AboAbonnieren

Interview zum WohnungsmarktGAG-Vorstand verteidigt Mieterhöhungen: „Wir müssen ein profitables Unternehmen sein“

Lesezeit 6 Minuten
Zwei Frauen vor einer Gebäudefassade

Die GAG-Chefinnen Kathrin Möller (links) und Anne Keilholz

GAG-Vorstand Anne Keilholz und Kathrin Möller sprechen im Interview über Kritik an den Mieterhöhungen und die Zukunft des Unternehmens.

Frau Möller, Frau Keilholz, die GAG besitzt mehr als 45.000 Wohnungen in Köln. Zuletzt haben Sie deutliche Mieterhöhungen vorgenommen, das kam bei etlichen Mieterinnen und Mietern und auch in Teilen der Politik nicht gut an. Wie blicken Sie auf die Kritik?

Möller: Wir haben uns dem gestellt und wiederholt ausführlich erklärt, weshalb wir Mieten erhöhen. Wir tun das seit vielen Jahren auf dieselbe Art und Weise und waren von einigen der Reaktionen überrascht. Einige Kritiker haben sich auch bei uns entschuldigt, leider nicht öffentlich.

Die Vorwürfe bezogen sich vor allem darauf, dass sie sich jetzt bei den Preisen am Oberwert des Mietspiegels orientieren – das hat eine neue Qualität. Wie passt die Aussage denn zu Ihrem Auftrag als größtenteils städtischem Unternehmen, „breite Schichten der Bevölkerung mit sicherem Wohnraum zu sozial angemessenen Bedingungen“ zu versorgen?

Keilholz: Unsere Wohnungen sind im Mietspiegel in mittlerer Lage eingestuft, innerhalb dieser Lagen wollen wir uns maximal auf diesen Wert hinbewegen. Und der ist immer noch sehr deutlich unter dem, was im freien Wohnungsmarkt für ähnliche Objekte bezahlt wird. Und die Entscheidung trifft natürlich auch nur sogenannte freifinanzierte Wohnungen, etwa die Hälfte unseres Bestandes. Das sind Wohnungen, bei denen es entweder keine staatliche Förderung für den Bau gab oder bei denen die Förderung mehr als 25 oder 30 Jahre her ist. Und immer erheben wir nur im Rahmen der Mietpreisbremse von maximal fünfzehn Prozent in drei Jahren.

Unser Einfluss auf den Mietspiegel ist wesentlich geringer als es manchmal kolportiert wird.
Kathrin Möller, GAG-Vorstandschefin

Dennoch: Da fast jede zehnte Wohnung in Köln Ihnen gehört, könnte das eine Preisspirale nach oben auslösen. Sie vermieten zu Konditionen am oberen Rand, das treibt den Durchschnitt, Sie gehen wieder an den oberen Rand und so weiter.

Möller: Unser Einfluss auf den Mietspiegel ist wesentlich geringer als es manchmal kolportiert wird. In den Mietspiegel fließen freifinanzierte Mieten von privaten Vermietern ebenso ein wie die von Genossenschaften und anderen Gesellschaften.

Im Februar hatten Sie uns aber noch wörtlich gesagt, dass „wir mit unseren Wohnungen den Mietspiegel maßgeblich mitbestimmen“.

Möller: Unsere Objekte fließen in den Mietspiegel ein, aber sie allein haben keinen grundlegenden Effekt. Der Mietspiegel liegt als Durchschnittswert weit unter den Werten im privaten Wohnungsmarkt. Wer nach den Erhöhungen bei uns im Neubau mit Rheinblick 12 Euro für einen Quadratmeter zahlt, kann Nachbarn haben, die 18 Euro oder mehr an einen privaten Vermieter bezahlen. Wir liegen mit durchschnittlichen 7,58 Euro pro Quadratmeter deutlich unter den marktüblichen Mieten in Köln. Und bislang liegen die Mieten erst bei drei Prozent unserer frei finanzierten Wohnungen am Oberwert des Mietspiegels.

Es bleibt also nicht bei den drei Prozent. Wie viele Wohnungen wollen Sie denn an den oberen Rand setzen und in welchem Zeitraum?

Jeder monatliche Mietanpassungslauf wird individuell geprüft. Wann welche Wohnung an den Oberwert gelangt und wie viele es am Ende sein werden, ist zu diesem Zeitpunkt nicht zu prognostizieren.

Sie erwarten einen Gewinnanstieg auf mehr als 30 Millionen Euro im Jahr 2023 nach 23,5 Millionen Euro im Jahr 2022. Geht das auf die Mieterhöhungen zurück?

Keilholz: Unser Überschuss war in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen, und unsere Prognosen sahen nicht gut aus. Es drohte das Abrutschen in die Verlustzone. Und daraus haben wir viele Konsequenzen gezogen, die nicht immer so sichtbar sind. Wir haben ein Personalmoratorium verhängt und schaffen keine neuen Stellen. Wir haben die Instandhaltungsausgaben um zehn Prozent reduziert. Und wir erhöhen Mieten – wie das allgemein üblich ist in der sozialen Wohnungswirtschaft. All das müssen wir tun wegen der rasant gestiegenen Kosten für Handwerker, Energie und auch Kredite. Hier will sich niemand bereichern. Auch 2023 wird der Gewinn deutlich unter den Werten der Vor-Corona-Jahre liegen.

Möller: Ganz grundsätzlich: Wir wollen und müssen ein profitables Unternehmen sein, aus mehreren Gründen. Nur als profitables Unternehmen können wir Kredite zu akzeptablen Konditionen bekommen, um neue Immobilien zu bauen – und Köln braucht dringend Wohnungen. Ohne Gewinn können wir unseren Auftrag also schlechter erfüllen. Und wir wollen nicht dem städtischen Haushalt auf der Tasche liegen. Ein Teil unserer Gewinnausschüttungen geht übrigens an die Ernst-Cassel-Stiftung, die wiederum soziale Unterstützung für unsere bedürftigen Mieterinnen und Mieter fördert.

Wie gehen Sie mit Fällen um, in denen Menschen sich die Mieterhöhung nicht leisten können?

Keilholz: Wir haben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor Ort in der Kundenbetreuung und im Sozialmanagement, die unsere Mieter kennen. Vor jeder Mieterhöhung prüfen wir, ob es zu Engpässen kommen könnte. Und wenn es Einzelfälle gibt, in denen Mieter sich überfordert sehen, suchen und finden wir Lösungen. Die Akzeptanz der Mieterhöhungen ist grundsätzlich aber groß.

Dennoch haben Sie Hunderte Mieter verklagt, um die Mieterhöhungen durchzusetzen.

Möller: Wenn auf unsere Schreiben wiederholt nicht reagiert wird, reichen wir eine sogenannte Zustimmungsklage ein. An dem Prozess hat sich überhaupt nichts geändert und es ist der gesetzlich vorgeschriebene Weg. Es sind immer etwa zwei bis drei Prozent der Fälle, in denen wir das tun müssen. Diese Quote hat sich auch nicht verändert bei den jüngsten Erhöhungen.

Ein Amtsrichter nannte das Vorgehen „Massengeschäft“.

Möller: Die meisten Verfahren legen wir vor einem Gerichtstermin bei und einigen uns mit den Mietern. In manchen Fällen gibt es Verhandlungen mit unterschiedlichem Ausgang. Die genannte Aussage kommentieren wir nicht.

Auf Ihre Kunden kommt neben Mietsteigerungen eine weitere Kostenwelle zu. Sie warnen davor, dass im kommenden Jahr mit „hohen Nachzahlungen“ für Energie zu rechnen ist.

Keilholz: Dabei geht es natürlich um die Folgen des Ukraine-Krieges. Der Gaspreis ist ja in ungekannte Höhen geschnellt. Wir haben zwar die Vorauszahlungen für Nebenkosten bereits erhöht – allerdings nicht so früh, wie wir es gerne gemacht hätten. Denn selbst die Energieversorger brauchten Zeit, um die Vielzahl an neuen Regeln wie die Gaspreisbremse umzusetzen. Leider heißt das auch, dass die Erhöhungen nicht ausreichen werden, um die tatsächlichen Kosten komplett zu decken. Daher die Warnung vor Nachzahlungen im Jahr 2024. Auch da gilt: Wer das finanziell nicht stemmen kann, kann sich an uns wenden. Wir vermitteln etwa Hilfe durch Unterstützungsprogramme.


Anne Keilholz ist seit 1. Juli 2021 Vorständin der GAG. Zuvor war die Diplom-Kauffrau sieben Jahre lang Geschäftsführerin der Stadt und Land Wohnbauten in Berlin.

Kathrin Möller ist seit Anfang 2009 im Vorstand der GAG aktiv. Die Architektin ist seit 2012 auch Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Kölner Wohnungsunternehmen.