Bei den Koalitionsverhandlungen gibt es viele strittige Punkte. Wir blicken auf die, die direkte finanzielle Effekte für die Steuerzahler haben.
KoalitionsverhandlungenDiese Streitpunkte treffen Ihren Geldbeutel

Luxusjachten auf der Messe Boot in Düsseldorf. Ob Reiche mit einer Vermögensteuer belastet werden sollen, ist unter den Koalitionären strittig.
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Verteidigung, Gleichstellung und Klimaschutz sind zwar bestimmende Themen der aktuellen Koalitions-Verhandler, aber doch eher abstrakte Themen, die die Menschen in ihrem Alltag eher weniger tangieren. Es gibt aber auch viele Streitpunkte, die in den Kassen der einfachen Bürger direkt spürbar sein dürften. Ein Überblick über die fürs Portemonnaie relevanten Verhandlungspunkte.
Vermögensteuer
Die Debatte um die Vermögensteuer ist so alt wie die Republik. Die Ungleichheit nimmt zu in Deutschland. Viele Bürger sehen darin ein Problem und fordern deshalb, die Reichen stärker zur Kasse zu bitten. Zum Beispiel mit einer Vermögensteuer. Bis 1996 gab es sie in Deutschland. Dann wurde sie gerichtlich gekippt, weil dadurch bereits versteuertes Vermögen nochmal versteuert würde, was in Deutschland grundsätzlich nicht erlaubt ist.
Die Vermögensteuer ist eine sogenannte Substanzsteuer. Das heißt, sie muss bezahlt werden, auch wenn aus dem Vermögen kein Gewinn gezogen wird. Notfalls muss der Steuerpflichtige also Vermögen verkaufen, um die Steuer bezahlen zu können. Das ist vor allem bei Immobilienbesitzern und Unternehmern ein Problem. Selbst bei hohen Freibeträgen von ein oder zwei Millionen Euro können Hausbesitzer in Großstädten in Bedrängnis geraten.
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Eine weitere Schwierigkeit ist die Bewertung des Vermögens. Bei Aktien oder Geldanlagen ist es einfach, aber bei Grundstücken, Fabrikhallen oder auch Kunstgegenständen müssten regelmäßig die Werte ermittelt und festgelegt werden. Ein hoher Aufwand, für relativ wenig Ertrag. 1996 wurden mit der Vermögensteuer gut 4,6 Milliarden Euro eingenommen.
Warum sollen nicht diejenigen, die über sehr, sehr hohe Einkommen und Vermögen verfügen, einen größeren Anteil bezahlen?
Zur Vermögensteuer gibt es in den Parteien eigentlich nur zwei Meinungen: Die eher linken Parteien und die liberal-konservativen. Kurz gesagt: Die Unionsparteien und die FDP lehnen eine Vermögensteuer ab, im Unionsprogramm heißt es dazu, die Steuer „wäre eine Wohlstandsbremse“.
Die SPD ist einer Vermögensteuer grundsätzlich nicht abgeneigt. Angesichts der angespannten Haushaltslage brachte der Co-Vorsitzende der NRW-SPD, Achim Post, erneut die Besteuerung von sehr hohen Vermögen ins Gespräch. „Warum sollen nicht diejenigen, die über sehr, sehr hohe Einkommen und Vermögen verfügen, einen größeren Anteil bezahlen?“ Union und SPD müssten die schwierige finanzielle Lage meistern. „Das wird also alles in allem weiter eineharte Nuss in den Koalitionsverhandlungen.“
Unklar ist aber im Augenblick, selbst wenn eine Vermögensteuer käme, wie diese ausgestaltet würde, was genau unter Vermögen fallen würde und welche Freibeträge es gäbe.
Ganz so exotisch ist eine Vermögensteuer am Ende nicht. Denn die Erbschaftsteuer, Grundsteuer oder die Kfz-Steuer kommen einer Vermögensteuer schon sehr nahe. Im angelsächsischen Raum gibt es seit langem keine Vermögensteuer. In der Schweiz und Norwegen dagegen schon. In Frankreich ist sie umstritten und wurde in eine reine Immobiliensteuer umgewandelt.
Mütterrente
Das politische Schlagwort stammt schon aus dem Bundestags-Wahlkampf 2013. Ein spezielles CSU-Kernanliegen, das sich nicht im gemeinsamen Wahlprogramm mit der CDU niederschlug, verhandelte Söder ins Sondierungspapier hinein: die Ausweitung der Mütterrente. Auch für vor 1992 geborene Kinder sollen drei statt bisher maximal zweieinhalb Erziehungsjahre bei der Rente angerechnet werden.
Die Mütterrente wird von ihren Kritikern eher als Wahlgeschenk an ältere Wählerinnen gesehen und ist ein Kernanliegen der CSU. Merz sieht eine Ausweitung der seit 2014 bestehenden Mütterrente kritisch, die meisten anderen Parteien sowieso.
Bürgergeld
„Das Bürgergeld ist eine steuerfinanzierte Grundsicherung und kein bedingungsloses Grundeinkommen“, schreibt die SPD in ihrem Wahlprogramm. Sie will das umstrittene Instrument beibehalten. Mitwirkung einzufordern, dabei solle es bleiben.
„Fördern und Fordern muss immer gelten“, schreiben CDU und CSU in ihrem Wahlprogramm. Und beim Bürgergeld klappt das nicht, so die Union: „Es fördert nur und fordert nicht mehr, es schadet mehr, als es nützt, und spaltet unser Land.“ CDU und CSU wollen es deshalb abschaffen und durch eine „Neue Grundsicherung“ ersetzen.
Die soll Druck aufbauen: Beispielsweise sollen die Hinzuverdienstgrenzen reformiert werden, um „Arbeitsanreize“ zu setzen. Wer grundsätzlich keine Arbeit annehmen wolle, der soll als nicht bedürftig gelten. Bei der neuen Grundsicherung soll die jährliche Anpassung an die Inflation anders gehandhabt werden als bisher. Die Union findet, dass die Erhöhung in der Vergangenheit teils überproportional gewesen sei, das müsse sich ändern.
Mindestlohn
Während die SPD klassisch mehr und die CDU traditionell eher weniger in Sachen Mindestlohn fordern, herrscht laut Sondierungspapier von Union und SPD seltene Einigkeit. Darin steht, dass die Mindestlohnkommission gestärkt werden soll und weiter wörtlich: „Auf diesem Weg ist ein Mindestlohn von 15 Euro im Jahr 2026 erreichbar“.
Altschulden
Kurz vor der Bundestagswahl hatten SPD und Grüne noch beschlossen, im Grundgesetz zu verankern, dass der Bund vom Grundsatz her Schulden von Städten und Gemeinden übernehmen darf. Wie eine neue Koalition dazu steht, ist nicht eindeutig.
Für den auch von der schwarz-grünen NRW-Landesregierung geforderten Altschuldenfonds gebe es allerdings noch keine Einigung, so SPD-Politiker Post. Auf Unionsseite vernehme er vor allem aus Bayern und Baden-Württemberg Ablehnung. „Ich hoffe, dass da in den Koalitionsgesprächen noch Bewegung reinkommen wird.“ Dafür erwarte er auch die Unterstützung der nordrhein-westfälischen CDU und von Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU).
Im Alleingang will das Land NRW mit einer Starthilfe von 250 Millionen Euro den hoch verschuldeten Städten und Gemeinden unter die Arme greifen, damit sie ihren Altschuldenberg abtragen können. Dabei geht es – Stand Dezember 2023 – um knapp 21 Milliarden Euro. Wie das Geld verteilt wird und welche Kommunen davon profitieren, soll im Gesetz zur Altschuldenentlastung geregelt werden, zu dem jetzt die Verbände angehört werden. Geplant ist, den Entwurf noch vor der Sommerpause in den Landtag einzubringen.
Voraussetzung für die Teilnahme am Altschuldenprogramm ist, dass die Pro-Kopf-Verschuldung der Kommune im Kernhaushalt, also ohne kommunale Eigenbetriebe, mehr als 100 Euro pro Einwohner beträgt. Dieser Sockelbetrag gilt als unproblematisch. Besonders hoch verschuldete Kommunen sollen nach 30 Jahren nur noch 1500 Euro an Verbindlichkeiten pro Einwohner haben. Im Fall der Stadt Köln, die Ende 2023 eine Pro-Kopf-Verschuldung von 2666 Euro aufwies, würde das Land also 1166 Euro pro Einwohner übernehmen.
Die Stadt Leverkusen (3359 Euro) könnte ebenso von der Altschuldenlösung profitieren wie Siegburg (8731 Euro), Nümbrecht (6077 Euro), Bedburg (4814 Euro), Wipperfürth (4167 Euro), Much (4109 Euro), Brühl (3908 Euro), Overath (3356 Euro) und Mechernich (2489 pro Einwohner). Der NRW-Städtetag geht davon aus, dass der überwiegende Teil der 396 Kommunen von der neuen Regelung zum Abbau der Altschulden profitieren wird.
Wir verbinden mit dem Entwurf die klare Erwartungshaltung in Richtung Berlin, dass damit auch die zweite Hälfte kommt.
Die schwarz-grüne Landesregierung hatte bereits im vergangenen Jahr angekündigt, in den kommenden 30 Jahren hoch verschuldete Kommunen mit insgesamt 7,5 Milliarden Euro zu entlasten und den Bund aufgefordert, seine bereits zugesagte hälftige Beteiligung an einer solchen Lösung umzusetzen. Das Vorhaben stand zwar im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung, kam aber nach dem Ausstieg der FDP nicht mehr zustande. Darüber hinaus hätte eine Altschuldenlösung aus verfassungsrechtlichen Gründen auch eine Zweidrittel-Mehrheit im Bundestag gebraucht.
„Wir verbinden mit dem Entwurf die klare Erwartungshaltung in Richtung Berlin, dass damit auch die zweite Hälfte kommt“, sagte NRW-Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU). Sollte der Bund, wie in der abgelaufenen Legislaturperiode geplant, einsteigen und auch 50 Prozent der Altschulden übernehmen, stünden insgesamt 15 Milliarden Euro zur Verfügung.
Die geplante Altschuldenregelung der Landesregierung stößt bei der Opposition im Landtag nicht nur auf Zustimmung.
„NRW hat als letztes der betroffenen Bundesländer endlich einen Teil der Lösung auf den Weg gebracht – besser spät als nie“, sagte SPD-Fraktionschef Jochen Ott. „Gleichzeitig sind die Mittel, die die Landesregierung hier aus eigener Kraft bereitstellt, natürlich nur ein Tropfen auf den heißen Stein.“ Für FDP-Fraktionschef Henning Höne „setzt eine rein landesfinanzierte Lösung falsche Anreize und gefährdet die Haushaltsdisziplin.“ Er fordert eine kommunale Schuldenbremse, „um zu verhindern, dass in wenigen Jahren wieder neue Kassenkredite aufgetürmt werden“.