Die GAG verklagt Mieter, die den Erhöhungen ihrer Miete nicht zustimmen. Dabei bekommt das Unternehmen längst nicht immer recht.
Richter spricht von „Massengeschäft“Kölner GAG verklagt 300 Mieter, weil sie der Mieterhöhung nicht zustimmen
Die GAG hat rund 300 Mieter verklagt, weil sie den seit Herbst angekündigten Mieterhöhungen nicht zugestimmt haben. Diese Zahl nannte eine Sprecherin des Amtsgerichts auf Anfrage. Die GAG selbst hat auf Anfrage keine Zahl genannt.
Am Donnerstagmorgen liefen zwei Verfahren der GAG und Mietern vor dem Kölner Amtsgericht. In einem Fall ging es um eine Wohnung in Buchforst, bei der die monatliche Kaltmiete pro Quadratmeter von 7,60 Euro auf 8,60 Euro erhöht werden sollte. Der Mittelwert des Mietspiegels liege in diesem Fall bei 7,60 Euro, sagte Richter Andreas Wiegelmann.
Köln: GAG zieht gegen 300 Mieter vor Gericht
Die Wohnung und die Lage seien als durchschnittlich zu bewerten. Er habe kein Verständnis dafür, dass sich die GAG in diesem Fall am Oberwert des Mietspiegels orientiere. „Die Idee muss man mir erstmal näher erläutern, das können Sie vermutlich auch nicht, oder?“, sagte er in Richtung des Anwalts, der die GAG vertrat. Der Anwalt antwortete: „Ich kann verstehen, warum Sie es so sehen.“
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Ein endgültiges Urteil hat das Gericht noch nicht gefällt. Denn der GAG-Anwalt hat sich für eine spezielle Strategie entschieden: Er hat angegeben, formal nicht anwesend zu sein. Diese Angabe hat dazu geführt, dass der Richter ein sogenanntes Versäumnisurteil gefällt hat, bei dem die GAG noch Zeit hat, es anzufechten. „Das Gericht weist die Kläger darauf hin, dass die geforderte Miete nicht der üblichen Miete entspricht“, teilte Wiegelmann mit. Wenn es bei dem vorläufigen Urteil bleibe, müsse die GAG alle Kosten für das Verfahren zahlen, sagte der Richter im Anschluss an die Verhandlung. Dass die GAG Argumente findet, um die Mieterhöhung in diesem Fall zu rechtfertigen, hält Wiegelmann für eher unwahrscheinlich.
Abgesagte Verfahren zu Mieterhöhungen: „In einigen hatten die Mieter Erfolgsaussicht“
Insgesamt waren zwölf Verfahren über Mieterhöhungen für Donnerstagmorgen angesetzt, zehn davon kamen letztlich doch nicht zustande. Wiegelmann sagte, er kenne den jeweiligen Grund für die Absage nicht. Die Kosten für das Verfahren tragen je nach Ausgang die GAG oder die Mieter: Bekommt eine Partei recht, muss die unterlegene alle Kosten übernehmen. Bei einem Kompromiss müssen beide Parteien anteilig zahlen.
Die Anwalts- und Gerichtskosten sind bei einfachen Verfahren der kleinere Kostenanteil. Wirklich teuer wird es, wenn keine Partei nachgibt und ein Gutachten notwendig wird: Dieses kostet pro Fall etwa 2000 Euro. „In einigen der Verfahren hatten die Mieter sicherlich eine Erfolgsaussicht, in anderen eher weniger“, sagte der Richter über die zehn Klagen, bei denen es nicht zum Verfahren kam. Die Hintergründe kenne er im Einzelfall nicht. Die GAG äußerte sich auf Anfrage nicht zu den Gründen für die abgesagten Verfahren.
Kölner Richter hält Mieterhöhungs-Logik der GAG für „kritisch“ – Vorgehen juristisch nicht haltbar
Die vielen Fälle sind am Amtsgericht aufgeschlagen, nachdem die GAG im vergangenen Herbst rund 7000 Mietern eine Erhöhung angekündigt hatte. Grund dafür war eine Entscheidung des Vorstandes: Man werde sich künftig nicht mehr am Mittelwert des Mietspiegels, sondern am Oberwert orientieren, wie die Vorstände Kathrin Möller und Anne Keilholz ankündigten. Grund dafür seien Kostensteigerungen in verschiedenen Bereichen.
Der Schritt sei notwendig, um weiterhin wirtschaftlich arbeiten zu können und Sanierungen und Neubauprojekte wie geplant umzusetzen. Wiegelmann sagt: „Als der Vorstand angekündigt hat, sich grundsätzlich am Oberwert zu orientieren, dachte ich schon: Das ist kritisch.“ In vielen Fällen sei das Vorgehen juristisch nicht haltbar.
Die GAG ist eine Aktiengesellschaft, die zu mehr als 88 Prozent der Stadt gehört. Zu mehr als drei Prozent gehört sie Kleinaktionären, die sich für eine Ökonomisierung des Unternehmens einsetzen. Im vergangenen Jahr hat die GAG rund 23,5 Millionen Euro Gewinn gemacht. Auch die Stadt kalkuliert mit einem positiven Ergebnis der GAG. Diesen führt das Unternehmen aber vor allem auf Verkäufe zurück, nicht auf das Mietgeschäft. Um weiterhin wirtschaftlich agieren zu können und die Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, sieht die GAG sich in der Pflicht, Mieten, die zentrale Einnahmequelle, stärker als bislang zu erhöhen. In ihrer Satzung verpflichtet sich das Unternehmen jedoch, ihrer sozialen Verantwortung stets nachzukommen. Aus dem Interessenskonflikt ist ein politischer Streit entstanden, den Mieter ausgelöst haben, die sich an den „Kölner Stadt-Anzeiger“ gewandt hatten.
Wiegelmann, der am Amtsgericht für Dutzende Fälle zuständig ist, in denen die GAG gegen ihre Mieter klagt, erkennt auch in seinen Fällen dieses Muster: Die GAG orientiert sich oft am Oberwert des Mietspiegels. Ausnahmen bilden Wiegelmann zufolge einige Fälle, in denen die GAG ihre Mieten um die gesetzlich maximal erlaubten 15 Prozent erhöht. Hier landet man teilweise nicht am Oberwert – weil es gesetzlich verboten ist, mehr zu erhöhen.
Köln: Zweiter Fall endet im Kompromiss zwischen Mieter und GAG
In einem zweiten Fall einigten sich beide Parteien auf einen Kompromiss: In Stammheim zahlte ein Mieter 7,70 Euro pro Quadratmeter, die GAG forderte nun 8,80 Euro. Laut Wiegelmann lag der Mittelwert des Mietspiegels zum Zeitpunkt der Forderung bei 7,80 Euro, kurz danach wurde er auf 8,30 Euro erhöht. Diesen Mietpreis schlug der Richter den Parteien als Kompromiss vor. Der Anwalt, der die GAG vertrat, stimmte zu, die Anwältin, die den Mieter vertrat auch – unter der Bedingung, dass die Erhöhung zum 1. April statt zum 1. Januar gültig wird. Die Kosten des Verfahrens werden aufgeteilt. Für den Mieter hat sich die Klage auch in diesem Fall gelohnt.
Dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ gegenüber sprach Wiegelmann im Anschluss an die Verfahren von einem „Massengeschäft“ der GAG. Der Großteil der Mieter stimme den Erhöhungen zu. Von der Minderheit, die sich vor Gericht wehrt, stimmen viele Mieter der Erhöhung doch noch zu, bevor es zum Verfahren kommt. In den Verfahren, die tatsächlich laufen, verliere die GAG zwar auch Fälle.
Die Kosten dafür seien aber im Vergleich zu den Einnahmen durch die Mieterhöhungen in der Breite überschaubar. Auf Anfrage teilte das Wohnungsunternehmen, das zu knapp 89 Prozent der Stadt gehört, lediglich mit, dass sie das Gespräch mit den Mietern suche, bevor sie tatsächlich Klage einreiche. Der Mieterverein empfiehlt Mietern, denen eine deutliche Mieterhöhung mitsamt Klagedrohung zukommt, sich vor der Zustimmung beraten zu lassen. Mit Blick auf mehr als 1000 Mieterhöhungen, die zum 1. August angekündigt worden sind, ist mit weiteren Klagen zu rechnen.