Der Streit um die Mietpolitik der GAG eskaliert. Nun schaltet sich erstmals der frühere Aufsichtsratschef ein.
„Abweichen vom Kurs der sozialen Verantwortung“Ex-Aufsichtsratschef Jochen Ott kritisiert die GAG-Spitze scharf
Der frühere Aufsichtsratsvorsitzende der GAG, Jochen Ott, blickt besorgt auf die Entwicklungen in dem Immobilienunternehmen. Gemeinsam mit weiteren Abgeordneten seiner Partei hat sich der SPD-Landtagsfraktionchef dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ gegenüber geäußert. „Wir betrachten die geplanten massiven Mieterhöhungen der GAG mit großer Besorgnis“, sagte er. Wie berichtet orientiert sich die GAG, die mehrheitlich in Händen der Stadt liegt, bei Mieterhöhungen inzwischen am oberen Wert des Mietspiegels, nicht mehr wie bis zum vergangenen Jahr am Mittelwert.
Die Mieterhöhungen würden „eine erhebliche finanzielle Belastung für viele ihrer Mieterinnen und Mieter bedeuten und die Mietpreisentwicklung in Köln weiter verschärfen“, heißt es in dem Schreiben weiter, das neben Ott von Bundestags-Fraktionschef Rolf Mützenich, Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, der Bundestagsabgeordneten Sanae Abdi sowie den Landtagsabgeordneten Lena Teschlade und Carolin Kirsch unterschrieben ist. Alle sechs haben ihre Wahlkreise in Köln und teilen die Sorge um ein Wohnungsunternehmen, das sich trotz des großen städtischen Einflusses immer weniger um das Wohl der Mieterinnen und Mieter sorge.
Kölner SPD: Aufsichtsratschef Mike Homann gerät massiv unter Druck
„Es ist aus unserer Sicht nicht nur die Aufgabe der GAG, selber bezahlbaren Wohnraum bereitzustellen, sondern sie hat auch aufgrund ihrer Größe eine soziale Verantwortung mit Blick auf den gesamten Mietmarkt in Köln“, betonen die SPD-Abgeordneten. „Durch die Ausnutzung des maximal zulässigen Erhöhungsrahmens von 15 Prozent wird der bereits angespannte Wohnungsmarkt in Köln noch stärker belastet.“
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Die seitens der GAG angeführte Argumentation, die Mieterinnen und Mieter sollen Wohngeld beantragen, um die Mieterhöhungen auszugleichen, sei eine Zweckentfremdung der Gelder. „Die Wohngeld-Reform wurde nicht verabschiedet, um Konzernen wie der GAG mehr Einnahmen zu verschaffen, sondern um die Mieterinnen und Mieter in schwierigen Zeiten stärker zu entlasten“, so die Gruppe um Jochen Ott weiter.
Otts Nachfolger als Aufsichtsratschef ist Mike Homann, ebenfalls SPD. Der frühere Fraktionsgeschäftsführer der SPD im Kölner Stadtrat befindet sich mit Fraktionschef Christian Joisten in einem juristischen Streit: Homann ist gekündigt worden. Joisten äußerte sich in einem Brief an die GAG-Spitze, der auch dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt, bereits kritisch zum Thema und setzte Homann damit unter Druck. Durch die Äußerungen der weiteren Parteikollegen dürfte sich die Situation für Homann weiter verkomplizieren. Homann selbst wollte sich zu den Vorwürfen seines Vorgängers am Dienstag auf Anfrage nicht äußern.
„Zweck der GAG ist Versorgung breiter Schichten mit Wohnraum“
Die Abgeordneten sehen nicht nur die derzeit geplanten Mieterhöhungen, sondern auch andere unternehmerische Entscheidungen, die in der GAG vorbereitet werden, kritisch. „Wir sind ebenfalls sehr besorgt über die Anzeichen dafür, dass die GAG von ihrem Kurs der sozialen Verantwortung abweicht. Der Kölner Dom und die Farbe Rot in ihrem Logo symbolisieren eine wohnungswirtschaftliche Gesellschaft, die mehrheitlich von der Stadt geführt wird und sowohl den sozialen Zusammenhalt in den Kölner Veedeln als auch den wirtschaftlichen Erfolg stets zusammen gedacht hat“, heißt es weiter. Der „Kölner Stadt-Anzeiger“ hatte zuvor berichtet, dass wohl eine Umgestaltung des Markenauftritts zugunsten von Nachhaltigkeitsthemen und zulasten der sozialen Komponente des Unternehmens geplant sei, in der auch der Kölner Dom im Logo infrage steht.
„Zweck der GAG ist gemäß Satzung die Versorgung breiter Schichten der Bevölkerung mit sicherem Wohnraum zu sozial angemessenen Bedingungen. Dies sehen wir derzeit gefährdet. Wir erwarten vom Vorstand und Aufsichtsrat sicherzustellen, dass die GAG ihrem satzungsgemäßen Zweck nachkommt“, so die Aufforderung der Abgeordneten. „Darüber hinaus erwarten wir von der Kölner Stadtspitze, geeignete Maßnahmen zur Unterstützung einzuleiten. Wir appellieren an die Verantwortlichen, ihrer Pflicht gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern für eine soziale Wohnungspolitik nachzukommen.“ Oberbürgermeisterin Henriette Reker äußerte sich am Dienstag auf Anfrage nicht zur Frage, wie sie die aktuelle Mietpolitik der GAG beurteile.
Die GAG ist eine Aktiengesellschaft, die zu mehr als 88 Prozent der Stadt gehört. Zu gut elf Prozent gehört sie Kleinaktionären, die sich immer wieder für eine Ökonomisierung des Unternehmens einsetzen. Im vergangenen Jahr hat die GAG rund 23,5 Millionen Euro Gewinn gemacht. Auch die Stadt kalkuliert mit einem positiven Ergebnis der GAG. Diesen führt das Unternehmen aber vor allem auf Verkäufe zurück, nicht auf das Mietgeschäft. Um weiterhin wirtschaftlich agieren zu können und die Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, sieht die GAG sich in der Pflicht, Mieten, die zentrale Einnahmequelle, stärker als bislang zu erhöhen. In ihrer Satzung verpflichtet sich das Unternehmen jedoch, ihrer sozialen Verantwortung stets nachzukommen. Aus dem Interessenskonflikt ist ein politischer Streit entstanden, den Mieter ausgelöst haben, die sich an den „Kölner Stadt-Anzeiger“ gewandt hatten.