt ist es das Aussehen des Neubaus, von dem er als unmittelbar betroffener Nachbar Entwurfsskizzen im Bauamt betrachten konnte: „Ehrenfeld wird doch sowieso schon immer hässlicher. Das soll sich hier nicht fortsetzen“, sagt er.
Wohnungsgenossenschaft Die Ehrenfelder
Dies geplante Geschosshöhe würde der entsprechen, die die Gebäude aus den 1970er Jahren haben. Eines gehört der Wohnungsgenossenschaft Die Ehrenfelder. „Wir stehen dem Neubauvorhaben nicht ablehnend gegenüber. Unsere Wohnungen würden nicht beeinträchtigt“, erklärt der geschäftsführende Vorstand Werner Nußbaum. Zwischenzeitlich gab es ein Gespräch zwischen den beiden Hauseigentümern. Vielmehr als Verständnis für die jeweils andere Position erbrachte dies jedoch nicht. Einer der beiden Beteiligten, Sascha Bergmann, der selbst nicht in seinem Haus an der Nußbaumerstraße wohnt, zeigt sich abwartend: „Herr Crombag hat ja Klage gegen die Stadt erhoben und nicht gegen mich.“Die Befürchtungen des Nachbarn teilt er nicht. „Wenn unser Bauvorhaben realisiert wäre, entstünde für ihn dieselbe Situation, die meine Mieter jetzt haben. Damit kann man leben.“
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Auch die Angst, dass nicht mehr genügend Sonnenlicht auf die Solarpanels der Photovoltaikanlage fallen würde, sei unbegründet. Er wolle in nördlicher Lage zum Nachbarhaus bauen. Von dort käme ohnehin kein Sonnenlicht. Schließlich ist er überzeugt, dass auch die Abbrucharbeiten keine Schäden verursachen würden. Hier habe er Erfahrungen aus anderen Bauprojekten in der Stadt.
Jakob Crombag, dessen Vorfahren über viele Jahrzehnte eine Wild- und Geflügelmetzgerei in dem Häuschen und seinen Anbauten betrieben, hofft, dass es dazu nicht kommt: „Sollte sich Herr Bergmann entscheiden, sein Häuschen zu erhalten und zu sanieren, kann er von mir jegliche Unterstützung haben.“ Für den ist eine Sanierung aber noch keine Option. Für die gut 100 Quadratmeter Wohnfläche lohne sich das nicht. Er wolle lieber drei bis fünf Wohnungen schaffen. So etwas werde in Köln schließlich gebraucht.